piwik no script img

Teure Bio-ÄpfelSaurer Apfel für Obstfreunde

Die Preise für Bio-Äpfel steigen in diesem Jahr an. Regen und Frost haben die Bauern getroffen, Öko-Landwirte hatten ein spezielles Problem.

Teilweise deutlich teurer: Bio-Äpfel Foto: dpa

Berlin taz | Obstliebhaber müssen dieses Jahr in den sauren Apfel beißen. Die Preise sind je nach Sorte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum teilweise um über 50 Prozent gestiegen. Wer lokale Produkte kaufen möchte, muss besonders tief in die Tasche greifen.

Denn in vielen Regionen Deutschlands haben Aprilfrost und Dauerregen der Ernte besonders schweren Schaden zugefügt, vor allem in Baden-Württemberg. Bioapfelbauern rechnen mit einem Ernteausfall von bis zu 70 Prozent, die Preise im Supermarkt sind bereit um 20 Prozent geklettert.

„Der ökologische Obstanbau ist stärker von der Alternanz betroffen“, erklärt Dierk Augustin, Vorsitzender der Fördergemeinschaft ökologischer Obstbau. Alternanz bedeutet, dass Bäume nach einem besonders ertragreichen Jahr im nachfolgenden Jahr eine geringere Ernte bringen. Die Landwirte in der konventionellen Landwirtschaft könnten das Phänomen durch hormonelle Behandlung der Bäume besser ausgleichen.

Ein weiterer Grund für die katastrophale Ernte ist das Wetter, erklärt Augustin: „Zu viel Regen und Kälte haben den Bienenflug behindert, sodass die Bestäubung unzureichend war.“ Der größte Schaden sei jedoch durch den Frost im Frühjahr entstanden.

Gegen die Kälteschäden ist auch die konventionelle Landwirtschaft nicht gefeit. Nach Angaben des Deutschen Bauernverbands ist die Apfelernte bei allen Landwirtschaftsbetrieben in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr um rund die Hälfte eingebrochen – die schlechteste Ernte seit 1991. Statt gut 1 Million Tonnen sollen es dieses Jahr nur 555.000 Tonnen sein. Auch im europäischen Ausland, aus dem der Großteil der Apfel­importe komme, ist 20 Prozent der Ernte futsch.

Aktuelle Verbraucherpreise zu deutschen Bioäpfeln sind noch nicht verfügbar. Wer Äpfel aus regionalem Anbau kaufen möchte, sollte sich auf zum Teil happige Preise einstellen. „Regionale Unterschiede bei den Ernten und die jeweilige Verfügbarkeit wirken sich auf die Situation im individuellen Naturkostfachhandel aus“, sagt Hilmar Hilger vom Bundesverband Naturkost Naturwaren.

„Der Klimawandel ist da“

Von der Preissteigerung im Handel sähen die Produzenten derzeit noch nichts, sagt Hans-Dieter Stallknecht, Obstexperte beim Deutschen Bauernverband: „Einzelne Bauern hatten dieses Jahr einen Totalausfall bei der Ernte. Die sind existenziell bedroht.“ Die Landwirte könnten sich meist vor extremen Wetterphänomenen kaum schützen. In wasserreichen Gegenden könne man die Pflanzen zum Schutz vor Frost immerhin künstlich beregnen. Versicherungen gegen Frost gibt es nicht.

„Der Klimawandel ist da“, sagt Stallknecht. „Wir brauchen von der Politik, aber auch bei den Betrieben ein besseres Risikomanagement.“ Die Frostschäden der Obstbauern beziffert der Verband auf rund 200 Millionen Euro.

Wir brauchen in Politik und Betrieben ein besseres Risikomanagement

H.-D. Stallknecht, Bauernverband

Der Apfel ist das unangefochtene Lieblingsobst der Deutschen. Doch wer auf anderes Obst umsteigen will, könnte Pech haben. Der Ernteausfall betrifft auch anderes Steinobst. Die Birnenernte ist um 46 Prozent eingebrochen, von 35.000 auf nur noch 19.000 Tonnen. Auch hier sind heftige Preise zu erwarten.

