Textilwirtschaft in Bangladesch: Boss und Vaude wollen mehr
Der Mindestlohn in Bangladesch wurde angehoben. Hiesigen Textilhändlern reicht das nicht. Auch vor Ort halten die Proteste an.
Die staatliche Mindestlohn-Kommission in Bangladesch hat kürzlich verkündet, die Untergrenze werde von 8.000 Taka (66 Euro) monatlich auf 12.500 Taka (104 Euro) steigen. Gewerkschaften der Textilbeschäftigten in dem asiatischen Land, das einen guten Teil der hier verkauften Kleidung herstellt, verlangen dagegen 23.000 Taka (191 Euro).
In einem Brief an die Regierung von Bangladesch und den dortigen Arbeitgeberverband der Textilindustrie plädieren weitere deutsche Unternehmen für eine bessere Bezahlung der Arbeiter:innen in den von ihnen beauftragten Zulieferfabriken. Unter anderem Boss, KiK und Vaude weisen darauf hin, dass 23.000 Taka pro Monat nötig seien, um über die Armutsgrenze zu kommen.
Die Stimmung in Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch, ist weiter angespannt. Auch während der Schnäppchenwoche Black Week kam es zu Protesten. Zudem jährte sich am vergangenen Freitag der Brand bei Tazreen Fashions, bei dem 2012 mindestens 112 Menschen starben. Näher:innen machten in den vergangenen Tagen auf geschlechtsspezifische Gewalt aufmerksam.
Mindestlohn stieg zuletzt 2018
Bangladesch steht wenige Wochen vor den Parlamentswahlen, die ohnehin unruhige Zeiten versprechen. Zwar laufen die Textilfabriken nach heftigen Protesten mit mindestens vier Toten wieder. Doch der Unmut über den neuen Mindestlohn, der ab Dezember gilt, bleibt. Die Proteste begannen im Oktober, als der Verband der Textilhersteller vorschlug, den Mindestlohn nur geringfügig zu erhöhen. Seit 2018 war er nicht mehr gestiegen.
Die Fronten sind verhärtet, wie die Inhaftierung des Gewerkschaftsführers Babul Hossain von der Bangladesh Garment Workers Solidarity zeigt. Hossain rief Kolleg:innen auf, auf eine bessere Arbeitsgesetzgebung und einen höheren Mindestlohn zu dringen. Seine Kollegin Taslima Akter glaubt, er wurde verhaftet, um die Bewegung zu stoppen. Premierministerin Sheikh Hasina kündigte am Sonntag ein hartes Vorgehen gegen Brandstifter an, um Leben und Eigentum zu schützen.
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