Tod einer maltesischen Journalistin: Mit außergewöhnlichem Mut
Daphne Caruana Galizia hat als Journalistin die Korruption auf Malta bekämpft. Am Montag starb sie bei einer Explosion in ihrem Auto.
Die US-Zeitung Politico bezeichnete sie als „one-woman WikiLeaks“ (Ein-Frau-WikiLeaks). Caruana Galizia enthüllte Vetternwirtschaft, von Banken unterstützte Geldwäsche und Verbindungen zwischen der maltesischen Online-Gaming-Branche und der Mafia. In den vergangenen zwei Jahren war ihre Arbeit vor allem auf die Auswertung der Panama-Papers-Dokumente auf Malta konzentriert.
In ihrem Blog Running Commentary schrieb Caruana Galizia kurze, bissige Kommentare und Berichte über maltesische Politiker*innen. Laut Politico hatte sie an guten Tagen 400.000 Leser*innen – eine sehr hohe Zahl, vergleicht man sie mit der maltesischen Bevölkerung von knapp 440.000. Ihren letzten Beitrag veröffentlichte die Journalistin am Montagnachmittag, kurz vor der Explosion ihres Autos.
Caruana Galizia brachte die Frau des Premierministers Joseph Muscat in Verbindung mit einer panamaischen Mantelfirma und möglichen Bestechungsgeldern. Nach ihren Veröffentlichungen forderten mehrere Abgeordnete den Rücktritt Muscats, der dann aber im Juni 2017 bei vorgezogenen Neuwahlen wiedergewählt wurde.
In einer Stellungnahme am Montag sagte Muscat, Caruana Galizias Tod sei ein „barbarischer Angriff auf die Pressefreiheit“. Er wolle Experten des FBI einfliegen, um die Polizei bei der Untersuchung des Falls zu unterstützen.
Kein Vertrauen in die Untersuchungsrichterin
„Malta hat eine Journalistin mit außergewöhnlichem Mut verloren, die in schwierigen Momenten ihre Argumente hervorgebracht hat, obwohl sie sich der Risiken bewusst war“, sagte der ehemalige maltesische Premier Lawrence Gonzi der Zeitung The Malta Independent bei einem Trauermarsch am Montagabend in Sliema.
Caruana Galizia hinterlässt drei Söhne und einen Ehemann. „Meine Mutter wurde getötet, weil sie wie viele starke Journalisten zwischen dem Gesetz und jenen, die es missbrauchen wollen, stand“, schrieb ihr Sohn Matthew Caruana Galizia am Dienstag auf Facebook. Sie sei allerdings auch deshalb ein Ziel geworden, weil sie „die einzige Person“ war, die für diese Werte einstand. „Das passiert, wenn staatliche Institutionen außer Gefecht gesetzt werden: die letzte Person, die übrig bleibt, ist oft ein Journalist.“ Matthew Caruana Galizia arbeitet selbst als Datenjournalist für das internationale Recherchenetzwerk ICIJ.
Laut dem britischen Guardian bat Daphne Caruana Galizias Familie darum, die zuständige Untersuchungsrichterin Consuelo Scerri Herrera zu ersetzen. Sie hätten „kein Vertrauen“ in Scerri Herrera, weil diese zuvor im Blog der Journalistin kritisiert worden war. Die Familie glaubt nicht, dass die Richterin die Untersuchung mit der nötigen „Ernsthaftigkeit und Unvoreingenommenheit“ durchführen kann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“