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Transgender-Teddy TillyEin positives Märchen

Eine Lehrerin aus Australien will ihrem Sohn Bücher vorlesen, die sexuelle Vielfalt abbilden. Da es die kaum gibt, schreibt sie einfach selber eines.

Errol und Tilly machen es sich gemütlich. Foto: Dougal MacPherson

Berlin taz | Günther Kastenfrosch kann öffentlich seine Tigerente abknutschen und Kermit unter weltweiter Trauer seine Miss Piggy mit einem anderen Schwein betrügen. Aber niemals würde der kleine Tiger mit dem kleinen Bär unter der Bettdecke verschwinden oder Ernie dem Bert seine Liebe gestehen.

Homosexualität kommt in Kinderbüchern nur sehr selten vor, Transsexualität im Grunde nie. Die Lehrerin Jessica Walton aus Australien will das ändern. „Ich möchte, dass mein Kind mit Büchern aufwächst in denen schwule Väter, lesbische Mütter, Behinderte und Menschen verschiedener Herkunft vorkommen, genauso wie Transpersonen, Mädchen die Naturwissenschaften und Dinosaurier gut finden und Jungs, die tanzen und mit Puppen spielen“, sagt sie.

Walton hat eine Geschichte geschrieben – ein positives Märchen, wie sie es nennt – über Errol und seinen besten Freund, den Teddy Thomas. Irgendwann wird der Teddy traurig, will nicht mehr spielen oder in den Park gehen und gesteht Errol schließlich: „Ich habe immer gefühlt, dass ich ganz tief drin eigentlich eine Teddybärin bin“. Thomas möchte von da an lieber Tilly genannt werden und Errol verspricht: Ich werde immer dein Freund sein, Teddy. Und dann ist da noch Ava, ein Mädchen, dass am liebsten riesige Roboter und Raketen baut. Am Ende wird die Freundschaft der drei durch Teddys Offenheit sogar stärker.

In Jessica Waltons Kinderbuch gibt es ein Coming-Out mit Happy End. Dass das in der Realität nicht immer so abläuft, weiß die Lehrerin nur zu gut. Sie selbst ist mit einer Frau verheiratet. „Meine Freunde, Nachbarn oder Kollegen, die homosexuell oder transgender sind, haben noch immer mit Beschimpfungen und Diskriminierung zu kämpfen.“

Erfolgreiches Crowdfunding

Das Buch ist auch ein Dank an ihren Vater. Vor wenigen Jahren erklärte er der Familie, dass er eine Frau sei. Nun ist er Tina, die Großmutter von Waltens kleinem Sohn. „Ich will damit meinem Vater danken, dass sie sich geöffnet hat. Und die Geschichte ist ein Versprechen an meinen Sohn, dass ich ihn immer lieben werden und er mir alles sagen kann.“

Damit das Buch von dem Bären, der eigentlich eine Bärin ist, auch tatsächlich bei den Kindern ankommt, hat Walton eine Crowdfundingkampagne gestartet. An Fans des Transgender-Teddys scheint es nicht zu mangeln. Schon einen Monat vor Ablauf der Spendenaktion hat die Lehrerin ihr ursprüngliches Ziel von 10.500 Dollar weit überschritten. Über 250 Menschen haben das Buch vorbestellt, fast 12.000 Dollar kamen bisher zusammen.

Bebildert wird die Geschichte von dem Illustrator Dougal MacPherson, im Dezember – pünktlich vor Weihnachten - soll das Buch dann veröffentlicht werden. Walton hofft, dass es irgendwann nicht mehr ungewöhnlich oder kontrovers ist, seinen Kindern Geschichten vorzulesen in denen verschiedene sexuelle Identitäten gelebt werden.

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2 Kommentare

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  • Das finde ich gut und würde das Buch sofort hier auch kaufen. Ich finde, dass es Zeit wird, unsere muffigen Herzen endlich zu lüften und für alle Menschen zu öffnen, ihnen Respekt und Akzeptanz entgegenzubringen, anstatt sie in die Isolation abzudrängen. Aus diesem finsteren Zeitalter sollten wir endlich herausgewachsen sein. Haben wir es wirklich nötig, aus allen häufiger feststellbaren Merkmalen Eliteclubs zu bilden, die sich das Recht herausnehmen dürfen, andere auszugrenzen? Ich finde - Nein! Das steht uns nicht zu. Und wir sollten es auch nicht nötig haben. Unser Selbstbewusstsein darf sich nicht aufbauen auf den Stiefeltritten in die Nacken von Minderheiten.

    • @noevil:

      Das mit den muffigen Herzen und das mit dem Selbstbewusstsein haben Sie schön gesagt, Noevil.

       

      Recht haben Sie: Es steht niemandem zu, Menschen "in die Isolation abzudrängen", weil sie nicht genau so sind, wie die Mehrheit ist - oder doch wenigstens sein zu müssen glaubt. Leider ist noch längst nicht jedem schon ganz klar, dass es nicht nötig ist fürs Selbstwertgefühl, auf anderen herumzutrampeln. Wer sonst nichts hat, der braucht halt das Gefühl der Überlegenheit. So will es nun mal unsre Tradition. Und Traditionen sind manchmal verdammt zäh.

       

      Vermutlich hat das auch, aber eben nicht nur etwas mit all den vielen Kinderbüchern zu tun, die noch nicht so richtig gut und wertvoll sind und doch gekauft werden. (Zum Beispiel, weil Eltern sie mit Erinnerungen verbinden.) Es liegt vermutlich vor allem an den vielen Eltern, die ihren Kindern nicht mal ganz normale Bücher vorlesen. Weil sie weder ihre Kinder noch sich selber wirklich gern haben. Irgendwer muss ihnen irgendwann einmal erklärt haben, sie wären schlicht nicht gut genug. Sie glauben es noch immer - und verhalten sich entsprechend. Diesen Irrtum aufzuklären, wäre wichtig. Es erfordert allerdings ein ziemlich dickes Fell. Macht jemand mit?