Trainerin bei Profimännern: Pionierin mit Vorgängerinnen
Sabrina Wittmann trainiert den Drittligisten FC Ingolstadt. Die erste Frau im Männerfußball ist sie nicht.
Sabrina Wittmann hat nicht recht. Die 32-Jährige stand am Sonntagabend (nach Redaktionsschluss) erstmals als Cheftrainerin in der Coaching Zone der ersten Männermannschaft des Drittligisten FC Ingolstadt. Sie sagte, damit sei sie „die erste Frau im Profifußball“. Dabei ist sie die erste Cheftrainerin im Profifußball der Männer in Deutschland. Doch das ist, trotz dieser zwei Einschränkungen, immer noch eine Sensation.
In der Männer-Regionalliga, die so halb professionell, halb prekär vor sich hin stolpert, gab es mit Inka Grings (SV Straelen) und Imke Wübbenhorst (SF Lotte) schon zwei Chefinnen. Und mit Marie-Louise Eta gab es schon eine Co-Trainerin bei den Union-Berlin-Männern, und zwar eine, die sogar ihren gesperrten Chef vertreten durfte.
Außerhalb Deutschlands ist das Phänomen, das qualifizierte Frauen Jobs kriegen, in denen qualifizierte Leute gesucht werden, ein klitzeklein wenig verbreiteter: 1999 übernahm Carolina Morace den AS Viterbese Calcio, einen Club der dritten italienischen Männerliga. Nach zwei Spielen trat sie zurück. Später coachte sie die italienische und kanadische Auswahl – der Frauen.
2014 gab der französische Männerzweitligist Clermont Foot Auvergne 63 die Verpflichtung von Helena Costa bekannt. Die kam zwar nicht, stattdessen übernahm Corinne Diacre den Job – und war erfolgreiche drei Jahre lang Chefin dort. Unter anderem wurde Diacre zum „Zweitligatrainer Frankreichs“ gewählt. Später betreute sie Frankreichs Nationalelf. Und in England hatte im Juli 2023 (allerdings nur im Juli) Hannah Dingley den Chefjob beim Viertligisten Forest Green Rovers inne.
Was Dingley, Diacre, Costa, Morace und Eta gemein haben, fehlt Sabrina Wittmann noch: eine Uefa-Pro-Lizenz, mit der höchstklassige Teams trainiert werden dürfen. Der FC Ingolstadt will sie nun für einen solchen Lehrgang anmelden, was ihr zunächst verwehrt wurde. Nun, mit der Männercheftrainerin Wittmann, hofft man, dass es klappen wird.
Die Liga halten wird Wittmann auf jeden Fall, ihr Vorgänger, Michael Köllner, wurde entlassen, weil der Verein viel zu weit weg von Aufstiegschancen und einer Perspektive für die kommende Saison war. Eine große Chance auf einen Erfolg hat Wittmann auch noch: Ihr Verein steht im bayerischen Pokalfinale am 25. Mai gegen die Würzburger Kickers. Könnte ja sein, dass der FC Ingolstadt dann seine Pokalheldin mit einem Vertrag für die nächste Saison ausstattet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren