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Tour de FranceIm Schatten des Dominators

Während Favorit Christopher Froome allen davonfährt, hat sich einer bei der Tour de France auf Platz zwei vorgepirscht: der Niederländer Bauke Mollema.

Besser kann es kaum laufen: Bauke Mollema hat sich rangespirscht. Bild: reuters

RUHE taz | Niemand spricht von Bauke Mollema. Aber der Holländer hat sich mittlerweile auf Platz zwei bei der Tour de France gepirscht und könnte diese Position auch in Paris einnehmen. Spötter würden sagen: Das wird ein Leinders-Podium.

Der belgische Radsportarzt Geert Leinders leitete laut Aussagen holländischer Radprofis vor der Wahrheitskommission des Landes das Dopingprogramm des Rennstalls Rabobank. Er war dort bis 2009 beschäftigt und damit auch ein Jahr lang medizinischer Betreuer von Mollema. 2011 und 2012 war Leinders dann bei Sky tätig, dem Team des aktuellen Führenden Chris Froome.

Sky verlängerte in diesem Jahr den Vertrag mit Leinders aber nicht. Auch bei Team Belkin, dem Nachnachfolger von Rabobank, steht Leinders nicht mehr auf der Gehaltsliste. Es wäre auch nicht sonderlich imagefördernd. Belgischen Medien zufolge muss Leinders sogar mit strafrechtlichen Konsequenzen wegen seiner vormaligen mutmaßlichen Dopingtätigkeit bei Rabobank rechnen.

Anders als Froome muss sich Mollema nicht durch einen Shitstorm an Dopingverdächtigungen navigieren. Auch wenn der Träger des Gelben Trikots schon mal Unterstützung von unerwarteter Seite bekommt, etwa vom Autor David Walsh: „1999 wurde ich von den meisten belächelt und kritisiert, als ich auf Doping bei Lance Armstrong hinwies, jetzt gehöre ich wieder zu einer Minderheit, aber einer, die es für möglich hält, dass Froome sauber fährt.“ Mollema kann sein Rennen hingegen fast ohne Beachtung fahren.

Die Geschlagenen kontrollieren

Weder löchern ihn die Medien noch heftet sich die Konkurrenz an seine Fersen. „Es ist für uns bisher super gelaufen. Ich bin hierher gekommen, um zu sehen, wie weit ich im Klassement nach vorn kommen kann. Das ist jetzt weiter als erhofft“, sagte er.

Ob man ihn dabei unterschätzt, ist ihm sichtlich egal. Ihm kommt freilich entgegen, dass Sky-Kapitän Froome so dominant ist. Der Brite zermürbt die Konkurrenz – und Mollema kann in seinem Tempo hinterherfahren und die Geschlagenen kontrollieren.

„Das war sehr hart“, sagte er nach dem Aufstieg auf den Mont Ventoux, den er als Achter mit 1:46 Minuten auf Froome bewältigte. Er sagte aber auch: „Wenn man gut in Form ist, kann man das Leiden besser ertragen“. Gut in Form ist er. Und mit Blick auf Contador, der erst Froome zu folgen versuchte, dann aber doch 1:40 Minuten verlor, fügte er hinzu: „Ich musste Contador ziehen lassen. Ich wusste aber, dass er leiden musste ohne eine Gruppe um ihn herum.“

Contador liegt jetzt elf Sekunden hinter Mollema. Und es ist nicht sicher, ob der Spanier diesen Rückstand noch aufholen kann. Denn beim Zeitfahren erwies sich Mollema als etwas stärker als Contador. „Das war das beste Zeitfahren meines Lebens“, meinte Mollema nach der letzten Solofahrt. In den Bergen fahren beide auf gleichem Niveau. Der Holländer kam in Ax vor Contador an, auf dem Ventoux kurz nach ihm.

