Trainerwechsel bei Borussia Dortmund: Warten auf den Erlöser

Vor dem Spiel gegen Sevilla ängstigen Borussia Dortmund die eigenen Schwächephasen. Coach Marco Rose soll es ab Sommer dann richten.

Marco Reus und Marco Rose sprechen nach einer Partie miteinander auf dem Rasen

In gutem Kontakt: Marco Reus und Marco Rose (r.) nach einer Partie zwischen Dortmund und Gladbach Foto: Norbert Schmidt/imago

Borussia Dortmund ist ein wenig geschrumpft in den vergangenen Wochen. In der Bundesliga hechelt der Klub den eigenen Champions-League-Ambitionen hinterher, im Pokal erreichten sie gegen den SC Paderborn nur dank kaum bekannter Regeldetails das Viertelfinale, und im Achtelfinale der Champions League gegen den FC Sevilla galten sie nach der Auslosung zunächst als Favorit, nun sagt Trainer Edin Terzic: „Wenn man die aktuelle Form vergleicht, ist Sevilla natürlich deutlich im Vorteil.“

Für das angeschlagene Selbstverständnis der Dortmunder hatten die Nachrichten, die am Montag in Mönchengladbach verbreitet wurden, daher eine heilende Kraft. Der dortige Erfolgstrainer Marco Rose, der seinen Verein dank einer Ausstiegsklausel nach der Saison für eine Ablöse von fünf Millionen Euro verlassen darf, hat sich entschieden, das Angebot des BVB anzunehmen und sein spannendes Projekt am Niederrhein zu beenden.

In Mönchengladbach wird nun getrauert, während sie sich beim BVB freuen dürfen. Obgleich der Zeitpunkt der Veröffentlichung des Coups den Dortmundern eher nicht gepasst hat. Sehr reserviert bestätigte der Klub eine „entsprechende Zusage“ Roses, die zu solchen Anlässen üblichen Zitate der Klubführung fehlten jedoch in dem kurzen Statement. „Der Fokus des BVB ist voll auf die aktuelle Saison und das Erreichen der sportlichen Ziele (…) gerichtet“, verkündete der Klub. „Aus Respekt vor allen beteiligten Parteien wird sich Borussia Dortmund nach dem heutigen Tage erst im Anschluss an die Spielzeit 2020/2021 wieder zur sportlichen Zukunft unter der Leitung von Marco Rose äußern.“

Rose ist der Wunschtrainer, der eine lange Suche beenden soll. Auch wenn niemand etwas dafür kann, werden ja alle Trainer hier an Jürgen Klopp gemessen. Thomas Tuchel konnte diesem Vergleich noch am ehesten standhalten, scheiterte aber an inneren Zerwürfnissen. Peter Bosz agierte zu radikal in der Umsetzung seiner Spielphilosophie und zu wenig einfühlsam gegenüber den Spielern, und Lucien Favre favorisierte einen elaborierten Stil, der nie zu diesem wilden Klub passen wollte. Rose ist nun ein Typ, der theoretisch alles hat, was ein Dortmunder Trainer braucht: Humor, die Fähigkeit zur mitreißenden Ansprache, Empathie und eine Vorliebe für einen intensiven Fußball.

Schwere Aufgabe für Terzic

Die Saison des Interimstrainers Edin Terzic wird diese Wendung aber eher nicht erleichtern. Der vormalige Assistent Favres wird künftig noch ein wenig blasser wirken als ohnehin schon. Terzic ist unglaublich freundlich, offen und zuvorkommend, doch seine Arbeit sieht konventionell aus, erwartbar und ist vor allen Dingen nicht erfolgreich genug.

Mit seinen 38 Jahren ist er eben ein sehr junger Trainer, der am Montag erzählte, dass er sich derzeit oft mit Matthias Sammer austauscht, der eigentlich die Klubführung berät. „Es wäre ja auch albern von mir, wenn ich in meiner Position, mit meinem Hintergrund, in meinem Alter, wenn ich nicht versuche, Hilfe oder Ratschläge einzuholen“, sagte er. Nun ist klar, dass er das zur eigenen Fortbildung tut und als Beitrag zum Fundament für die künftige Arbeit Roses.

Der neue Cheftrainer wünscht sich schließlich, an der Champions League teilnehmen zu können, weil andernfalls spürbare Einsparungen am Dortmunder Kader nötig sein werden. Und weil der Klub ohne den Wettbewerb für Fußballer, die jetzt da sind oder künftig kommen sollen, an Attraktivität verlieren würde.

Terzic arbeitet derweil an einem Stilwechsel, der ebenfalls als Vorarbeit für die Rose-Jahre betrachtet werden kann: Der BVB soll aktiver, aggressiver und intensiver spielen, in Ansätzen ist das bereits sichtbar. „Wir verlangen nichts, was wir nicht schon gesehen haben“, sagte Terzic vor der Abreise nach Sevilla, in einigen Phasen der Partien in Leverkusen oder Mönchengladbach spielte die Mannschaft hinreißend. Doch es gibt diese dunkle Seite dieses Teams: Spielabschnitte voller Unkonzentriertheiten und individueller Fehler. Niemand versteht, warum, sie scheinen sich selbst ein Rätsel zu sein. Im Sommer kommt nun einer, dem zuzutrauen ist, dass er das Mysterium entschlüsselt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.