piwik no script img

Teure MüllentsorgungWer vermüllt, soll zahlen

Das Umweltministerium will Hersteller von Einwegplastik an den Kosten der Abfallentsorgung beteiligen. Die Gesetzesvorlage soll im Herbst vorliegen.

Erst am Straßenrand, dann im Fluss, dann im Meer. Plastiktüte vor der Küste Ägyptens treibend Foto: dpa

Bundesumweltministerin Steffi Lemke will die Hersteller von Einwegplastik bald an den Kosten zur Beseitigung entsprechender Abfälle aus Parks und Straßen beteiligen. Sie bereite einen Gesetzentwurf vor, sagte Lemke der Deutschen Presse-Agentur. Mit den Verboten für einige Plastikprodukte habe Deutschland erste wichtige Schritte getan. „Ich will noch weitergehen“, betonte die Grünen-Politikerin.

Konkret geht es um die Einrichtung eines Fonds für Einwegplastik (Einwegkunststofffonds), in den die Hersteller einzahlen sollen. Geplant sei eine „Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion“, heißt es im entsprechenden Referentenentwurf, der sich in der Abstimmung zwischen den Ministerien befindet. Er soll laut Umweltministerium noch im Herbst im Bundeskabinett beschlossen werden. Hintergrund des Vorhabens ist die EU-Einwegkunststoffrichtlinie, nach der die Mitgliedstaaten die Verantwortung der Hersteller national umzusetzen haben. Diese betrifft etwa Mitnehmbehälter, Tüten- und Folienverpackungen, Getränkebecher und -behälter, leichte Tragetaschen, Feuchttücher, Luftballons oder Tabakfilter.

Die genaue Art und Höhe der geplanten Abgabe steht laut Umweltministerium noch nicht fest. Dass die Umsetzung so lange dauert, liegt nach Angaben von Lemkes Ministerium an Studien, die die Umsetzung betreffen. Lemke hatte am Samstag am sogenannten World Clean Up Day („Weltaufräumtag“) verkündet, dass die Vermüllung der Umwelt ein Ende haben müsse. „Achtlos weggeworfenes Einwegplastik ist nicht nur ein großes Ärgernis, sondern die Verschmutzungskrise gehört zu den größten Umweltproblemen unserer Zeit“, erklärte sie. „Nicht Wegwerfplastik, sondern Mehrweg soll der neue Standard werden.“ Ab 2023 müssen Restaurants, Bistros und Cafés Getränke und Speisen für unterwegs auch in Mehrwegbehältern anbieten. Lemke sagte, sie könne sich auch die Einführung einer Mindestquote für Mehrwegflaschen vorstellen. Das schwäbische Tübingen hatte in den vergangenen Jahren im Alleingang versucht, die Hersteller und Restaurants an den Kosten der Plastikmüllbeseitigung zu beteiligen, war aber nach langen Prozessen am Ende vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim gescheitert. (dpa, taz)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • Die Lenkungsfunktion wäre sofort da wenn jedes Produkt mit Einwegverpackung das Doppelte des eigentlichen Preises kostet, jedoch mind. 10 Euro (oder von mir aus auch 100 Euro). Ich denke, das würde der Einwegverpackung schnell den Garaus machen.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „Die Recyclinglüge“: www.daserste.de/in...ege-video-102.html



    @1:12:40 „Es gibt eine Verbindung zwischen dem Pro-Kopf-Plastikverbrauch und dem Entwicklungsstatus…“

  • 6G
    651741 (Profil gelöscht)

    Es wurde hier ja schon erwähnt, dass es den „grünen Punkt“ schon gibt und die Endverbraucher die Entsorgung schon mit bezahlen. Wenn der Dreck dann woanders landet, werden die vom Grünen Punkt nicht nervös, die Kasse stimmt ja. Dass die Allgemeinheit für die Entsorgung nochmals bezahlen ist halt der Webfehler. Jetzt noch eine weitere Abgabe obendrauf, wird das Problem nicht lösen.

  • Höhö. Eher friert die Hölle ein.



    Die Verpackungsproduzenten haben der Politik damals das "Grüne Punkt Gesetz" in die Feder diktiert. Und damit ist alles abgebügelt.

    Und dieses Gesetz zu kippen ist undenkbar - denn dann müsste der Einzelhandel den Preis um den Entsorgungsanteil senken und dadurch würde nicht nur die Mehrwertsteuer einbrechen. Vom ganzen Entsorgungsbrimborium mal ganz abgesehen ...



