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Toter Flüchtling Al-AzizSachsen bestreitet Verweigerung

Haben sächsische Behörden die Kostenübernahme für den an Epilepsie erkrankten Flüchtling verweigert? Das Sozialministerium weist dies zurück.

Der Tharandter Wald, Fundort der Leiche Foto: Sven Doering

Berlin taz | Das sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz bestreitet, dass das Sozialamt Pirna die Kostenübernahme für die Medikamente des an Epilepsie erkrankten Asylbewerbers Schabas Saleh Al-Aziz verweigert habe. „Im Gegenteil“, schreibt das Sozialministerium für Soziales und Verbraucherschutz in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der sächsischen Linken-Abgeordneten Juliane Nagel. „Die beantragten Kostenübernahmen wurden stets zeitnah, meist am nächsten Werktag, erteilt.“ Die Antwort liegt der taz vor.

Al-Aziz war bekannt geworden, weil er in einem Supermarkt im sächsischen Arnsdorf verprügelt und gefesselt worden war und wenige Tage vor dem Prozess gegen die Männer tot in einem Wald gefunden wurde. In seinem Umfeld wurde gemutmaßt, dass er im Wald einen epileptischen Anfall erlitten hat und daraufhin erfror. Dies vermuteten unter anderem eine betreuende Ärztin sowie ein Heimleiter. Die taz.am wochenende hatte den Fall im ausführlich recherchiert.

Eine Ärztin, die Schabas Saleh Al-Aziz damals behandelte, erinnert sich anders als die Behörden: Im Fall von Al-Aziz habe das Sozialamt Pirna in der Regel die Kostenübernahme für die Epilepsiemedikamente verweigert, sagte sie der taz. Die Folge war, dass er wiederholt mit epileptischen Anfällen in die Notaufnahme eines Freitaler Krankenhauses eingeliefert wurde.

„Was habe ich alles veranstaltet, um das Sozialamt Pirna zur Kostenübernahme zu bewegen“, sagte sie. „Nur unter großen Schwierigkeiten konnte ich das Sozialamt dazu bewegen. Ich musste Kosten-Nutzen-Rechnungen aufstellen.“

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5 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Jenseits der Grenzen von Kultur und Zivilisation passiert sowas.Ich plädiere für das Aufstellen von Schildern an den Grenzen: So ähnlich wie früher in Berlin: "Sie verlassen den zivilisatorischen Sektor".

  • Gem. § 323c Strafgesetzbuch

    “Unterlassene Hilfeleistung; Behinderung von hilfeleistenden Personen“

     

    (1) Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

     

    (2) Ebenso wird bestraft, wer in diesen Situationen eine Person behindert, die einem Dritten Hilfe leistet oder leisten will.

  • Ein Beispiel, wie einige Sozialbehörden mit Kranken Menschen umgehen.

     

    Der 48jährige Paul Metzen leidet an Herzerkrankungen und ist seit Jahren zu 100% schwerbehindert. Seine Erkrankungen und bereits zwei Herzinfarkte waren dem Jobcenter bekannt. Trotz Warnungen, auch leichte Arbeiten könnten für ihn lebensgefährlich sein, ließen seine Sachbearbeiterin des Jobcenter-Essen nicht davon abrücken, ihn zum Dienst antreten zu lassen. Gegenteilig zum Befund seines Hausarztes, befand ihn der ärztliche Dienst der Behörde bedingt arbeitstauglich, leichte bis mittelschwere Arbeiten wie Fegen und Unkrautzupfen seien zumutbar, entschieden die Ärzte .

     

    Vier Stunden täglich sollte der Essener versuchshalber als Hausmeister-Gehilfe arbeiten – Folge: Herzinfarkt Nummer Drei!

    http://www.hartziv.org/news/20130517-herzinfarkt-jobcenter-zwingt-hartz-iv-empfaenger-trotz-schwerbehinderung-zu-arbeit.html

  • Das wirdletztendlich die Aufklärung der Ermittlungsbehörden sein. Ein Anfangsverdacht ist gegeben. Hat die taz mal nachgrhakt, ob es bereits Ermittlungen gibt?

  • Bitte bleiben Sie dran, Frau Unsleber!

    Das ist ein sehr wichtiges Thema, es geht auch anderen Asylbewerbern so, z.B. auch Menschen mit Diabetes oder anderen chronischen Erkrankungen.