Teure Unterbringung Bedürftiger: Eigener Wohnraum ist günstiger
Eine eigene Wohnung ist die günstigste Variante, hilfsbedürftige Menschen unterzubringen. Linke fordert mehr Wohnungen im geschützten Marktsegment.
So gilt etwa für die Unterbringung zwangsgeräumter Menschen ein Tagessatz von 27,25 Euro – das sind 820 Euro pro Monat. Dagegen sind die Kosten für eine Wohnungsmiete nur etwa halb so hoch: Laut den Ausführungsvorschriften (AV) Wohnen beträgt der Richtwert für die Mietkostenübernahme etwa für Arbeitssuchende oder Sozialhilfeempfänger:innen 426 Euro für einen Einpersonenhaushalt, zuzüglich der Heizkosten.
„Die Kosten für eine behördliche Unterbringung nach einer Zwangsräumung sind deutlich höher, als sicherzustellen, dass Mieter*innen ihre Wohnung nicht mehr verlieren“, so der mietenpolitische Sprecher Niklas Schenker zur taz. Er kritisiert, dass der Senat den während der Coronapandemie eingeführten Kündigungsstopp bei landeseigenen Wohnungsgesellschaften, der vergangenen November aufgrund der Energiekrise verlängert worden war, zum Jahresende auslaufen lassen will.
Noch größer ist die Diskrepanz bei der Unterbringung von Geflüchteten durch Leistungen wie Sozial- und Sicherheitsdienste: Je nach Unterbringungsart werden pro Person bis zu 48,50 Euro am Tag fällig – 1.455 Euro monatlich. Zum Vergleich: Ähnlich viel Geld sind nach der AV Wohnen als Mietkosten für 8-Personen-Haushalte vorgesehen, nebst 20-prozentigem Härtefallaufschlag.
Laut Katina Schubert, Sprecherin für Soziales, zeigt dies, „dass Wohnen nicht nur mehr Selbstbestimmung verspricht, sondern auch deutlich günstiger ist als behördliche Unterbringungen“. Sie fordert eine „deutliche Ausweitung“ des geschützten Marktsegments, also jener Wohnungen, die Menschen zur Verfügung gestellt werden, die auf dem Wohnungsmarkt keine Chance haben – etwa Personen mit hohen Mietschulden oder kürzlich aus der Haft Entlassene.
Mehr Angebot als Ziel
Mit den Wohnungsunternehmen, vor allem den landeseigenen, sind dafür feste Quoten vereinbart. Bislang sollen diese 1.372 Wohnungen jährlich zur Verfügung stellen, was zu etwa 90 Prozent gelingt. Das Ziel, das geschützte Marktsegment auf 2.500 Wohnungen pro Jahr auszuweiten, wird seit Jahren verfehlt – und nun auch von Schwarz-Rot angepeilt.
Laut der Senatsantwort kommt dabei privaten Vermietern eine „große Bedeutung“ zu. Durch Anreize wie der Möglichkeit, die Wohnungen 20 Prozent über dem Kostensatz der AV Wohnen zu vermieten und der Zusicherung, für mögliche Schäden aufzukommen, sollen diese ihr – bislang minimales Angebot – aufstocken.
Schubert fordert darüber hinaus die Ausweitung des Programms Wohnen für Flüchtlinge, über das im vergangenen Jahr 1.200 Menschen eine Wohnung fanden. Ein Ansatzpunkt: ein Modellprojekt des Senats mit der Gesobau und der Caritas in Marzahn-Hellersdorf, das Geflüchtete von der Besichtigung bis zur eigenen Wohnung unterstützt. Im vergangenen Jahr fanden hierdurch mehr als 250 Menschen eine eigene Wohnung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sturz des Assad-Regimes
Freut euch über Syrien!
Krieg in Nahost
Israels Dilemma nach Assads Sturz
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Weihnachten und Einsamkeit
Die neue Volkskrankheit
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Missbrauch in der Antifa
„Wie alt warst du, als er dich angefasst hat?“