Terroranschlag in Wien: Ins Herz der Stadt
Das Attentat traf eine belebte Gegend im Ersten Bezirk. Sie ist Ausgehviertel, schicke Einkaufsmeile und Ort der jüdischen Gemeinde in einem.
Um den Ersten Bezirk liegen 22 weitere Bezirke: Erst nachvollziehbar der Reihe nach in Schneckenform bis zum Neunten Bezirk und dann eher beliebig, als hätte man es schließlich nicht mehr so genau genommen. Die Namen der einzelnen Bezirke lernen Wiener:innen in der Grundschule zwar mühsam auswendig, im Sprachgebrauch werden sie aber nur bei ihrer Nummer genannt. Die Stadt ist mit 415 km2 etwa halb so groß wie Berlin und hat 1,9 Millionen Einwohner:innen.
Und auch wenn „der Erste“ das Herz der Stadt ist, ein Hot Spot für Tourist:innen, mit seinen Prunkstraßen und dem Stephansdom, der Staatsoper und den vielen Cafés, Restaurants und Bars, kann man ihn nicht das Ausgehviertel Wiens nennen, davon gibt es mehrere. Etwa den Naschmarkt, alles rund um Mariahilfer Straße, das Museumsquartier – und noch vieles mehr.
Wie der Anschlag chronologisch ablief, konstruieren die Wiener Sicherheitsbehörden derzeit noch. Am Dienstag ging man von mindestens sechs Tatorten zwischen Schweden- und Stephansplatz aus. Vom Schwedenplatz aus läuft man über die Rotenturmstraße etwa 600 Meter leicht bergauf zum Stephansdom, dem Wahrzeichen von Wien.
Ein Tatort, der im Zentrum der Aufmerksamkeit stand, ist die Seitenstettengasse, angrenzend an das sogenannte Bermuda Dreieck. Es handelt sich um eine reine Fußgängerzone. Das Bermuda Dreieck wird so genannt, weil viele Gäste dazu tendieren, dort in Alkohol und Feierlaune unterzugehen. Traditionell ist das ein Ort, an dem man viele junge Menschen antrifft, die sich am Wochenende schick machen und Freunde treffen. Jugendliche, die noch bei ihren Eltern wohnen und auch jene, die gerne noch jugendlich wären.
Eine vielseitige Gegend
In der Seitenstettengasse liegt aber auch der Stadttempel, die Hauptsynagoge der Stadt. Von außen wirkt sie fast unscheinbar, ein großes Holztor mitten in einer Häuserreihe, die wie aus einem Guß erbaut zu sein scheint. Es heißt, dass diese enge Verbauung der Grund dafür war, dass die Synagoge in der Pogromnacht 1938 nicht in Brand gesteckt wurde, so wie unzählige andere. Doch auch hier wurde der Gemeinde Unsägliches angetan.
Gleich nebenan befindet sich heute ein koscheres Restaurant, das zum Tatzeitpunkt geschlossen hatte. Und ein paar Meter weiter, am Ruprechtsplatz, gibt es weitere Bars und Restaurants, aber hier steht auch die Ruprechtskirche, die älteste erhaltene Kirche der Stadt. Von dieser Anhöhe aus eine Treppe runter, ist man in wenigen Metern am sogenannten Salzgries. Auch hier befinden sich Restaurants, Bars und Büros – und ein unter Jugendlichen sehr beliebtes Billiardcafé, direkt am Morzinplatz.
Über die Tuchlauben sind es etwa 600 Meter zum Graben, einer Gegend, die dominiert wird von teuren Designer- und Schmuckgeschäften, edlen Restaurants, prunkvoller Architektur und antiken Geschäften. Hier, rund um die Pestsäule und das berühmteste Delikatessengeschäft der Stadt, Julius Meinl am Graben, trifft man vor allem Tourist:innen und die High Society. In den teuren Restaurants sitzen durchaus auch mal die eine oder der andere Politiker:in.
Der Schwedenplatz in der Nähe des Fleischmarkts, ist zwar nicht weit weg, aber hierzu ein Kontrast. Hier gibt es Fast-Food-Restaurants, Bäckereien, Banken, Hotels von denen aus man auf den Donaukanal und den stets stark befahrenen Franz-Josefs-Kai blicken kann. Hier befinden sich Fitnesscenter, aber auch einer der berühmtesten Eissalons der Stadt.
Von hier aus führen Brücken über den Donaukanal in den Zweiten Bezirk, einem ebenfalls stark von jüdischem Leben geprägten Stadtteil. Doch der Schwedenplatz ist auch ein Verkehrsknotenpunkt, denn hier überschneiden sich unter anderem zwei U-Bahn-Linien. