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Trotz des Urteils aus KarlsruheUnion verweigert Homo-Gleichstellung

Eigentlich müssen eingetragene Lebenspartner steuerlich Ehepaaren gleichgestellt sein. Doch die Regierung hintergeht die Reform auf dem Verwaltungsweg.

Für die Union noch immer nicht normal: schwules Paar auf einer Demo in Berlin. Bild: dpa

BERLIN dpa/afp | Die Bundesregierung verweigert nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung schwulen und lesbischen Lebenspartnern weiterhin die volle steuerliche Gleichstellung mit Ehepaaren. Dies ergebe sich aus einem sogenannten Anwendungserlass des Finanzministeriums, der jetzt an die Bundesländer verschickt worden und ab sofort gültig sei, schreibt das Blatt.

Demnach dürfen sich homosexuelle Paare zwar in Zukunft gemeinsam zur Steuer veranlagen lassen und Vorteile wie das Ehegattensplitting nutzen. Sie sollen aber beispielsweise keinen gemeinsamen Steuerbescheid erhalten.

Auch gelten gleichgeschlechtliche Partner im steuerrechtlichen Sinne weiterhin nicht als „Angehörige“, schreibt die Zeitung. Sie würden damit schlechter behandelt als etwa die Verlobte eines Mannes oder der Bruder einer Ehefrau.

Aus Sicht der Opposition ist das Vorgehen des Ministeriums kein Zufall, sondern pure Absicht: Statt die vom Bundesverfassungsgericht verordnete steuerliche Gleichbehandlung von Ehepaaren und eingetragenen Lebenspartnern eins zu eins umzusetzen, wolle die Koalition die Reform nun offenbar auf dem Verwaltungswege hintertreiben, hieß es.

Der Grünen-Abgeordnete Volker Beck kritisierte sprach in einer Erklärung von einem „Akt der Respektlosigkeit“ und einer Missachtung des Bundesverfassungsgerichts.

Die Karlsruher Richter hatten im Mai dieses Jahres die Ungleichbehandlung von Eheleuten und verpartnerten Homosexuellen beim Ehegattensplitting für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber zur Änderung der Steuerregeln aufgefordert. Die Richter verwiesen in ihrer Begründung auf den Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Bis auf die Union hatten alle Parteien im Bundestag für die Gleichstellung plädiert.

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13 Kommentare

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  • H
    Hans

    Es sollte da eine Gesetzgebung eingeführt werden, die eine Regierung bestraft, die wiederholt verfassungswidrige Gesetze einbringt.

  • U
    Ursula

    Kommentar entfernt.

    • BB
      Butter bei die Fische
      @Ursula:

      Nachdem die konservativen Dreckschleudern gerichtlich in allen Verfahren unterlegen waren mit ihrer verleumderischen Hetze gegen Beck übt man sich jetzt anscheinend in anonymen Heckenschützentum.

       

      Aber immer schön auf dem Rücken der tatsächlichen Opfer.

  • A
    asssd

    Ein durchschnittlich recherchierter Artikel sollte doch zumindest nennen mit welcher Begründung die Gleichstellung abgelehnt wurde. Oder würde das ganze dann nicht mehr so einseitig vorwurfsvoll klingen wie gewollt?

  • A
    Andi

    Endlich mal ein gutes und aktuelles Foto zur Bebilderung eines Artikels mit Homo-Thematik und nicht die Presse-Klassiker "Männer halten Händchen vor Regenbogenflagge" oder "Dragqueen/halbnackter Tarzan auf dem CSD".

    • @Andi:

      Ja, finde ich auch.

       

      Leider war zeitgleich ein Bild von einem Kerl mit 3-Tage-Bart zu sehen, der sich knallroten Lippenstift aufschminkt.

       

      Aber vielleicht werden künftige Bilder ja tatsächlich einfach mal weniger gestellt & gekünstelt.

  • "Demnach dürfen sich homosexuelle Paare zwar in Zukunft gemeinsam zur Steuer veranlagen lassen und Vorteile wie das Ehegattensplitting nutzen. Sie sollen aber beispielsweise keinen gemeinsamen Steuerbescheid erhalten."

     

    Das kann man so lesen, als gehe es "nur" um eine symbolische Sache.

     

    Stehen eingetragene Lebenspartner denn künftig auch konkret finanziell schlechter da?

    • @Viccy:

      Wenn es so sein sollte das die jetzt unterm Strich das gleiche auf dem Konto haben, aber nur andere Formulare zugeschickt bekommen, dann ist dieser Artikel höchst unseriös.

      Auch wenn man bedenkt das viele nicht jeden Artikel anklicken und die Startseite ja auch eine Information sein sollte, da stehen dann aber nur die Überschrift und der Satz drunter.

      • @Tim Leuther:

        Wie wärs denn einfach mal mit 1 Min. recherchieren? Nein, man hat nicht unter allen Umständen das Gleiche auf dem Konto, bspw. bei Krankenbesuchen vom "Verwandten" (als die der Partner wie im Artikel beschrieben nicht zählt).

         

        Und selbst wenn, in dem Satz steht nur, dass homosexuelle Paare nicht gleich gestellt sind, und das stimmt ja wohl, wenn Sie nicht wie andere Paare auch gemeinsam die Steuern festgesetzt kriegen. Die Aussage, dass das ein Affront gegenüber homosexuellen Paaren und dem BVG ist, ist vollkommen korrekt.

        • @Informatiker:

          Krankenbesuche haben wohl eher weniger mit der Steuer zu tun.

        • @Informatiker:

          Wie wäre es wenn die Presse recherchiert?

          • J
            john
            @Tim Leuther:

            @TIM LEUTHER Die Presse hat doch eindeutig richtig recherchiert. Sie hingegen nicht. Oder verstehen Sie einfach nicht was Gleichstellung bedeutet?

            • @john:

              Aber Sie verstehen gewiss auch, dass zwischen symbolischer Ungleichbehandlung und einer solchen, die man konkret fassbar im Geldbeutel verspürt, noch mal ein Unterschied ist, oder?