Trump beim Parteitag der Republikaner: Ein Medley des Populismus
Auf dem Parteitag der Republikaner betont Ex-US-Präsident Donald Trump die Einheit, die Amerika jetzt brauche. Ohne sich dabei selbst zu mäßigen.
Die Innenstadt von Milwaukee dürfte in der vergangenen Woche einer der sichersten Orte der Welt gewesen sein. Betonblöcke blockieren viele Straßen, Fahrzeuge werden in temporären Checkpoints auf Sprengstoff untersucht, und auf den Gewässern der Stadt patrouilliert die Küstenwache, immer mit dem Maschinengewehr im Anschlag.
Weniger als zwei Tage liegen zwischen dem Attentat auf Ex-US-Präsident Donald Trump und der Eröffnung des diesjährigen republikanischen Nominierungsparteitags in der Metropole am Michigansee. Die Sicherheitsvorkehrung, die schon vor den Schüssen auf den Spitzenkandidaten extrem hoch waren, wurden noch einmal verschärft.
Hunderte von Sicherheitskräften und Polizisten kontrollieren zu Fuß, auf Pferden oder per Fahrrad die unmittelbare Umgebung rund um die Arena, in der der Parteitag abgehalten wird. Trotz dieser fast schon apokalyptisch anmutenden Szenerie ist innerhalb der Arena von all dem nichts zu spüren. Anstelle von Sorgen und Tristesse ist die dortige Atmosphäre geprägt von Zuversicht und Optimismus.
„Gott hat seine Hand schützend über Donald Trump gehalten“, sagt die als Trump-Anhängerin und Verschwörungstheoretikerin bekannte Kongress-Abgeordnete Marjorie Taylor Greene. Es ist nur eine von mehreren Reden während des Parteitags, die Trumps Überleben einem göttlichen Akt zuschreiben.
Geht es ihm wirklich darum, die Nation zu vereinen?
Nach dem Attentat forderten sowohl Trump als auch der demokratische US-Präsident Joe Biden mehr nationale Einheit und weniger Schärfe in der politischen Diskussion. Vor seiner Rede hatte Trump in einem Interview mit dem Washington Examiner angekündigt, dass er das Thema „Unity“, zu Deutsch „Einheit“, in seiner Rede stark betonen werde.
Und er versucht es – zumindest zeitweise.
„Bei dieser Wahl sollte es um die Probleme unseres Landes gehen und darum, wie wir Amerika wieder erfolgreich, sicher, frei und großartig machen können. In einer Zeit, in der unsere Politik uns allzu oft spaltet, ist es jetzt an der Zeit, sich daran zu erinnern, dass wir alle Mitbürger sind – wir sind eine Nation“, sagt Trump in den Anfangsminuten seiner Rede.
Doch gleich im nächsten Satz fordert er die Demokraten dazu auf, als Zeichen der Einheitsbemühungen sämtliche Strafverfahren gegen seine Person einzustellen. Geht es ihm also darum, eine gespaltene Nation zu vereinen, oder ist es lediglich eine Taktik, um sich möglichen rechtlichen Konsequenzen zu entziehen?
Die Erinnerungen an das Attentat sei „schmerzhaft“
Laut jüngsten Aussagen von Familienangehörigen und Vertrauten soll das Attentat Trump nachhaltig verändert haben. Sein Verhalten wurde als „emotional“, „gelassen“ oder „spirituell“ beschrieben. Während seines Auftritts kommt dies allerdings nur in einer Situation zum Vorschein.
Und zwar, als er seine Erinnerungen an das Attentat wiedergibt. Er erklärt, dass er dies nur ein einziges Mal tun werde, da es zu „schmerzhaft“ sei. Es sei sonniger Tag gewesen, die Stimmung sei gut gewesen und er habe über seine erfolgreiche Grenzpolitik gesprochen, als er von einer Kugel am rechten Ohr getroffen wurde. Er habe sich sofort ans Ohr gefasst, und dann sei alles voller Blut gewesen.
Trump spricht eine gute Viertelstunde über den Tag des Attentats und warum er seine rechte Faust in den Himmel streckte, bevor er vom Secret-Service-Agenten weggeführt wurde. „Ich sah besorgte Gesichter im Publikum, und ich wollte ihnen zeigen, dass ich nicht tot bin.“ Das Bild von Trump mit gehobener Faust, Blut im Gesicht und die amerikanische Fahne im Hintergrund hat schon jetzt Kultstatus.
Der 78 Jahre alte Trump wird auch emotional, als er den Feuerhelm von Corey Comperatore küsst. Dieser kam als Einziger beim Attentat auf Trump ums Leben, als er von einer Kugel des Schützen im Kopf getroffen wurde.
Die Demokraten haben Angst vor der Red Wave
Ob diese Emotionalität auch zukünftig ein Ziel im Wahlkampf sein wird und ob sein Versuch der Brückenbildung sich auf die gesamte republikanische Partei auswirkt, wird sich erst noch zeigen. Seine jüngsten Posts auf der von seiner eigenen Mediengruppe betriebenen Plattform Truth Social hören sich bereits wieder an, als wären sie vom alten Trump geschrieben worden. Und auch gut zwei Drittel der mehr als 90-minütigen Rede erinnern stark an den Trump, der seit mehr als acht Jahren die amerikanische und internationale Politik aufwirbelt.
