Trumps Militäraktion vor Venezuela: Impulsgesteuert gegen das Völkerrecht
Das US-Militär hat einen Öltanker vor der Küste Venezuelas beschlagnahmt. Damit eskaliert US-Präsident Donald Trump bewusst die Situation.
D ie US-Regierung hat erstmals seit Beginn der Militäroperation an der Karibikküste vor Venezuela einen Öltanker beschlagnahmt. Das ist eine neue Stufe der Eskalation gegenüber der autoritären Regierung von Präsident Nicolás Maduro. Das zeigt, dass die USA – zumindest wenn es um einen Öltanker geht – mit ihrem riesigen Militärarsenal in der Karibik durchaus willig und fähig sind, ein Schiff in ihre Gewalt zu bringen, und das ohne Todesopfer.
Dass das mittlerweile ein Anlass zur Freude ist, zeigt wiederum, wie dramatisch es um die US-Verteidigungspolitik in Lateinamerika steht. Zur Erinnerung: Bei 20 Luftangriffen auf angebliche Drogenboote, vor allem an der Karibikküste vor Venezuela, sollen in den vergangenen Monaten rund 87 Menschen gestorben sein. Im Fall der Drogenboote ist die US-Regierung selbst für minimalste Fakten bis heute Beweise schuldig. Und selbst, wenn es diese gäbe: Ihr Handeln verstößt gegen das humanitäre Völkerrecht – und im Übrigen gegen die jahrelange US-Praxis im Kampf gegen den Drogenhandel auf See.
Die juristische Einschätzung in Sachen Tanker ist aktuell unklar, die Informationslage und die Kommunikation der Regierung sind erneut miserabel. Nicht einmal US-Justizministerin Pam Bondi und FBI-Chef Kash Patel können sich bei dem beschlagnahmten Öltanker einigen, was dessen Route gewesen sein soll. Aber immerhin soll kein unumkehrbarer Schaden entstanden sein.
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US-Präsident Donald Trump scheint weiter impulsgesteuert und ohne langfristige Strategie in Sachen Venezuela zu handeln. Allerdings setzt er mit dem Angriff auf den Öltanker tatsächlich dort an, wo es der Maduro-Regierung wehtut: bei ihrer Haupteinnahmequelle, dem Erdöl. Venezuela hat unter anderem dank Schattenflotten die US-Sanktionen bisher immer noch umgehen können.
Die Frage, die im Raum steht, ist klar: Wie soll das alles weitergehen? Ginge es vor allem um den Geldhahn für ein autoritäres Regime, das gestürzt werden soll, könnte es weitere solche Angriffe geben. Dann müsste Trump konsequenterweise aber auch die Aktivitäten des Ölkonzerns Chevron in Venezuela unterbinden. Geht es ihm – wie nicht nur Venezuela behauptet – nur darum, Venezuelas Erdölreserven zu sichern, war das wohl auch nur der erste Schritt.
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