Treffen der Extremisten: Salafisten narren Rechte
Salafisten locken ihre Gegner, die Rechtspopulisten von „Pro Deutschland“, nach Kreuzberg – und treffen sich dann in Neukölln.
Ein Großaufgebot von 550 Polizeibeamten war am Sonntagmorgen in Kreuzberg aufgefahren, um die Gegend zwischen Springer-Hochhaus und dem Jüdischen Museum zu sichern. Grund war eine angekündigte Demonstration der islamistischen Salafisten. Doch nach etwa einer Stunde war der Spuk schon wieder vorbei. Denn gegen 11 Uhr erklärte ein Sprecher die Demonstration für beendet, noch bevor sie begonnen hatte.
Gerade mal drei Dutzend junge, verschleierte Frauen und Männer mit Vollbärten und Pluderhosen hatten sich bis dahin in der Kreuzberger Markgrafenstraße eingefunden, um vergeblich auf ihre Idole zu warten. Angekündigt waren Szene-Stars wie der Kölner Prediger Pierre Vogel, der bislang in Kairo vermutet wurde, sowie Ibrahim Abou-Nagie – der Kölner Geschäftsmann hatte im vergangenen Jahr die Koranverteilaktion organisiert.
Doch in Wirklichkeit hatten die Salafisten ihr Event klammheimlich in einen türkischen Hochzeitssaal in der Nähe des Estrel-Hotels in Neukölln verlegt. Dort lauschten rund hundert Sympathisanten – die Männer und Frauen durch eine Zeltwand im Saal getrennt – den Reden von Szenepredigern, die zur Solidarität mit den Muslimen in Syrien und zur „Hilfe in Not“, wie auf T-Shirts der Saalordner stand, aufriefen.
Die Polizei sicherte und kontrollierte diesen Versammlungsort. Genarrt hatten die Salafisten mit ihrem Manöver die rechte Splitterpartei „Pro Deutschland“. Rund dreißig ihrer Anhänger skandierten am Morgen jenseits der Absperrungen, die die Polizei in der Kreuzberger Markgrafenstraße errichtet hatte, unverdrossen ihre Anti-Islam-Parolen. Die NPD hingegen sagte ihre für Sonntagmittag geplante Gegendemo kurzfristig ab.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Krieg in der Ukraine
Russland droht mit „schärfsten Reaktionen“
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Israelis wandern nach Italien aus
Das Tal, wo Frieden wohnt