Todesurteile in Japan: Erschreckende Grausamkeit
Für die oft Jahre auf ihre Hinrichtung wartenden Häftlinge kommt die Vollstreckung ohne jede Vorwarnung. Auch die Haftbedingungen sind unmenschlich.
J apans Justizminister Yoshihisa Furukawa sollte sich schämen. Noch bevor er durch irgendeine andere Initiative aufgefallen wäre, verbindet der erst seit drei Monaten amtierende Minister und Absolvent der Eliteuniversität Tokio seinen Namen ohne Not mit der Hinrichtung von drei Menschen. Brav trug er vor, was seine Beamten ihm zuvor aufgeschrieben hatten: Die Todesstrafe sei gerechtfertigt, die Bestrafung angemessen, die Täter seien extrem grausam gewesen.
Letztere Aussage trifft jedoch genauso auf den japanischen Staat zu. Er mordet konsequent mit widerwärtiger Grausamkeit. Zuerst interniert er die zum Tode Verurteilten teils für Jahrzehnte in winzigen, dauerbeleuchteten Einzelzellen und verwehrt ihnen fast jeden Kontakt zu anderen Menschen außer den Wärtern. Die ganze Zeit über leben die Insassen der Todestrakte unter dem Damoklesschwert, dass schon am nächsten Morgen ihre letzten Stunden schlagen werden und sie ihre Henkersmahlzeit bestellen müssen.
Am schlimmsten ist es, wenn das Parlament nicht tagt und sich das Jahr dem Ende nähert. Dann ist die Wahrscheinlichkeit für eine Exekution zynischerweise am höchsten. Viele Befürworter der staatlichen Hinrichtungen argumentieren mit der abschreckenden Wirkung der Todesstrafe. Doch Japan verheimlicht die Orte und die Termine, damit erst gar keine öffentlichen Zweifel daran aufkommen. Kein Außenstehender durfte jemals eine Exekution beobachten.
Ein einziges Mal konnten Parlamentsabgeordnete eine Todeskammer in Augenschein nehmen. Bei einer Exekution drücken mehrere Wärter gleichzeitig einen Knopf, der eine Bodenklappe öffnet. Dann fällt der Verurteilte an seinem Strick in die Tiefe, dadurch bricht sein Genick. Doch nur einer der Knöpfe funktioniert, damit sich keiner der Wärter schuldig fühlen muss.
Wüssten die Japaner von all diesen Umständen, dann würde die Zustimmung zur Todesstrafe sofort dramatisch schrumpfen. Aber wie jeder gemeine Mörder will eben auch die japanische Regierung verbergen, dass sie ein Verbrechen begangen hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“