Trans- und Queerfeindlichkeit: Die Mär vom Kinder­schutz

Trans- und queerfeindliche Organisationen tarnen sich gerne mit der Sorge um Kinder. Dabei ignorieren sie die wirklichen Probleme, die diese haben.

Jugendliche gehüllt in Regenbogenfahnen

Happy Pride, Kids! Foto: Müller-Stauffenberg/imago

Trans- und queerfeindliche Strömungen lieben es, ihre regressive Agenda als Sorge um Kinder und Jugendliche zu tarnen. Dabei ist die Mär vom Kinderschutz ein alter, stinkender Schuh, der ständig herumgereicht wird: Von der „Demo für alle“ und AfD bis hin zu „GenderkritikerInnen“, die sich selbst als feministisch verorten. In Deutschland empören sich Springer-AutorInnen über öffentlich-rechtliche Beiträge für Kinder über queeres und trans Leben, in Texas sollen Drag Shows verboten werden, wenn Minderjährige im Raum sind. Wer Minderjährige wirklich schützen will, muss dabei gar keine gefährlichen Mythen verbreiten, denn die Liste tatsächlich vorhandener Probleme ist lang.

Was ist mit …

… heteronormativer Frühsexualisierung, bei der Erwachsene irgendwelche Kinder im Krabbelalter zu Liebespaaren erklären?

den durch Mobbing und andere Formen von Gewalt erzwungenen Geschlechterpräsentationen, welche die Möglichkeit des Selbstausdrucks von Kindern schmerzhaft einschränken?

… Kindern, deren lesbische Mütter juristische Hürden überbrücken müssen, um die selben Rechte wie andere Eltern zu erlangen?

… Kindern, die durch fahrlässiges Verhalten ihrer Eltern schwer erkranken und zum Teil sogar sterben, obwohl es durch eine Impfung vermeidbar gewesen wäre?

… Kindern, die während einer Pandemie ungeschützt auf Massenprotesten mitgenommen werden?

… chronisch kranken Kindern, die in den letzten zwei Jahren wegen Corona nicht am öffentlichen Leben teilnehmen konnten?

… Kindern, deren Eltern aufgrund von mangelndem Infektionsschutz auf der Arbeit an Corona gestorben sind?

… Kindern in den ersten Reihen von Anti-Abtreibungsdemos, die nicht nur mit fundamentalistischer Propaganda gegen Selbstbestimmung indoktriniert werden, sondern auch als Schutzschilder gegen feministischen Protest missbraucht werden?

… Kindern auf der Flucht, die von ihren Familien getrennt werden? Und menschenunwürdig unterkommen?

… Kindern, die ihre Eltern aufgrund rechten Terrors verlieren – obwohl die Behörden solche Anschläge hätten verhindern können?

… Kindern in armen Familien, die von niedrigen Hartz-4-Sätzen und -Sanktionen genau so getroffen werden wie ihre Eltern?

… Kindern, deren Väter keinen Unterhalt zahlen und sie deshalb entweder weniger Zeit mit ihren alleinerziehenden, überarbeiteten Müttern verbringen oder arm aufwachsen?

Es sind nicht die reaktionären Vertreter_innen der Anti-„Genderideologie“, die sich für das Wohl dieser Kinder einsetzen. Die Queers aus meinem Umfeld – auch jene ohne eigene Kinder – hingegen schon. In dem Sinne: Happy Pride, Kids, wir stehen auch dann hinter euch, wenn eure eigene Familie es nicht tut!

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Hengameh Yaghoobifarah studierte Medienkulturwissenschaft und Skandinavistik an der Uni Freiburg und in Linköping. Heute arbeitet Yaghoobifarah als Autor_in, Redakteur_in und Referent_in zu Queerness, Feminismus, Antirassismus, Popkultur und Medienästhetik.

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