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Trotz Waffenruhe im LibanonNeuer israelischer Luftangriff in Südbeirut

Israel bricht im Libanon regelmäßig die Waffenruhe. Am Sonntag bombardierte sie zum dritten Mal in Südbeirut. Hisbollah entwaffnet sich nicht.

Südbeirut nach dem israelischen Luftangriff am Sonntagabend Foto: Hussein Malla/ap

BEIRUT taz | Trotz Waffenruhe leben viele Menschen im Libanon noch immer in Angst vor täglichen israelischen Angriffen, besonders im Südlibanon und in Südbeirut. Im Beiruter Stadtteil Hadath flüchteten die Menschen am frühen Sonntagabend aus ihren Wohnungen, bevor ein israelischer Düsenjet einen Hangar bombardierte. Die israelische Armee hatte die Einwohner zuvor zur Evakuierung aufgerufen.

Videos zeigen das Grollen des Kampfjets, drei Raketen, die das Lager treffen, gefolgt von Feuer und einer dichten grauen Rauchwolke. Der Einschlag war kilometerweit in der Stadt zu hören. Die israelische Armee erklärt, sie habe ein Lager mit Präzisionsraketen der Hisbollah getroffen. Laut libanesischen Medien handelt es sich um eine Halle, die für Feiern des schiitischen Gedenkfests Aschura genutzt werden soll.

Es ist der dritte Angriff auf die südlichen Beiruter Viertel seit dem Waffenstillstand, der am 27. November in Kraft getreten war. Bis dahin waren im Libanon seit Oktober 2023 nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums rund 4.000 Menschen getötet und mindestens 15.700 verletzt worden.

Die Zahl der getöteten Hisbollah-Kämpfer ist nicht öffentlich bekannt. In Israel und in den von Israel besetzten syrischen Golanhöhen wurden nach israelischen Angaben 45 Zi­vi­lis­t*in­nen und durch Kämpfe mit der Hisbollah mindestens 73 israelische Soldaten getötet.

Viele Tote seit Beginn der Waffenruhe

Das Abkommen vom 27. November sieht vor, alle gegenseitigen Angriffe zu beenden. Es bestimmt, dass die Hisbollah entwaffnet wird. Dafür soll laut Abkommen die libanesische Armee in Zusammenarbeit mit der UN-Mission Unifil sorgen. Ein Komitee unter Vorsitz der USA soll die Einhaltung des Deals überwachen.

Präsident Joseph Aoun forderte die USA und Frankreich am Sonntag entsprechend auf, ein sofortiges Ende der israelischen Angriffe zu fordern. Premierminister Nawaf Salam verurteilte den „Terror, den Israel den Menschen in ihren Häusern zufügt, während sie versuchen, ein normales Leben wiederzuerlangen“. Der libanesische Außenminister erklärte, er werde seine Kontakte fortsetzen, um die israelischen Waffenstillstandsverletzungen zu beenden.

Israel hält noch immer fünf Punkte im Südlibanon militärisch besetzt. Trotz des Waffenstillstands fliegt die israelische Armee laut surrende Aufklärungsdrohnen über Dörfer im Südlibanon, in der Bekaa-Ebene und auch über der Hauptstadt Beirut. Durch Israelische Angriffe, die den Waffenstillstand brachen, starben bisher 149 Menschen, zählt die Tageszeitung L’Orient-Le Jour. Die UN zählte Mitte April 71 getötete Zivilist*innen.

Präsident Joseph Aoun und Premierminister Nawaf Salam haben versprochen, dafür zu sorgen, dass nur der Staat das Monopol auf Waffen hat. Doch circa 100 Tage nach dem Inkrafttreten der Waffenruhe rudert die Hisbollah zum alten Narrativ zurück. Sie behauptet, ihre Waffenarsenale seien die „einzige Kraft“, die den Libanon gegen Israel verteidigen könne.

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