Männerfußball-Profiteam kriegt Trainerin: Kein Werbegag

Helena Costa trainiert mit Clermont Foot als erste Frau einen französischen Männerfußball-Zweitligisten. Die Reaktionen darauf sind positiv.

Hier noch als Nationaltrainerin Katars an der Seitenlinie: Helena Costa Bild: Miguel Boavida / Lizenz: CC BY-SA 3.0 (vom Originalfoto auf das Format 2:1 zugeschnitten)

PARIS taz | Erstmals wird in Frankreich eine Frau männliche Berufsfußballer trainieren. Clermont Foot, ein Zweitligaverein aus Clermont-Ferrand, hat für die kommende Saison die 36-jährige Portugiesin Helena Costa als Trainerin angestellt.

Das Communiqué von Klubpräsident Claude Michy hat über Frankreich hinaus für Schlagzeilen gesorgt und wird in der männlich dominierten Sportwelt ausgiebig kommentiert. Doch Michy versichert den Skeptikern, es handle sich „nicht um einen Werbegag“. Er hat den bisherigen Trainer entlassen, Clermont liegt auf dem 14. Rang und braucht dringend neue Impulse und Ideen. Die soll und will jetzt Costa bringen.

Costa ist 1978 in Alhandra zur Welt gekommen, in einer Familie, in der sich, wie sie sagt, niemand für Fußball interessiert. Doch ihr bedeutet dieser Sport alles: „Ich will mein Leben dem Fußball widmen. Ob dies bei einer weiblichen oder männlichen Mannschaft ist, spielt keine Rolle.“

An Diplomen und praktischer Erfahrung mangelt es ihr nicht. Sie schloss ihr Studium in Sportmethodik an der Universität von Lissabon als Beste ihres Jahrgangs ab und war zwölf Jahre lang Trainerin der Junioren von Benfica Lissabon, assistierte ihrem Vorbild José Mourinho bei Chelsea, sichtete und rekrutierte portugiesische Spieler für Celtic Glasgow und wurde schließlich Trainerin des weiblichen Nationalteams von Katar und von Iran. Für den großen Auftritt vor den Medien aber muss sie sich noch wappnen; vor die internationale Presse will sie darum erst Mitte Juni treten.

Gezwitscher von Blatter

Vorerst aber wird sie mit Vorschusslorbeeren und Glückwünschen überschüttet. Als gute Nachricht bezeichnet Sepp Blatter Costas Nominierung. Der Fifa-Präsident gratulierte ihr per Twitter, und da er auch die unfairen Seiten des Sportmilieus kennt, wünscht er ihr „viel Glück mit Clermont Foot“.

Sportministerin Najat Vallaud-Belkacem, die in der Regierung zugleich auch für Frauenrechte und die Jugend zuständig ist, beglückwünschte die Verantwortlichen von Clermont. Die heutzutage noch mutige Anstellung von Costa belege, dass sie dort verstanden hätten, in Zukunft den Frauen im Berufsfußball mehr Platz einzuräumen. Die Französisch sprechende Portugiesin Costa ist vorerst eine Pionierin. Die Zeitung Libération erinnert daran, dass 1999 Carolina Morace den italienischen Drittligaklub Viterbe trainiert hatte, dort aber nach drei Spielen das Handtuch geworfen hatte.

In Frankreich halten sich die Kritiker vorerst bedeckt. Niemand zweifelt, dass es viele gibt, die nur darauf warten, bei der ersten Gelegenheit mit hämischen Macho-Sprüchen über Costa herzufallen. „Der französische Fußball war immer sehr sexistisch und frauenfeindlich“, warnt Maxime Marchon vom Magazin SoFoot. Er erinnert daran, dass noch kürzlich ein Berater des Klubpräsidenten von Olympique Lyonnais im Rundfunk zum Thema Frauen und Fußball meinte: „Ich diskutiere nicht mit Frauen über Fußball. Die sollen sich um die Pfannen kümmern, dann geht alles besser …“

Solche Machos will Costa in die Abseitsfalle laufen lassen. Das ist natürlich eine Frage des Erfolgs. „Wenn sie mangels Resultaten nach sechs Monaten kapituliert, werden die Sexisten triumphieren.“

Die Sache mit der Dusche

Jacques Salze, Abwehrspieler im Team von Clermont, sagt, er habe keine Vorurteile: „Der Trainer ist der Boss, ob das nun ein Mann oder eine Frau ist. Wir akzeptieren ihre Autorität. Wenn sie kompetent ist, was wir glauben, wird es keine Probleme geben.“ Sein Teamkollege Emmanuel Imorou ahnt, dass es für seine Trainerin nicht einfach sein wird, er befürchtet mehr Probleme seitens der Medien und des Publikums: „Sie wird der Kritik enorm ausgesetzt sein, sie muss sich sofort durchsetzen.“

Helena Costa kommt mit einem anderen Stil und der „akademischen“ Methode Portugals, wo Fußball als Wissenschaft an der Universität gelehrt wird. Emmanuel Imorou aber plagen derzeit andere Sorgen: „Was geschieht, wenn sie in die Umkleideräume kommt, und wir sind unter den Dusche?“

Nun ja, Helena Costa ist immerhin 36 und hat in ihrem Leben wahrscheinlich schon Schrecklicheres gesehen als eine Horde verschwitzter nackter Fußballer. Konkret wird sie sich einfach an dieselbe Regel halten wie umgekehrt männliche Trainer von Frauenteams und nicht unangemeldet hereinplatzen.

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