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Trotz AfD-Einstufung als rechtsextremAfD-Abgeordnete in Thüringer BSW-Ministerium angestellt

Lydia Funke ist AfD-Kreistagsabgeordnete in Sachsen-Anhalt, saß zuvor im Landtag. Nun arbeitet sie im Thüringer Umweltministerium von BSW-Mann Kummer.

Er beschäftigt eine AfD-Funktionärin: Thüringens Umweltminister Tilo Kummer (BSW) Foto: Martin Schutt, dpa

Berlin taz | Lydia Funke schmähte politische Gegner als „vaterlandslose Gesellen“, kündigte kriminellen „Ausländern“ an, sie „rauszuschmeißen“. Seit knapp zehn Jahren fällt die AfD-Politikerin mit Sprüchen dieser Art auf, fünf Jahre davon auch als Landtagsabgeordnete in Sachsen-Anhalt. Nun hat die 42-Jährige einen neuen Job: als Referentin im Thüringer Umweltministerium, das vom BSW-Mann Tilo Kummer geführt wird.

Funke arbeitet nach taz-Informationen in einem Referat, das sich um Artenschutz in Thüringen kümmert, darunter auch um „invasive Arten“ wie Ochsenfrösche, Nutrias oder Sumpfkrebse. Funke selbst absolvierte erst eine Lehre als Bankkauffrau, später legte sie ein Studium der Umweltwissenschaften nach. Auch in ihrer Zeit als AfD-Abgeordnete im Landtag Sachsen-Anhalt saß sie im Umweltausschuss, kümmerte sich dort um Themen wie Fischsterben oder Abfallentsorgung. Zugleich geißelte sie Gleichstellungsziele im Umweltministerium als „bürokratisches Monstrum“.

In Sachsen-Anhalt schaffte es Funke zwischenzeitlich bis in den Landesvorstand der AfD. 2021 schied sie nach fünf Jahren aus dem Landtag aus, nachdem sie in ihrem Wahlkreis Naumburg deutlich dem CDU-Kandidaten Daniel Sturm unterlag. Bis heute sitzt die 42-Jährige aber für die AfD im Kreistag Burgenlandkreis, wo sie zuletzt auch fünf Jahre lang Fraktionschefin war. Zwischenzeitlich war sie auch AfD-Kreischefin.

Im Sammelbecken der Parteiradikalen

Und Funke bewegte sich früh im radikalen Spektrum der AfD. So gehörte sie 2015 zu den Erstunterzeichnenden der „Erfurter Resolution“, dem damaligen Gründungsmanifest des AfD-„Flügels“, einem Sammelbecken von Parteiradikalen um Björn Höcke. Die Gruppierung wurde bereits 2020 vom Bundesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft und löste sich danach formal auf. Prägende Akteure wie Höcke aber blieben einflussreich in der AfD.

Die Personalie ist brisant, weil die AfD sowohl in Thüringen als auch Sachsen-Anhalt vom Verfassungsschutz schon länger als gesichert rechtsextrem eingestuft ist – und dort einige der radikalsten Par­tei­ver­tre­te­r*in­nen aktiv sind. Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) hatte wiederholt Beamten und Angestellten des früheren AfD-„Flügels“ mit disziplinarrechtlichen Schritten gedroht. Es dürfe kein Toleranz für Extremisten im öffentlichen Dienst geben, so Maier.

So führt das Land Thüringen seit Monaten einen Rechtsstreit mit dem AfD-Kreistagsabgeordneten Christian Ende aus dem Kyffhäuserkreis. Der hatte zunächst eine Sachbearbeiterstelle im Landesverwaltungsamt zugesagt bekommen – wogegen das Innenministerium aber intervenierte, mit Verweis auf die Einstufung der AfD als rechtsextreme Partei. Strittig ist, ob zuvor bereits ein Arbeitsvertrag zustande gekommen war.

