Trainer Wulff

■ Kicken und TV: Vor 25 Jahren startete die erste von nur drei deutschen Fußballserien

Seit Ende August läuft im ZDF „Is was, Trainer?“, eine sich jeder Humorkritik entziehende Comedy-Serie um den Fußball-Coach Hardy Fuchs. Deren Qualität ist so niederschmetternd, daß sich sogar Hauptdarsteller Klaus Wennemann nach der ersten Folge kleinlaut distanzierte: „Der Humor ist ein anderer als meiner.“

Positiv an dem Debakel ist nur, daß es ein seltsames Phänomen der deutschen TV-Geschichte in Erinnerung ruft: Über den populärsten Sport des 20. Jahrhunderts gibt es nicht einmal eine Handvoll Serien. Das ist erstaunlich, vor allem angesichts des in vielerlei Hinsicht symbiotischen Verhältnisses zwischen Fußball und Fernsehen (siehe Tagesthema, taz vom 21.10. 1997).

Vor „Is was, Trainer?“ gab es nur zwei Serien. Die eine, „Manni, der Libero“, lief Ende der 70er Jahre, und sogar einstige Fans des Hauptdarstellers, des damaligen Teenie-Stars Thommy Ohrner,erinnern sich daran mit Schaudern. Die andere allerdings, das wird im nachhinein immer deutlicher, ist ein Meilenstein der bundesdeutschen TV-Serien-Geschichte: „Fußballtrainer Wulff“, zwischen 1972 und 1973 freitags in den ARD-Regionalprogrammen. Vor fast genau 25 Jahren, am 27. Oktober 1972, wurde die 26teilige Serie zum ersten Mal ausgestrahlt.

Die Geschichten um den FC Neuenberg, einen in die Bundesliga aufgestiegenen Dorfclub, waren mit Hingabe geschrieben. Kein Wunder: Drehbuchautor Bruno Hampel, 1996 verstorben, galt als Fußballverrückter der besonderen Art. So war er sowohl beim FC Bayern als auch bei 1860 München Mitglied.

Den Titelhelden spielte der heute 71jährige Hertha-Fan Horst Niendorf, der als Synchronsprecher für Marlon Brando und Robert Mitchum bekannt wurde und zwischen 1981 und 1994 das Berliner Hansa-Theater leitete. Der bekannteste Darsteller war Michael Ande, später Assistent in „Der Alte“. Er mimte Heinz Kudrowski, einen Mittelfeldregisseur mit krimineller Vergangenheit.

„Fußballtrainer Wulff“ war manchmal seiner Zeit voraus. In „Eins zu Null für Eva“, als Wulff aushilfsweise eine Frauen-Elf trainierte, betrieb Hampel zum Beispiel charmante Propaganda für den Damenfußball – zu einer Zeit, als der als scharfe Waffe der Emanzipation galt. Und in der Folge „Shortys schnelle Pulle“ schnitt der Autor, 14 Jahre vor Toni Schumacher, das Thema Doping an. Allerdings gab es hier auch Momente, die jenseits von Gut und Böse waren. So hörten wir nicht nur Wulff klug über Doping dozieren, sondern wir sahen auch den aufgeputschten Linksaußen Herbert Falke (Michael Hinz), wie er urplötzlich den Ball in die Hand nahm und wie ein von der Tarantel gestochener Rugbyspieler übers Feld stürmte. Unfreiwillig komisch auch, daß viele Spieler Rat beim väterlichen Coach suchten, wenn sie ein privates Problem hatten.

Beim Serienpublikum war „Fußballtrainer Wulff“ beliebt: Gong-Leser wählten die Kicker aus Neuenberg bei einer Umfrage seinerzeit auf Platz sieben, während der „Tatort“ nur auf den zehnten Rang kam. Profispieler und -trainer indes meckerten, Gyula Lorant etwa, damals Coach in Offenbach, sprach von „schlechtem Kabarett“ – vor allem, weil Schauspieler kaum in der Lage sind, die Bewegungsabläufe eines Berufskickers zu imitieren. Dieses Problem – so offenkundig, daß es nicht der Rede wert ist – sahen Bruno Hampel und seine Mitstreiter mit der notwendigen Gelassenheit. Und genau die fehlt wahrscheinlich jenen TV-Machern, die seitdem über Fußballserien nachdenken.

Dürfen Wulff und seine Jungs deshalb noch mal ran? Beim zuständigen Werbefunk Saar kann man sich vorstellen, daß sie in einem der dritten Programme wiederauferstehen. Südwest 3 hat aber schon abgewunken. Und die notorischen Recycler der Privatsender haben die Serie noch nicht auf der Einkaufsliste. Fans müssen vorerst auf Flohmärkten stöbern. Dort findet man vielleicht „Fußballtrainer Wulff. Eine Mannschaft kämpft gegen den Abstieg“, erschienen im Jugendbuchverlag Schneider. René Martens