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In diesem Medley an populistischen Parolen ist von Wirtschaft über Migrationspolitik bis hin zu den Kriegen in der Ukraine und Gaza alles dabei. Die Lösung für all das? Trump im Weißen Haus. Und auch die Attacken gegen Biden und andere Demokraten bleiben trotz der Einheitsparolen nicht aus.
Dass Trump das Attentat fast unverletzt überlebt hat und immer mehr Demokraten fordern, Amtsinhaber Biden möge seine Kandidatur für das Präsidentenamt aufgeben, hat die Republikaner in der vergangenen Woche beflügelt.
Nahezu alle Gesprächspartner während des Parteitags geben an, dass Trump die Wahl bereits so gut wie gewonnen habe. Es sei egal, ob sein Widersacher nun Biden hieße oder nicht. Sieht man sich die jüngsten Umfragewerte an, dann gibt es nur wenige Indikatoren, die diese Annahme widerlegen würden.
Migranten seien eines der großen Übel der USA
Manche halten die Demokraten sogar für so angeschlagen, dass sie vermuten, es könnte bei der Wahl im November zu einer „Red Wave“ (roten Welle) kommen. Was unter Anhängern der von Trump ins Leben gerufenen „Make America Great Again“ (Maga)-Bewegung pure Euphorie auslöst, schürt bei Millionen von anderen im Land Angst.
Eine zweite Amtszeit könnte laut Demokraten und Trump-Gegnern große Gefahren mit sich bringen. Vor allem Minderheiten, wie Mitglieder der LGBT-Community oder Migranten, aber auch Menschenrechts- und Klimaaktivisten fürchten sich vor den möglichen Auswirkungen einer erneuten Trump-Präsidentschaft.
Und es besteht durchaus Grund zur Sorge – man muss sich nur die Reden auf dem diesjährigen Parteitag anhören. Migranten werden dabei als eines der großen Übel der amerikanischen Gesellschaft dargestellt. Sie seien unter anderem schuld an den vielen Gewalttaten im Land. Sollte Trump im November die Wahl gewinnen, dann hat er bereits versprochen, die „größte Massenabschiebung“ in der Geschichte der USA durchzuführen.
Die jüngsten Entscheidungen des amerikanischen Supreme Courts zeigen auch, dass die von Trump nominierten konservativen Richter nicht davor zurückschrecken, lang etablierte Rechtsgrundlagen infrage zu stellen. Das Ende des Rechts auf Abtreibung in den USA vor zwei Jahren könnte erst der Anfang gewesen sein.
Die Erweiterung von Waffengesetzen, die Schwächung der Umweltschutzbehörde EPA und die Entscheidung, dass US-Präsidenten für ihre offiziellen Amtshandlungen über eine fast uneingeschränkte Immunität verfügen, geben zu denken.
Mit allen Mitteln will Trump sich an der Macht halten
Und als wäre das nicht schon genug, gibt es noch einen extremen Plan, der sich für eine Reformierung der US-Regierung unter konservativ-populistischen Gesichtspunkten einsetzt. Der Name dieses Plans ist „Project 2025“. Er wurde von Experten und ehemaligen Trump-Regierungsmitgliedern am konservativen Thinktank Heritage Foundation entworfen.
Er sieht vor, die Befugnisse diverser Bundesbehörden stark einzuschränken oder sie sogar komplett zu beseitigen und dafür die Macht der Exekutive, also des Präsidentenamts, drastisch auszuweiten.
Hinzu kommt, dass die politische Gesinnung von Regierungsbeamten bei deren Einstellung berücksichtigt werden soll. Damit soll bewirkt werden, dass die Angestellten die Agenda des Präsidenten nicht untergraben.
„Es genügt nicht, dass Konservative Wahlen gewinnen. Wenn wir das Land aus dem Griff der radikalen Linken befreien wollen, brauchen wir sowohl ein Regierungsprogramm als auch die richtigen Leute, die bereit sind, dieses Programm am ersten Tag der nächsten konservativen Regierung umzusetzen“, heißt es auf der Webseite von Project 2025. Trump und sein Team haben sich in jüngster Zeit jedoch von diesen Plänen distanziert, da sie im Wahlkampf eine mögliche Bürde darstellen.
„Ich bin eure Vergeltung“
Sein Wahlkampfmanager Chris LaCivita erklärte am Rande des Parteitags, dass ihm das Project 2025 und die Leute, die dahintersteckten, ein Dorn im Auge seien. Er sagte am Donnerstag, es sei „kompletter Schwachsinn“, wenn Journalisten behaupten, dass die Autoren des Projekts oder deren politische Maßnahmen unter Trump Anwendung finden würden. Viele Republikaner und ehemalige Regierungsmitarbeiter, die sich in seiner ersten Amtszeit von ihm abgewandt oder ihn kritisiert haben, sorgen sich nun vor Trumps möglicher Rückkehr ins Weiße Haus.
Im vergangenen März sagte dieser: „2016 habe ich erklärt: Ich bin eure Stimme. Heute füge ich hinzu: Ich bin euer Krieger. Ich bin eure Gerechtigkeit. Und für diejenigen, denen Unrecht getan und die betrogen wurden, bin ich eure Vergeltung.“
Was genau er mit Vergeltung meint, das weiß niemand, doch Donald Trump hat spätestens mit seinem Verhalten nach der Wahlniederlage 2020 gezeigt, dass ihm alle Mittel recht sind, um an der Macht zu bleiben. Eine Rede, in der er versucht, versöhnlich zu klingen und nach einem Attentat seine Verletzlichkeit aufzuzeigen, reicht nicht, um die vergangenen acht Jahre ungeschehen zu machen
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