Thom Feeney über Geld für Griechenland: „Viele dachten, das sei ein Witz“
Thom Feeney will die griechische Wirtschaft sanieren. Mit reichlich Crowdfunding und ganz viel Spaß. Insbesondere Deutsche wollen helfen, sagt er.
taz: Herr Feeney, in ihrer Karriere arbeiteten sie lange im Marketing für Theatergruppen. Da gibt es keinen direkten Zusammenhang mit der Finanzkriese Griechenlands.
Thom Feeney: Das Internet bietet heute großes Potenzial, um so etwas zu machen. In der Theaterwelt brauchen die Leute immer zusätzliches Geld, somit hilft es, wenn man auf solche Erfahrungen zurückgreifen kann.
Sie haben sogar auf der Straße für verschiedene Theater um Publikum geworben?
Das ist richtig. Ich arbeitete oft auf dem Kunst- und Theaterfest der Edinburgh Fringe. Ich verteilte unter anderem Flugblätter für Shows und versuchte auch gleich, die Karten dafür zu verkaufen. Es hilft, wenn man seine Verkaufsstrategie auf die zehn Sekunden minimieren muss, in denen man die Aufmerksamkeit anderer auf den geschäftigen Straßen Edinburghs hat. Das nützt einem dann auch in anderen Situationen.
Und ein Beispiel dessen sind die zwei kleinen Paragraphen am Anfang des Textes für die Crowdfunding-Kampagne, wo Sie mit den Worten beginnen: „Lasst uns Griechenland in Ordnung bringen.“ Wie man sich auf so einer Plattform ausdrückt, scheint wohl ebenso wichtig zu sein, wie ihre zehn Sekunden auf der Straße?
Ja, am Anfang glaubten viele, dass es sich bei dem Crowdfunding für Griechenland um einen Witz handelte. Aber so eine Sache muss man mit einer gewissen Leichtigkeit angehen, um Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Sie meinen als Gegenleistungen eine Postkarte aus Griechenland oder eine Flasche Wein für gespendete Summen in verschiedener Höhe anzubieten?
Ja, zum Beispiel. Wenn die Kampagne langweilig gewesen wäre, wäre das Interesse an ihr sicher nicht so groß. Tatsache bei dieser Initiative ist, dass sie mit einem spaßigen Weg verbunden ist, sich für eine Sache zu engagieren, die jedoch einen ernsten Hintergrund hat. In Griechenland kämpfen ganz normale Menschen um ihre Existenz.
29, wurde im nordenglischen York geboren und lebt in London. Nach seinem Studium in Lancaster arbeitete er im Marketing und Verkauf. Feeney mag die Macht der sozialen Medien und starken Yorkshire Tea.
Wo kommen die Leute her, die bei der Spendenaktion mitmachen?
Die Leute kommen aus ganz Europa. Insbesondere Deutsche wollen helfen.
Sie sind in Yorkshire aufgewachsen, einer Gegend, die als das Armenhaus Englands gilt, mit den Erfahrungen der niedergeschlagenen Streiks der Bergwerks- und Grubenarbeiter in der vorherigen Generation. Spielte das eine Rolle in ihrer eigenen Identifizierung mit den Griechen?
Die Bevölkerung von Yorkshire wurde von der britischen Regierung schlecht behandelt, vor allen in den achtziger Jahren, und das hat man dort bis heute nicht vergessen. Ich glaube, das ist auch der Fall mit den Griechen, die von der europäischen Regierung vergessen wurden. Arbeiter und Arbeitslose leiden am meisten, das war in Yorkshire genau so.
Crowdfunding, um ein Land zu retten, mag man als libertäres Wirtschaftsmodell oder als menschennahe, fast autonome ‚Back to the People‘ Bewegung sehen. Wie würden sie es einreihen?
Meiner Meinung nach ist es ein „By the People and for the People Modell“. Es besagt, dass es, egal was Politiker machen, Menschen in ganz Europa gibt, die sich für andere einsetzten – in diesem Fall für Griechenland.
Sollten sie die 1,6 Milliarden nicht erreichen, werden Sie die Spenden an alle Geber zurückerstatten. Warum haben Sie sich dafür entschieden und spenden nicht die eingeholte Summe, egal wie hoch, an Griechenland?
Um ganz ehrlich zu sein, als ich die Kampagne begann, habe ich das nicht als Problem bedacht. Das mag jetzt wie eine verlorene Chance dastehen, aber die rechtlichen Regeln der Indiegogo-Kampagnen setzen fest, dass man die am Anfang festgelegte Strategie später nicht abändern darf. Es wäre jedoch toll, wenn die Leute, die sich bereit erklären, dieser Kampagne beizustehen, auch dann helfen würden, wenn wir die angestrebte Zielsumme nicht erreichen. Ich hoffe, dass wir auf alle Fälle das Bewusstsein zur Krise gewöhnlicher Menschen in Griechenland geweckt haben.
Glauben Sie denn, dass Sie die 1,6 Milliarden Hürde erreichen werden?
Das würde ich sehr gerne miterleben. An einem Zeitpunkt der Kampagne kam das Geld so schnell auf das Spendenkonto, dass mir Leute auf Twitter mitteilten, dass wir unser Ziel an einem halben Tag erreichen könnten. Leider gibt es auch Zeiten, in denen nicht so viele Menschen spenden.
Ihre Kampagne ist ein kleiner Meilenstein in der Geschichte der digitalen Welt und zeigt einen Weg auf, wie man Wirtschaftskrisen lösen könnte. Karrieremäßig machen Sie derzeit aber etwas anderes?
Ja, es ist alles ein bisschen verrückt. Ich habe gerade einen neuen Job als Manager einer lokalen Gemeinschaft angefangen, die vermietbare Büroräumen weltweit anbietet. Aber was diese Kampagne betrifft möchte ich betonen, dass Menschen nicht aufgeben sollen, wenn sie versuchen, etwas zu ändern. Statt sich zu fragen, wie sie das Problem alleine lösen können, müssen sie darauf zugehen und es einfach versuchen. Das muss nicht durch Crowdfunding passieren, man kann auch einfach mal kurz den Nachbarn helfen!
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