Fleißiger waren nach einer Umfrage unter Deutschlands Imkern dagegen die Bienen. Jedes Volk produzierte im Schnitt 37 Kilo Honig, mehr als 2016 mit 31 Kilo. Allerdings gilt 2017 trotzdem als unterdurchschnittliches Honigjahr – wegen des vielen Regens.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Landwirte, die in ihren Obstwiesen eine Sprinkleranlage zum Bewässern haben, können sich vor Frostschäden hinreichend gut schützen. Das auf den Blüten und Pflanzen gefrierende Wasser gibt soviel Wärme ab, dass der Frost außen vor bleibt. Viele traditionelle Apfelbauern mit einem Zugang zum Grundwasser unter ihrer Wiese nutzen dies. Dabei möchte erwähnen, dass dies meist auch die schlimmsten Giftspritzer sind. Die Frostbewässerung hat aber damit nichts zu tun.

  • „Wir brauchen in Politik und Betrieben ein besseres Risikomanagement“.

     

    Was soll das sein? Wie im Artikel beschrieben, sind Obsterzeuger, ob konventionell oder ökologisch, in der Lage bis zu einem gewissen Grad den Schaden von Frösten während der Blütezeit der Obstbäume zu begrenzen. Wenn es zu kalt wird, kommen die Bienen nicht aus ihren Stöcken und können die Blüten nicht befruchten. Das Alternanzproblem bleibt auch bestehen, wenngleich konventionelle Betriebe, wei von Dierk Augustin beschrieben, die Möglichkeit haben, pflanzliche Wachstumshormone einzusetzen.

     

    Vor diesem Hintergrund ist die Äußerung des Vertreters des Bauernverbandes eine leere Worthülse. Hier wäre eine Nachfrage, was konkret damit gemeint ist angebracht gewesen.

  • Weder Äpfel noch Birnen gehören zum Steinobst. Da muss die Praktikantin noch mal ran.

    • @Harry Hirsch:

      Man will ja nicht immer nur mäkeln.

       

      Aber Sie haben nat. recht. warum wird das nicht im Artikel geändert sondern bleibt auch heute noch so stehen?

      Die Altforderen an der Uni hätten gesagt: Was sollen wir von einer Veröffentlichung halten, wenn schon Kleinigkeiten nicht stimmen?

  • Bioproduzenten können offensichtlich nicht adäquat auf Wetter reagieren ... im Mittelalter führte das zu Hungersnöten ... heute haben wir zum Glück ausreichend konventionellen Landbau, der sich einstellen kann.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @TazTiz:

      So etwas Fröhlich-abstruses habe ich noch nirgends gelesen :

      Im Mittelalter sind die Leute wegen verfehltem Biolandbau verhungert. OMG!

       

      Aber schlimmer ist: nach der schönen Apfelkuchen-Schwemme letztes Jahr, sieht es dieses Jahr diesbezüglich wirklich mau aus, denn auch für mich ist die Ernte zu 100% ausgefallen.

      Zwei, drei eisige Nächte im späten Frühjahr während bzw. kurz nach der Blüte (je nach Sorte) und alles war weg.

      So noch nicht erlebt.

      • @61321 (Profil gelöscht):

        Gab es im Mittelalter eine Landwirtschaft, die heute nicht als BIO gelten würde?

         

        Abstrus ist es, wenn man sich die Errungenschaften konventioneller Landwirtschaft nicht bewußt macht & statt dessen schlau bio daher redet.

  • oh Mann!

    Birnen und Äpfel = Steinobst

    Vielleicht sollte einer der Interviewten deim Autor mal so ein Baumgemüse schicken, damit der sich den Stein darin anschauen kann.