Theatertipps der Woche: Heldinnen der Geschichte
Cathy Berberian lebt im TD auf, der Mythos Kassandra in der Volksbühne. Natasha A. Kelly spricht im HAU über Antworten auf strukturellen Rassismus.
F ür die Sängerin Cathy Berberian haben Komponisten wie John Cage, Igor Strawinsky, Hans Werner Henze, Henri Pousseur, Luigi Nono, Darius Milhaud oder Luciano Berio (mit dem sie auch einige Jahre verheiratet war) Musik geschrieben. Aber sie hat auch selbst komponiert. Berühmt war sie außerdem für ihre Interpretation barocker Musik, von Claudio Monteverdi.
Doch auch vor den Beatles machte ihre künstlerische Neugier nicht halt. Die 1925 geborene und 1983 gestorbene Ausnahmekünstlerin ist heute so gut wie vergessen. Die Musikgeschichte erinnert sich noch immer lieber an männliche Genies.
Dem möchte das „posthume Empowermentprojekt“ der Gruppe „picnic“ entgegentreten. Picnic hat sich mitten in der Coronakrise gegründet. Jetzt kann man sie in einem Stream des TD Berlin kennenlernen. Und Cathy Berberian. „A Few Words For A Woman To Sing“ ist als Mix aus Schauspiel, Gesang, Video und Dokumentation überschrieben, der Reales und Reflektiertes ebenso sampelt wie Fragen und Fantatasien (Premiere am 7. 5., 21 Uhr; weitere Vorstellungen im Stream: 8. 5., 21 Uhr + 9. 5., 18 Uhr).
Kassandra zwischen Homer und ABBA
Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.
Auch in der Volksbühne widmet man sich Heldinnen der Geschichte – aber solchen, die den Rang des Mythos bekleiden: Die Seherin Kassandra zum Beispiel, der keiner glauben wollte, als sie Trojas Untergang voraussagte. „Sorry Kassandra (I missunderstood)“ heißt ein Abend von Stefan Pucher, der aus der Not, dass die Produktion nicht live herauskommen konnte, eine Tugend bzw. ein hybrides Digitalprojekt zwischen Homer und ABBA gemacht hat (Aufführung am 6. 5., 20 Uhr).
Am 8.5. streamt die Volksbühne außerdem noch einmal Pınar Karabuluts starke Eugene-O’Neill-Inszenierung: „Mourning Becomes Elektra / Trauer muss Elektra tragen“ (Infos: www.volksbuehne.berlin/de).
Natasha A. Kelly zu strukturellem Rassismus
Im digitalen HAU stellt die Theatermacherin und Soziologin Natasha A. Kelly am 7.5. um 20 Uhr ihr Buch „Rassismus. Strukturelle Probleme brauchen strukturelle Lösungen“ vor – eine gute Gelegenheit, die Frau kennenzulernen, die in Düsseldorf gerade für ein eigenes Theater für Afrodeutsche kämpft (kostenloser Stream: www.hebbel-am-ufer.de/programm/hau4).
Die tollste Verfilmung eines Theaterstücks ist aktuell übrigens auf Netflix zu sehen: „Ma Rainey's Black Bottom“ von George C. Wolfe nach dem Theaterstück von August Williams. Es ist auch der letzte Film des im Winter viel zu früh gestorbenen Chadwick Boseman, der einem hier das Blut in den Adern gefrieren lässt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!