Trump zu Tötung von Jamal Khashoggi: Auffällige Zurückhaltung
Für den US-Präsidenten geht es nicht nur um lukrative Waffengeschäfte mit Riad. Die USA sind derzeit auf saudisches Öl angewiesen.
Gleich im nächsten Atemzug lobte Trump Saudi-Arabien als „großartigen Verbündeten“ und verwies auf die saudischen Aufträge an US-Unternehmen in Höhe von 450 Milliarden Dollar, die er von seinem Besuch in Riad im April 2017 – seiner ersten Auslandsreise als Präsident – mitgebracht hatte. „Darunter 110 Milliarden Dollar für neue Waffen, die viele Jobs in unserer Rüstungsindustrie sichern und in erster Linie euch zu Gute kommen“, betonte Trump gegenüber den Militärs gleich mehrfach.
Doch die äußerst lukrativen Rüstungsgeschäfte mit Riad sind nicht der einzige Grund für die windelweiche Haltung der Administration Trumps gegenüber dem Regime in Riad. Der US-Präsident braucht dringend eine Erhöhung der saudischen Ölproduktion und Exporte, um – insbesondere vor den US-Zwischenwahlen im November – ein weiteres Ansteigen der Benzin- und Heizölpreise sowie andere negative innenpolitische Folgen seiner Sanktionspolitik gegen Iran zu verhindern.
Schon seit Mai ist die Nachfrage auf dem Weltölmarkt größer als das Angebot. Der Preis für ein Fass stieg seitdem von rund 50 auf knapp 75 US-Dollar. Entsprechend zogen die Benzinpreise in den USA in den letzten fünf Monaten deutlich an. Wesentlicher Grund für diese Entwicklung sind die im Mai verhängten Sanktionen, mit denen die US-amerikanische Regierung Iran völlig vom internationalen Ölmarkt abschneiden will. Anfang November werden diese Sanktionen noch einmal erheblich verschärft. Dann könnte die Nachfrage auf dem Weltölmarkt das Angebot um mindestens 1,7 Millionen Fass täglich übersteigen.
Öl und Schulden
Wenn Saudi-Arabien oder andere Mitglieder des von Riad angeführten Kartells der Organisation erdölexportierender Staaten (OPEC) ihre Produktion nicht erhöhen, könnte der Weltmarktpreis nach Einschätzung von Experten wieder das Rekordniveau des Krisenjahres 2008 von 150 US-Dollar pro Fass erreichen. Das würde nicht nur zu einem weiteren Anstieg der Benzin- und Heizölpreise in den USA führen, sondern könnte den Aufschwung der Wirtschaft beenden, von dem die Republikaner bei den Zwischenwahlen zu profitieren hoffen.
Neben der Ölwaffe hat Riad noch ein weiteres Druckmittel im Fall Kashoggi. Saudi-Arabien ist der zwölftgrößte Gläubiger der USA. Einen Großteil ihrer Einnahmen aus dem Ölgeschäft haben die Saudis in den USA investiert. Darunter die Rekordsumme von fast 170 Milliarden in US-Staatsanleihen.
Sollten die Saudis diese Staatsanleihen verkaufen, würde das die Zinsen an den Anleihemärkten hochtreiben. Die Administration Trumps ist aber auf niedrige Zinsen angewiesen, um die gigantische zusätzliche Staatsverschuldung zu finanzieren, die sie mit ihren erheblichen Steuererleichterungen für Unternehmen verursacht.
Allein für 2018 belaufen sich die zusätzlichen Staatsschulden auf 800 Milliarden Dollar. 2019 werden es voraussichtlich eine Billion Dollar sein. Diese Schulden will die Regierung durch die Ausgabe neuer Staatsanleihen hereinholen. Der Verkauf von US-Staatsanleihen durch Riad wäre eine sehr unliebsame Konkurrenz. Schließlich ist Saudi-Arabien der wichtigste Risikokapitalgeber für Start-ups in den USA geworden. Seit Mitte 2016 hat der saudische Machthaber Kronprinz Mohammed Bun Salman hier rund 13 Milliarden Dollar investiert.
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