Tiertransporte ins Ausland: Im Zweifel für den Qualtransport
Per Erlass wollte Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Rindertransporte nach Marokko verhindern. Vor Gericht ist sie zum dritten Mal gescheitert.
Seit Jahren sorgen die Transporte immer wieder für Schlagzeilen: Trächtige Kühe werden von Ostfriesland aus auf eine mehrtägige Reise geschickt, in LKWs zu den Verladehäfen am Mittelmeer gefahren, wo sie auf Frachter getrieben und in nordafrikanische Länder verschifft werden. Dort kommen sie mehr tot als lebendig an. Niedersachsen ist deshalb eine Drehscheibe für solche Transporte, weil die Milchviehhalter dort so ihre überzähligen Jungtiere loswerden. Auch andere Bundesländer wickeln ihre Transporte über Niedersachsen ab.
Im November hatte das Ministerium den Veterinärämtern einen Untersagungserlass zugestellt, mit dem die fragwürdigen Transporte für eine ganze Reihe von Zielländern unterbunden werden sollten. Auf der Liste: Ägypten, Algerien, Aserbaidschan, Irak, Iran, Jemen, Jordanien, Kasachstan, Kirgistan, Libanon, Libyen, Marokko, Syrien, Tadschikistan, Tunesien, Turkmenistan und Usbekistan.
Abstrakte und konkrete Gefährdung
Dagegen hatte ein Exporteur geklagt, der trächtige Rinder nach Marokko verschiffen wollte. Im Eilverfahren hatte er zunächst Recht bekommen. Das Verwaltungsgericht Osnabrück wies den Landkreis Emsland an, die Fahrtenbücher abzustempeln. Dagegen legte der Landkreis auf Weisung des Ministeriums Beschwerde ein. Doch auch diese wurde vom Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zurückgewiesen. Nun musste das Verwaltungsgericht Osnabrück noch einmal entscheiden, ob es ein Hauptsacheverfahren in der Sache zulässt.
Für den Rinderexporteur war die Sache eigentlich längst erledigt, die 105 trächtigen Rinder waren bereits nach Marokko transportiert worden. Das Ministerium wies den Landkreis Emsland jedoch an, auf einer weiteren gerichtlichen Klärung zu bestehen. Man erhoffte sich davon, dass – anders als im Eilverfahren – eine umfassende Beweiswürdigung stattfinden könnte. Doch darauf mochte sich das Verwaltungsgericht Osnabrück nicht einlassen. Wie schon im Eilverfahren verwies es erneut darauf, dass die Transportgegner eine hinreichend konkrete Gefährdung des Tierwohls nicht nachgewiesen hatten.
Das Ministerium hatte vor allem damit argumentiert, dass die Tiere im Bestimmungsland früher oder später betäubungslos geschächtet werden würden. Dies sei in allen betroffenen Ländern die übliche Schlachtmethode. Das reichte dem Gericht nicht. Um diesen konkreten Transport zu verbieten, hätte auch in diesem konkreten Fall eine Gefährdung des Tierschutzes nachgewiesen werden müssen – der bloße Hinweis darauf, dass die Tiere irgendwann geschlachtet würden, reiche nicht aus. Immerhin handele es sich bei dem Empfänger um ein großes Molkereiunternehmen, das durchaus ein Interesse an lebenden Tieren habe.
Im Regierungsalltag angekommen
Möglicherweise könnte eine solch abstrakte Gefährdung zwar eine Verbotsverfügung nach dem Tierschutzgesetz tragen – aber dafür, so das Gericht, sei nicht der Landkreis Emsland mit seinen Veterinären oder das niedersächsische Landwirtschaftsministerium zuständig, sondern eben das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.
Mit anderen Worten: Die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Grüne) müsste nun eben mal zusehen, dass ihr Parteifreund und Kollege Cem Özdemir (Grüne) in die Hufe kommt. Das, heißt es in einer ersten Stellungnahme des Ministerium, wolle man auch weiterhin tun: „Diesbezüglich werden wir kontinuierlich auf den Bund einwirken. Im Bundesrat setzt sich Niedersachsen aktuell dafür ein, dass Brüssel aufgefordert wird, die Vorgaben der EU-Tierschutztransportverordnung zu verschärfen.“
Staudte hatte ihrer Vorgängerin Barbara Otte-Kinast (CDU) noch stets vorgeworfen, immer mit dem Finger auf den Bund und die EU zu zeigen und die eigenen Möglichkeiten nicht auszuschöpfen. Aber da war sie noch agrarpolitische Sprecherin der Opposition. Nun ist sie im bitteren Regierungsalltag angekommen.Tierschutzorganisationen wie „Vier Pfoten“ oder „Pro Vieh“ weisen schon lange darauf hin, dass man sich von der EU-Tierschutztransportverordnung auch nicht zu viel versprechen sollte. Sie kritisieren, dass die Transporte kaum wirksam kontrolliert werden.
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