Treffen zwischen Merkel und Erdoğan: Lobende Worte für den Präsidenten

In Istanbul verspricht die Kanzlerin Unterstützung beim Bau von Notunterkünften. Die Zukunft inhaftierter Deutscher bleibt unklar.

Bundeskanzlerin Angela Merkel steht neben Präsident Recep Tayyip Erdogan und hält einen Spiegel in den Händen.

Der türkische Präsident Erdoğan mit seiner „geschätzten Freundin“ Foto: Tolga Bozoglu/EPA/dpa

Istanbul taz | Gleich dreimal traf sich die Bundeskanzlerin am Freitag während eines Besuchs in Istanbul mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Das wichtigste Ergebnis ist, dass sich die Kanzlerin bereit erklärte, im Rahmen humanitärer Hilfe die türkische Regierung beim Aufbau von Notunterkünften an der syrischen Grenze zu unterstützen.

Am Morgen hatten Merkel und Erdoğan zunächst den nach jahrelanger Verspätung fertiggestellten Campus der deutsch-türkischen Universität in einem Vorort Istanbuls eingeweiht. Kurz danach traf die Kanzlerin Erdogan dann erneut zu einem Vieraugengespräch und am Abend zu einem Essen in größerer Runde. Merkel hatte eine lange Liste mit Themen abzuarbeiten, das wichtigste war die Flüchtlingsfrage. Bereits am Morgen bei der ersten Begegnung setzte sie dabei den Ton: „Die Leistung der Türkei angesichts der Aufnahme von mehr als 3 Millionen syrischer Flüchtlinge kann gar nicht hoch genug geschätzt werden“, sagte sie neben einem zufrieden dreinblickenden Erdoğan. „Sie verdient Anerkennung und sollte unterstützt werden“.

Das war genau das, was Erdoğan von seiner „geschätzten Freundin“, wie er Merkel nannte, hören wollte. Denn Erdoğan braucht Unterstützung bei der Bewältigung der syrischen Flüchtlingskrise. Nach offiziellen türkischen Angaben leben derzeit 3,6 Millionen syrische Flüchtlinge im Land, angesichts der Wirtschaftskrise von immer mehr Türken als Belastung empfunden.

In Idlib, dem letzten Rebellenbezirk im Norden Syriens, rückt die syrische Armee mit russischer Unterstützung allen Waffenstillstandsabkommen zum Trotz immer weiter vor. Mit Bomben und Artillerie wird die Zivilbevölkerung aus dem südlichen Teil der Provinz nach Norden, Richtung türkische Grenze vertrieben.

Bei Investitionen in der Türkei soll Merkel für neues Vertrauen sorgen, hofft Erdoğan

Erst in den letzten zwei Tagen sind 36.000 Menschen vor den Angriffen geflohen. Wie Erdoğan erklärte, befinden sich bereits jetzt 400.000 Flüchtlinge auf der syrischen Seite der Grenze, die dort von türkischen Hilfsorganisationen notdürftig versorgt werden. Für die sollen nun feste Unterkünfte errichtet werden, an deren Finanzierung sich die Bundeskanzlerin beteiligen will.

Erdoğan drohte in der Vergangenheit mehrfach damit, Flüchtlinge nach Europa weiterzuschicken, wenn nicht mehr Unterstützung kommen würde. Die EU lehnt allerdings bislang eine Erhöhung der bereits zugesagten 6 Milliarden Euro ab, Merkel sagte nun zu, sich dafür einzusetzen, dass auch längerfristig über die 6 Milliarden hinaus Geld aus der EU für die Flüchtlingsintegration in der Türkei gezahlt werden soll. Außer den syrischen Flüchtlingen und dem anderen Krisenherd Libyen ging es vor allem um die Stärkung der ins Kriseln geratenen deutsch-türkischen Wirtschaftsbeziehungen.

Seit dem Fastabbruch der diplomatischen Beziehungen 2017 halten sich deutsche Konzerne in der Türkei mit Investitionen zurück. VW hat erst kürzlich den Bau einer neuen Fabrik in der Nähe von Izmir auf Eis gelegt, weil nach dem türkischen Einmarsch in Nordsyrien die politische Lage als zu angespannt galt. Hier soll Merkel nun für neues Vertrauen sorgen, hofft zumindest Erdoğan. Dafür mahnte Merkel ein paar Zugeständnisse im Dauerkonflikt um inhaftierte deutscher Staatsbürger – nach offiziellen Angaben derzeit 59, zu denen sowohl politische wie normale Kriminalfälle gehören – an.

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