Tischtennis und Klimakrise: Geht in die Parks!
In der Hitze ist es in der Halle kaum auszuhalten. Warum nicht die Sommersaison draußen spielen und das Beste aus Indoor und Outdoor vereinen?
E igentlich wollte ich nicht übers Wetter schreiben. Allein, die Ereignisse überschlagen sich – selbst wenn dieser Sommer gefühlt einer ist wie damals in den 1980er Jahren. Verpisst, zu kühl, wechselhaft.
Und doch war es manchmal so heiß, dass in den Hallen, die die Welt bedeuten, der Schweiß nur so von der Decke tropfte. Beim Tischtennis machen sich hohe Luftfeuchtigkeit und Eigenschweiß besonders bemerkbar: Werden Schläger oder Ball nass, springt letzterer nicht mehr so, wie er soll, sondern klatscht sozusagen ab. Aufmerksame Schiedsrichtende erkennen das und lassen den Punkt wiederholen. Im Amateurbereich geschieht das aber nicht so oft.
Nun werden die Sommer immer heißer und draußen spielen ist wegen Wind und Regen noch keine Option. Eine Regelung, ab wann sozusagen hitzefrei ist, haben die jeweiligen Tischtennisverbände noch nicht gefunden.
Prominente Opfer waren Anfang des Sommers die Damen des ttc eastside Berlin, die beim Rückspiel um die Deutsche Meisterschaft beim Stand von 0:2 das klatschnasse Handtuch geworfen haben, weil es ihnen in der Halle des TTC Weinheim schlichtweg zu heiß geworden war. Der Protest hatte keine Chance: Weinheim wurde zum Meister erklärt.
Outdoor-Tischtennis boomt
Nun erfährt aber auch das Outdoor-Tischtennis einen Boom, schon seit Jahren. Es wird auf diesen berüchtigten Steinplatten gespielt, die mittlerweile überall herumstehen, das Material – Holz und Belag, also der Schläger – ist im Grunde eher zweitrangig, und manchmal wird entweder nach alter (2 Gewinnsätze bis 21) oder spezieller Zählweise gezählt. Manchmal wird das Clickball-Tischtennis genannt, manchmal Pingpong, oder es kursiert der Begriff „Umdi“ dafür, weil man hier einen Punkt „um die“ Angabe spielt, statt ihn per Los oder Ballversteckeraten zu bestimmen.
Frage ist: Kann man da nicht beides aufs Beste vereinen? Also eine Sommersaison starten, in der draußen gespielt wird?Interessanterweise ist es eher so, dass die Parkcommunitys inzwischen mehr in die Halle streben, um „seriöses“ Vereinstischtennis zu spielen. In Augsburg hat sich so eine Parkspielgemeinschaft auch für die Halle entschieden, der Verein heißt nach dem Ursprungsort „Arena Augsburg“ und startet irgendwo in den unteren Ligen.
Von den Parks in die Ligen
In Wien hat die Umdi-Gemeinde, die während Corona groß wurde und beim Katar-WM-Boykott mit einem Winterturnier für Aufsehen sorgte, inzwischen auch für die Halle gemeldet. Bei den Wiener Linien, der Sportabteilung der Öffi-Betriebe, gibt es schon länger einen Zulauf von Parkspielern. Vermutlich wird man in ein paar Jahren ähnlich wie im Fußball vom Straßenkicker dann vom Parkschläger reden, der es ganz nach oben geschafft hat.
Einmal habe ich in der Meisterschaft in der Halle gegen so einen spielen müssen. Er hatte sich im Fachgeschäft zum Schlägerkauf beraten lassen – er wollte eine Kelle, die genauso oder ähnlich beschaffen war wie die alte, mit der er im Park spielt. Problem: Die hatte keine ITTF-Kennzeichnung, war somit nicht spielberechtigt. Also bekam er jetzt zwei Anti-Beläge aufs Holz (Insider wissen, was das bedeutet); den Schläger hielt er auch weiterhin wie einen Tennisschläger (fürs Tischtennis also eigentlich komplett falsch). Er schlug mich klar in drei Sätzen.
Neben dem Wind und dem möglichen Regen und der nicht gerade griffigen Tischoberfläche – feinfühlige Schnittmeister haben es schwerer – und den wechselhaften Lichtverhältnissen spricht auch die stärkere Abnutzung des Materials gegen das Tischtennis draußen. Also, Hugo Calderano hätte einiges zu putzen, und zwar ständig; und doch müsste er vermutlich wöchentlich den Schläger wechseln, wegen Abnutzung.
Bei der ständigen Eventisierung von allem und jedem aber wäre das trotzdem eine schöne Idee: ein Grand Smash, der draußen stattfindet. Oder zumindest ein Eröffnungsspiel. In einer Arena. Wie im alten Rom.
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