piwik no script img

Thügida-Aufmarsch in JenaProtest gegen rechten Fackelzug

Am Jahrestag der Pogromnacht marschieren Rechtsextreme in Jena auf. Ihnen stellen sich zahlreiche Menschen entgegen. Es kommt zu Zusammenstößen.

Rund 1.500 Menschen demonstrierten gegen den Thügida-Fackelzug Foto: dpa

Jena dpa | Bei Demonstrationen gegen einen Aufmarsch von etwa 60 Rechtsextremen in Jena am Jahrestag der Pogromnacht von 1938 sind mindestens drei Polizisten verletzt worden.

Ein Beamter sei am Mittwochabend von Gegendemonstranten mit einer Holzlatte angegriffen und mit Schlägen und Tritten traktiert worden, teilte die Polizei mit. Mehr als fünf Teilnehmer beider Seiten wurden vorläufig festgenommen. Genaue Angaben gab es zunächst nicht. Die Einsatzkräfte sprachen von massiver Gewalt gegen die Beamten. Größere Ausschreitungen blieben anders als bei Kundgebungen in den vergangenen Monaten aber aus.

Laut Polizei gingen mehr als 1.500 Menschen gegen den Aufmarsch des rechten Thügida-Bündnisses auf die Straße. Einige von ihnen versuchten zu Beginn eine Absperrung der Polizei zu durchbrechen. Die Beamten setzen nach eigenen Angaben Pfefferspray ein und drängten die Teilnehmer zurück. Ein Polizist sei dabei leicht verletzt worden.

500 Menschen bildeten abseits der Kundgebung an der evangelischen Stadtkirche laut den Organisatoren eine Lichterkette. Ein Aufeinandertreffen beider Seiten konnte verhindert werden.

Während des Zugs durch die Stadt versuchten Gegendemonstranten, mit einem Wasserschlauch und Wasserbomben die Fackeln zu löschen. Auf einem Transparent war zu lesen: „Auch mit Fackeln seid Ihr keine Leuchten.“ Anwohner stellten Teelichter auf. Andere beschallten die rechten Anhänger mit lautstarker Musik und Schlägen auf Töpfen. Über die Fahrbahn spannten sie ein Transparent, auf dem Stand „Tolles Gefühl – Laufen für Asyl“. Dies rissen Anhänger von Thügida wenig später ab.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Zweiter Teil:

    -Im Gegensatz zu dem was Herr Brumlik (http://taz.de/Kolumne-Gott-und-die-Welt/!5349956/) mal von sich gegeben hat, hat die Politik sehr wohl auf die Provokation reagiert. Die Stadtverwaltung ist nur auch in der 2. Instanz gescheitert, die rechte Demo vom 9.11. weg zu verlegen. Der Stadtrat hat einstimmig (d.H. mit den Bürgerlichen), die Jenaer aufgefordert, sich den Tag von den Nazis nicht nehmen zu lassen (https://sessionnet.jena.de/sessionnet/buergerinfo/getfile.php?id=68290&type=do&). Es gab weitere Aufrufe bis tief in die „Mitte“ der Gesellschaft hinein incl. Fussballklub und Wirtschaft, sich an den Protesten zu beteiligen.

    Warum schreibe ich das alles? Weil solche Artikel wie in der taz, aber eben auch sonst in der überregionalen Presse, das Klischee bedienen, da haben sich eben mal wieder die Rechten und die Linken gekloppt. Ein eingefahrene Schiene, die auch die AfD in Thüringen im Vorfeld schon bediente. Dass eine breite Zivilgesellschaft in Jena m.E. das richtige Maß an Gedenken und Protest gefunden hat, fällt da wieder einmal runter. Wenn die taz da nicht mal nachfragen kann (zwei Tage vorher schwärmt sie noch von den Vätern Jenas), sollte sie vielleicht ganz auf die Meldung verzichten.

  • 1. Teil: Dieser Bericht in der taz ist ziemlich ärgerlich, reine Übernahme einer dpa-Meldung, die selbst wiederum überwiegend beim Polizeibericht abschreibt. Deswegen ein paar Ergänzungen:

    -Jena gedenkt jedes Jahr am 9.11. seiner ermordeten und deportierten jüdischen Bürgerinnen und Bürger. Dieses Jahr haben sich gut tausend Menschen auf dem Marktplatz versammelt, als die Namen der ermordeten Jenaer Juden verlesen wurden, und sind dann gemeinsam in einem stillen Zug zum Westbahnhof gezogen, wo immer das städtische Gedenken stattfindet und der Rabbiner das Totengebet spricht.

    -Es gab am 8. und 9.11. eine Vielzahl an datumsbezogenen Gedenk- und Kulturveranstaltungen, die von Kulturvereine, zivilgesellschaftliche Initiativen wie der AK „Sprechende Vergangenheit“ und die Stadt selbst verantwortetet wurden (http://www.thueraz.de/uploads/media/Broschuere_9.11.pdf).

    -Im Damenviertel war es wie beschrieben laut und viele Menschen gegen die Nazis unterwegs. Dabei gab es aber nicht Zusammenstöße, sondern einen (!) Zwischenfall , als ca. 200 Antifas eine Polizeisperre zu durchbrechen suchten und zeitgleich auf einem benachbarten Haus Bengalos gezündet wurden. Eine bescheuerte Aktion, richtig, aber alle anderen waren friedlich.

    -Wenn man von dem heruntergerissen Transparent (eines von vielen die hingen) schreibt, hätte man hinweisen können, dass dies auf einen Spendenlauf „Nazis pro Asyl“ verweist – angelehnt an das Wunsiedeler Vorbild und organisert von den Einwohnern des Viertels selbst. Innerhalb weniger Tage sind 6000,-€ zusammengekommen (30,- je erwarteten Nazi), die jetzt an drei Flüchtlingsinitiativen gehen (https://www.facebook.com/GehtDochJena/).

  • Ein Fackelmarsch von Nazis anlässlich des Jahrestages der Reichspogromnacht???

     

    Wer hat DAS bitte genehmigt? Geht´s noch? Ich dachte, NS-Verherrlichung wäre in diesem Land verboten?