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Treffen der Ost-Ministerpräsident:innenMehr Geld und mehr Gehör

Bei der Konferenz der ostdeutschen Re­gie­rungs­che­f:in­nen verspricht Bundeskanzler Merz eine engere Zusammenarbeit

Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt (re) will mehr Geld aus dem Rüstungsetat von Boris Pistorius (li) Foto: Karina Hessland/reuters
David Muschenich

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David Muschenich aus Ettersburg

taz | Mitten in Thüringen, nahe der geschichtsträchtigen Stadt Weimar, haben sich am Donnerstag die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen der ostdeutschen Länder getroffen. Bei ihrer jährlichen Konferenz, der MPK Ost, erörterten sie dieses Mal im Schloss Ettersburg Pro­bleme, die die Länder aus historischen Gründen von denen im Westen der Bundesrepublik unterscheiden. Die Idee: Gemeinsam für mehr Aufmerksamkeit sorgen und die „ostdeutsche Perspektive“ im Bund stark machen. Zu Besuch waren in diesem Jahr Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und die Ostbeauftragte der Bundesregierung, Elisabeth Kaiser (SPD).

Auf der Agenda standen die Themen Energiepolitik, Wirtschaftspolitik und Rüstungsinvestitionen in Ostdeutschland. Dazu haben die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen 16 Beschlüsse gefasst. So sollen etwa Zukunftsbranchen wie die Mikroelektronik, Biotechnologie und Robotik gestärkte werden. Der Bund soll die Länder dabei stärker fördern.

Vorab hatte Thüringens Ministerpräsident und Gastgeber Mario Voigt (CDU) bemängelt, der Bund engagiere sich zu wenig im Osten. „Unsere Kommunen haben massive Belastungen durch Sozialkosten, die auf der Bundesgesetzgebung beruhen“, sagte er dem Stern und forderte, einen Ausgleich.

Für Friedrich Merz war der Besuch bei der MPK der erste größere Auftritt mit den Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen in Ostdeutschland. In seinem Statement am Ende der Konferenz erklärte Merz, er wolle es nicht bei dem einen Treffen belassen und im nächsten Jahr enger mit den ostdeutschen Re­gie­rungs­che­f:in­nen zusammenarbeiten.

„Ostkompenente“ im Wehretat

Bereits am Morgen, bevor Merz eintraf, war Verteidigungsminister Pistorius kurz zu Besuch. Ähnlich wie Voigt hatte in den letzten Tagen Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) mehr Investitionen vom Bund gefordert – insbesondere im Bereich der Rüstungsproduktion. Durch eine „Ostkomponente“ sollten auch dort Unternehmen vom hohen Wehretat des Bunds profitieren, schlug Kretschmer vor. Es gelte, in Ostdeutschland die entsprechenden Standorte aufzubauen.

Pistorius erklärte nach seinem Gespräch mit den Re­gie­rungs­che­f:in­nen, man sei sich einig, dass die Regierung „alle Anstrengungen unternehmen müsse“, um Produktionsstandorte hochzuziehen. Allerdings sehe das Vergaberecht keine Quoten vor.

Am frühen Morgen, vor Beginn der eigentlichen Konferenz besuchten vier der Ost-­Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen die Gedenkstätte Buchenwald, die unweit des Schlosses Ettersburg liegt. Gedenkstättenleiter Jens-Christian Wagner sagte der taz danach, er habe ihnen einen Überblick zur Geschichte des Konzentrationslagers gegeben.

„Herausfordernde“ Stimmung

Während der NS-Diktatur waren dort etwa 277.000 Menschen inhaftiert. Die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen hätten Fragen gestellt, „vor allem zu dem Umstand, dass die Konzentrationslager derart eng eingebunden waren in ihre Umgebungsgesellschaft, dass sich die Verbrechen nicht geheim halten ließen“, berichtete Wagner. „Auch über die Angriffe auf die Erinnerungskultur durch rechts außen, vor allem aus der AfD, haben wir gesprochen.“

Die rechtsextreme Partei erreichte in den ostdeutschen Ländern zuletzt neue Höchstwerte. In einer Umfrage zu den im nächsten Jahr anstehenden Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern, erhielt sie 38 Prozent der Stimmen.

Umfragen wie diese sprach auf der Konferenz in Ettersburg auch die Ostbeauftragte der Bundesregierung Elisabeth Kaiser an. Trotz allem, was geschafft worden sei, herrsche eine „herausfordernde“ Stimmung. Es brauche darum Orte, um zu diskutieren, und es müsse für die Menschen sichtbar werden, dass sich etwas verändert.

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