Verzweifelte Attacken

Er darf ohnehin unbesorgt sein, dass der Spanier sich ihn als Ziel aussucht. Ob er auf dem zweiten oder dritten Platz ankommt, ist Contador herzlich egal. Er wird eher noch versuchen, mit zunehmend verzweifelter werdenden Attacken Froome zu beunruhigen. Und im Schatten dieser Gefechte kann Mollema weiter sein Rennen fahren. „Uns kommt das entgegen. Wir müssen nicht aus der Deckung gehen“, kommentierte Mollemas Teamgefährte Laurens ten Dam, Fünftplatzierter mit nur 29 Sekunden Rückstand auf Contador, das Szenario.

Hinter Team Sky ist Team Belkin der bisherige Gewinner dieser Tour. Der Rennstall bekam seinen neuen Hauptsponsor erst eine Woche vor der Tour de France. Besser kann es kaum laufen. Chet Pipkin, Gründer des kalifornischen Elektronik-Unternehmens, das im Juni in den Radsport einstieg, wird sich allenfalls wünschen, dass Mollema spätestens auf den Champs Elysées die Tarnkappe ablegt.

Er hatte das „für uns bisher größte Marketingengagement unserer Firmengeschichte“ mit der Erwartung großer Bekanntheit verknüpft. „Die Verbindung unserer Marke mit diesem erfolgreichen, gut aufgebauten Team ermöglicht es uns, Millionen Menschen in der ganzen Welt zu erreichen und mit ihnen zu interagieren“, meinte er vor Tourstart. Ob Mollema sich auch noch darum kümmert?

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1 Kommentar

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  • HK
    Hans Klemm

    Als ich mir die Schluss-Kilometer der letzten Berg-Etappe zum "Mont Ventoux" der "Tour de France" im Fernsehen anschaute, glaubte ich, dass der schnaufende Froome mit seinen Spargelbeinchen sowie hin- und herschlappernden Ärmchen bald vom Rad fällt. Doch überraschend zog er (wie auch immer) seinen Turbo und sprintete mühelos davon, an einen früheren Fahrer erinnernd.....

     

    Das fragwürdige Wort "Doping", das mehrere Sportarten regelrecht zerstört hat, wird weiterhin solange über die verschiedenen Akteure schweben, bis die jeweils ertappten Sünder für immer(!) aus dem "Rennen genommen werden"! In ein paar Jahren werden wir Leser bestimmt erfahren, ob Froome 2013 tatsächlich "etwas genommen" hat....

     

    Das besonders das Radfahren in den Bergen eine Quälerei ist, wurde kürzlich auch u.a. von mir getestet. Zwischen den Berner und Wallisser Alpen begab ich mich vom Schweizer Ort Sion aus mit ca. 50 Begleitern bis nach Zermatt, wo uns am späteren Ziel das berühmte "Matterhorn" anlachten sollte. Trotz großer Hitze blieben wir zusammen. Ausreißversuche gab es deshalb nicht. Sogar bei den Verpflegungsstellen blieben wir vereint, auch meine Frau ließ überraschend nicht abreißen. Wir quälten uns die Berge hinauf und dachten natürlich dabei immer an die Berufsfahrer, die um die Ehre und ein paar "Kröten" bei der "Tour de France" fahren. Wir konnten es uns dagegen leisten, dabei auch hier und da mal die schöne Natur zu bewundern!

    Natürlich waren wir besonders alle total geschafft als uns am Ziel der riesige Gipfel des "Matterhorns" aus nächster Nähe entgegenstrahlte. Zuvor absolvierten wir allerdings kurz vor Zermatt wieder ein Härtetest als uns der "Tour-Leiter" zum Verlassen unseres Reisebusses aufforderte, um mit einem Sprint noch den zur Abfahrt bereitstehenden

    "Express" auf Schienen nach Zermatt erreichen zu können.....

     

    Dort angekommen, ging es im Sprinttempo zur gegenüber wartenden "Zahnradbahn", die uns nach ca. halbstündiger Fahrt "im geschlossenen Feld" endlich zum Gipfel führte.

    Nun wusste jeder von uns, was die tapferen

    Jungs bei der "Tour de France" leisten müssen und warum sich einige davon nur "im Notfall" von diversen Hilfsmitteln bedienen.......