Treffen von Scholz, US-Präsident Biden: „Im Gleichschritt“ professionell
Bundeskanzler Scholz fliegt 17 Stunden für eine Stunde Gespräch mit US-Präsident Joe Biden. Differenzen bestehen etwa beim Thema Waffenlieferungen.
Der US-Präsident preist den deutschen Kanzler für „militärische und moralische Unterstützung“ sowie dafür, dass er „historische Veränderungen“ in Deutschland möglich gemacht habe. Er hebt besonders zwei Dinge hervor, die Washington schon von Angela Merkel verlangt und jetzt bekommen hat: eine Aufstockung der Rüstungsausgaben und die Abwendung von russischem Gas. Der Gast lobt in entspanntem Ton, dass die transatlantische Partnerschaft so stark sei wie lange nicht mehr. Und dass es sehr wichtig sei, die gemeinsame Hilfe so lange fortzusetzen, „wie es dauert“.
Damit ist die Transparenz zu Ende. Die per Losentscheid ausgewählten Journalisten dürfen noch Fragen in das Oval Office rufen. Doch die beiden Männer beantworten sie nicht. Auch nicht die Frage, wie sie reagieren wollen, falls Beijing Waffen an Moskau liefert. Die übliche Pressekonferenz am Ende gibt es nicht. In dem AbschlußKommuniqué des Weißen Hauses schrumpft das Treffen auf sieben Zeilen zusammen. Darin ist die Rede von „starker bilateraler Beziehung“, von „laufenden Anstrengungen“ für die Ukraine und von dem Bestreben, die „Kosten für Russland“ hoch zu halten. Der vierte und letzte Satz besagt, dass auch „globale Themen“ besprochen worden seien.
Scholz hat 17 Stunden im Flugzeug gesessen, um Biden am Freitag für etwas über eine Stunde persönlich zu treffen. Er bekommt kein elegantes Abendessen, wie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Das Feuer in dem Kamin hinter den beiden gelben Sesseln brennt nicht, wie bei Ukraines Präsident Wolodomir Selenski. Es ist ein „Arbeitsbesuch“. Aber es bleibt offen, warum die beiden Männer, die seit Scholz' Amtsantritt in regelmäßigem Kontakt stehen, dieses Format gewählt haben.
Verschiedene Töne aus Washington und Berlin
Bei mehrere großen Themen schlagen Berlin und Washington verschiedene Töne an. Washington ist gegenüber Beijing zunehmend aggressiv. Für den Fall, dass Beijing Waffen an Moskau liefern sollte, droht es mit Sanktionen und internationaler Isolierung. Berlin hingegen, für das China der wichtigste Handelspartner ist, rät Beijing, es möge seinen Einfluss in Moskau nutzen, um einen Abzug der russischen zu Soldaten zu verlangen.
Wenige Tage vor dem „Arbeitsbesuch“ hat Jake Sullivan, Bidens Berater für Nationale Sicherheit, in einem Fernsehinterview angedeutet, dass auch andere Themen den Gleichschritt zwischen Berlin und Washington gestresst haben. Biden sei ursprünglich gegen die Lieferung US-amerikanischer Kampfpanzer an die Ukraine gewesen, sagt Sullivan. US-Militärs hätten davon abgeraten, sie hielten die deutschen Leopard-Panzer für geeigneter. Aber nachdem Berlin klar gemacht habe, es werde die Leopard-Panzer nur liefern, wenn auch Washington der Ukraine Panzer gebe, habe Biden eingelenkt: „Im Interesse der Einheit.“
Auch eine Recherche des US-amerikanischen Journalisten Seymour Hersh passt nicht in das transatlantische Idyll. Hersh schreibt, dass die Sabotage der Nord Stream Pipeline 1 und 2 auf die USA zurück geht. Laut dessen Recherche haben US-Navy-Taucher ein Nato-Manöver in der Ostsee im vergangenen Juni genutzt, um Sprengstoff an den Pipelines zu befestigen. Im September sei ihr Sprengstoff von Norwegen aus per Fernbedienung gezündet worden.
Hersh hat 1969 das Massaker von My Lai und 2004 die Folter im Gefängnis Abu Ghraib enthüllt, und ist für seine Arbeit vielfach ausgezeichnet worden. Aber seine Nord-Stream-Veröffentlichungen bezeichnen Sprecher des Weißen Hauses als „Unsinn“ und „Fiktion“. Ihrerseits bestreitet die Regierung in Berlin, dass sie Washington wegen der Kampfpanzer unter Druck gesetzt habe.
Republikaner gegen Ukraine-Hilfen
Seit dem russischen Angriff sind die USA der weltweit größte Waffenlieferant der Ukraine geworden, Deutschland der größte auf dem europäischen Festland. Am Freitag, als Scholz und Biden im Oval Office tagen, kündigt die US-Regierung eine weitere Waffenlieferung im Wert von 400 Millionen an. Sie wird vor allem aus Munition für schweres Geschütz bestehen.
Doch intern sind die USA gespalten über ihr Vorgehen in der Ukraine. Die massiven Waffenlieferungen sind zunehmend umstritten – insbesondere bei Anhängern der Republikanischen Partei. Nach einer Umfrage von Pew Research finden 40 Prozent von ihnen, dass ihr Land „zu viel“ für die Ukraine tue. Mehrere potenzielle republikanische Präsidentschaftskandidaten für 2024 haben eine Kehrtwende angekündigt. Ron DeSantis aus Florida betrachtet Russland „nicht als Drohung auf derselben Ebene wie China“.
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