    Oder um es einfach zu sagen: Ein großer Beschiss am deutschen Verbraucher könnte auffliegen.

    Dass dieses Gesetz das Ziel Kunststoffabfälle zu vermeinden völlig verfehlt hat wissen alle. Aber vermutlich war das auch gar nicht das wahre Ziel "hinter den Kulissen".



    Denn die gesamten Kosten trägt der Verbraucher - es exisitert also bei den Herstellern kein Anreiz zur Vermeidung (wie bei Verabschiedung dieses Gesetzes postuliert)

  • Eine recht nutzlose Idee.



    Dann zahlt Bayer halt in einen Fond ein und der Kunststoff wird etwas teurer. Die einzelne Verpackung wird um 0,2 Ct teurer, der Hersteller schlägt 10ct auf, aber weil es alle machen, hat es keinen Steuerungseffekt. Die Verpackung landet genau da, wo sie heute auch landet.



    Damit eine Stadt fürs Entsorgen an etwas Geld von dem Fond kommt, der übrigens erstmal ein schönes Bürogebäude, Fachkräfte und eine Chefin braucht, werden viele Formulare notwendig sein. Und bevor ein Euro, berechnet von einer anderen Behörde nach einem politisch gerechten Schlüssel, an die Stadt fliesst, ist der Kunststoff längst zerfallen. Das BSP ist gestiegen. Wachstum für nix.

    • @fly:

      Produzenten für die (bisher) externalisierten Effekte ihrer Produkte auf die Ökosphäre zahlen lassen ist keineswegs "nutzlos" sondern zukunftsweisend.

      Der Steuerungseffekt greift, weil es ja bereits heute verpackungsfreie Produkte gibt.

  • Gut! Bei der Gelegenheit: Wie wäre es mit einem Pfand auf Zigarettenfilter?

    In Berlin kostet es eigentlich bis zu 120 Euro, wenn man eine Kippe auf die Straße wirft. Wenn das Ordnungsamt sich um das Thema kümmerte, hätte Berlin keine Schulden mehr und wäre reicher als Mainz. Tatsächlich liegen überall Stummel herum, auf Straßen, in Parks und auf Spielplätzen.

    "Bis zu 4000 schädliche Stoffe sind in einer Zigarettenkippe zu finden. Sie machen die kleinen Zigarettenreste zu Sondermüll, der keineswegs harmlos ist. So kann eine einzige Kippe mit ihrem Mix aus Toxinen zwischen 40 und 60 Liter sauberes Grundwasser verunreinigen oder das Pflanzenwachstum negativ beeinflussen. Beide Bestandteile eines Zigarettenstummels sind umweltschädlich: der Filter und der Tabakrest. Zigarettenfilter werden von vielen als harmlose Baumwollstückchen angesehen. Sie bestehen aber aus Celluloseacetat, das ein schwer abbaubarer Kunststoff ist. Es dauert viele Jahre, bis die Filter zerfallen."

    naturschutzbund.at...in-der-umwelt.html

    • @FullContact:

      Ich könnte jetzt so argumentieren:

      Der Zigarettenfilter enthält bei der Produktion nicht mehr Schadstoffe als vergleichbare Kunststoffe,



      Der Raucher ist es, der die Schadstoffe dort einbringt und dann diesen Sondermüll in der Natur entsorgt.

      Ein Ölfilter ist ja bis zum erstmaligen Gebrauch auch kein Sondermüll.

    • @FullContact:

      Genau das Zigarettenfilter-Problem wird damit angegangen, zumindest halbherzig:



      Es gibt Zigarettenfilter, die nicht aus Kunststoff, sondern aus Papier bestehen. Gibt's für Selbstdreher an jeder Tanke, nur eben derzeit mit Exoten-Müsli-Manufactum-Aufschlag.

      Wenn die Kunststofffilter teurer werden, schwenkt die Industrie hoffentlich auf die billigere Lösung um.

      Besser wäre es natürlich, umweltschädliche Produkte aus dem Verkehr zu ziehen wenn es bessere Alternativen gibt. Aber das wäre ja ein staatliches Verbot, bei Philip Morris wären Millionen Arbeitsplätze gefährdet, und für Springer-Presse, CSU und AfD wäre der Untergang des Abendlandes da.