Kräftemessen vor Amtsantritt: Tiktok nützt Trump
Tiktok stellt sich in den USA selbst ab. In der künftigen Debatte unter Trump dürfte das Argument der nationalen Sicherheit keine Rolle mehr spielen.
D ie Runde geht an Tiktok: Sein chinesischer Mutterkonzern ByteDance hat die Onlineplattform in den USA am Sonntag abgeschaltet – nach Ankündigung und in dem Bewusstsein, dass schon am Montag Trump die Regierungsgeschäfte übernimmt. Und dieser hat bereits angekündigt, von dem Gesetz, das Tiktok dazu zwingt, sein US-Geschäft entweder zu verkaufen oder einzustellen, Abstand zu nehmen.
Dass Trump sich zum Tiktok-Fan gewandelt hat, ist überhaupt nicht überraschend. Denn Tiktok passt wunderbar in den Instrumentenkasten des neuen US-Präsidenten: vor allem der aggressive Algorithmus, der Nutzer:innen mit aller Kraft in den Sog der Masse von ultrakurzen Videos zieht. Der ihnen sehr schnell polarisierende und extreme Inhalte vorsetzt, die Kategorien wie Wahrheit oder Lüge auflösen. Warum sollte Trump eine Plattform, die ihm so gut in den Kram passt, loswerden wollen?
Die Biden-Regierung hatte das Gesetz noch maßgeblich mit einer Gefahr der Plattform für die nationale Sicherheit begründet. Komplett von der Hand zu weisen ist das nicht. Auch wenn dabei nicht primär die Inhalte eine Rolle spielten, sondern die Frage, wie stark China ByteDance steuert. Doch für den Gesetzgebungsprozess werden wirtschaftliche Gründe mindestens ebenso maßgeblich gewesen sein: Tiktok ist im Vergleich zu US-Plattformen wie Instagram oder X einfach zu erfolgreich geworden.
Der wirtschaftliche Faktor könnte auch weiterhin eine Rolle spielen – das Sicherheitsargument ist dagegen offensichtlich obsolet. Denn um die nationale Sicherheit der USA zu gefährden, braucht Trump Tiktok nicht. Das schafft er schon sehr kompetent selbst.
An dem Argument der nationalen Sicherheit könnte sich aber eigentlich die EU ein Beispiel nehmen. Schließlich ist auch hier die ein oder andere Plattform aktiv, in der sich eine Gefahr für die Sicherheit der Mitgliedstaaten sehen ließe, zum Beispiel in Sachen Destabilisierung der Demokratie. Was X-Eigentümer und Trump-Buddy Elon Musk wohl dazu sagen würde?
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