Theater der Woche: Bildmächtig verschworen
Claudia Bauer inszeniert die „Metamorphosen“. Roboter hacken die Binarität und „This Is Not A Game“ zeigt, dass mit QAnon nicht zu spaßen ist.
D ie Frage, ob die Welt noch zu retten ist, ist nicht neu. Trotzdem stellt sie sich beinahe täglich. Selbst wenn die Welt umständehalber zurzeit nur durch den Bildschirm unseres Rechners in unsere vier Wände dringt, wo wir des Endes der Pandemie oder der Impfung harren. Tatsächlich steht diese Frage schon am Beginn der westlichen Zivilisation. Im alten Rom lebte der Dichter Ovid, der in seinen „Metamorphosen“ schon vor ungefähr 2020 Jahren beschrieb, wie sich alles immer wandelt, wie eins aus dem anderen entsteht und so selbst Untergänge zu Neuanfängen werden. Es gibt also Hoffnung, und zwar immer schon.
In der Volksbühne hat sich Claudia Bauer das Megawerk vorgenommen, das neben der Bibel als so etwas wie der Urtext der abendländischen Kultur gilt. Bauer, bekannt für bildmächtige Abende auf großer Bühne, große Bögen und letzte Fragen bringt ihre Inszenierung nun online zur Premiere. (Volksbühne: „Metamorphosen [overcoming mankind]“ nach Ovid & Kompliz*innen. Online-Premiere, 12.2., 19 Uhr. Verfügbar für 24 Stunden. Tickets: dringeblieben.de).
Roboter & Mindfuck-Spiel
Auch in der Schaubude heißt es: Jede Gegenwart war mal eine mögliche Zukunft. In allem Jetzt steckt immer schon das, was wird. Auch Technologie bedeutete einmal Hoffnung. Vor 100 Jahren, als der Begriff „Roboter“ entstand und Freiheit von körperlicher Arbeit versprach. Das Kollektiv „Manufaktor“ nimmt sich nun in seiner neuen Arbeit „1/0/1 robots – hacking the binary code“ im Livestream die Frage vor, ob Technologie ohne Unterwerfung, Unterbezahlung, Überheblichkeit und Überwachung doch noch möglich ist. Und zwar mit Hilfe einer balancierenden Utopie-Maschine. Motto: „Queer feminist robotopia is currently loading.“ (12.+13.2., 20 Uhr, 14.2. 19 Uhr. Infos und Tickets: schaubude.berlin).
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Wer moderne Verschwörungstheorien wie QAnon verstehen will, die an satanistische Eliten und einen „Deep State“ glauben, dem sei das Videoessay des Medienkünstlers Arne Vogelgesang ans Herz gelegt: „This Is Not A Game. Die kurze Geschichte von QAnon als Mindfuck-Spiel“. Am Beispiel von QAnon werden Aspekte von Fiktionalisierung und Fragmentierung politischer Wirklichkeiten durch netzbasierte Kulturtechniken aufgezeigt, deren Beispiele Vogelsang aus den Tiefen des Internets ans Licht befördert. Vom 8.2., 18 Uhr bis 11.2. 24 Uhr streamt das Theaterportal www.nachtkritik.de diese Arbeit, die zuerst im Dezember 2020 bei Chaos Remote Experience, der digitalen Ersatzveranstaltung für den Chaos Computer Club-Congress gelaufen ist.
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