Das Umweltministerium will sich nicht äußern

Lydia Funke dagegen durchlief die Einstellung im BSW-geführten Thüringer Umweltministerium erfolgreich. Ein Sprecher des Ministeriums wollte sich „aus Datenschutzgründen“ nicht zu der Personalie äußern. Funke verwies auf taz-Anfrage auf ihre Persönlichkeitsrechte und auf das Grundrecht, sich frei einen Arbeitsplatz zu suchen. Ansonsten wollte auch sie sich nicht weiter äußern.

Ob das Umweltministerium von BSW-Mann Kummer von Lydia Funkes AfD-Tätigkeit bei der Einstellung wusste, bleibt damit offen. Durch ihr Kreistagsmandat und Social Media Profile ist das indes kein Geheimnis. Kummers BSW fiel bereits zuletzt mit einem unklaren Kurs gegenüber der AfD auf. Einerseits schloss man eine Zusammenarbeit mit den Rechtsextremen aus. Andererseits zeigte sich das BSW offen, AfD-Anträgen zuzustimmen, wenn diese „richtig“ seien.

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16 Kommentare

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  • Damit lassen sich bei der Zielgruppe des BSW aus Schwurblern, Quatschdenkern, Angriffskriegsfans und Reichsbürgern bestimmt noch ein paar Verwirrte mehr einsammeln...!

  • Warum stellt ein BSW-Minister eine so prominente AfD-Funktionärin ein?



    Als Signal an alle Faschisten im Land: Seht her, wir machen - zumindest punktuell - gerne gemeinsame Sache mit euch.

  • So wird aus einem Hufeisen ein Kreis, der sich schließt.

  • Was wohl Sarah dazu sagt?

    • @Lahmarsch:

      Wenn das der Führer wüsste. Glauben Sie ernsthaft, in dem Haufen gibt es irgendetwas, das Kontrollfreak Sahra Wagenknecht nicht wüsste?

  • Filz der Russlandtreuen.

  • Wo sind denn jetzt alle, die permanent behaupten, dass gute alte Hufeisen gäbe es nicht.

  • Da wächst zusammen, was zusammen gehört. Vielleicht hat Putin vermittelt.

  • Eine Regierungsbehörde stellt auch in der Sache qualifizierte Personen ein, die nicht das richtige Parteibuch haben -



    eine gute Nachricht die viel zu selten vorkommt.

    Dass einem nicht alle Personalien gefallen, liegt in der Natur der Sache, nämlich der Politik. Konkrete Hinweise auf relevantes Fehlverhalten der Dame erwähnt der Artikel hingegen nicht.

  • Aha, im Osten scheint sich das Hufeisen zu schließen.

  • Er beschäftigt eine AfD-Funktionärin: Thüringens Umweltminister Tilo Kummer (BSW) Foto: Martin Schutt, dpa

    Jehova! Jehova!

  • Da wächst wohl zusammen, was zusammengehört. Das nennt man Arbeitsteilung. Die AfD bespielt den nationalen Flügel, das BSW den sozialistischen. Für Jede*n was dabei und alle gemeinsam gegen "die Migranten". Passt doch.

  • Zur richtigen Einordnung sollte man vielleicht auch noch erwähnen, dass es in CDU- und SPD Ministerien auch Mitarbeiter mit AFD Parteibuch gibt. Übrigens gibt es in Deutschland auch Tausende von Beamten mit AFD Partei-Buch. Schön ist das natürlich nicht.

    • @Alexander Schulz:

      Bei weit über 30% für die AfD im Osten sind natürlich viele im Staatsdienst auch deren Mitglied. Aber es ist doch was anderes, wenn man bewusst ein prominentes AfD-Mitglied gerade erst einstellt; die vielen anderen waren ja schon da.

      • @Tiene Wiecherts:

        Sie haben Recht.



        Ich hatte überlesen, dass es sich um eine frühere Landtagsabgeordnete handelt.



        Das ist sehr eigenartig. Schließlich hat man bisher penibel darauf geachtet Distanz zur AFD zu halten. Anders als zb bei anderen Parteien wurde bisher zb nur ein einziges ehemaliges AFD Parteimitglied aufgenommen (und da wusste man nichts von der früheren Mitgliedschaft).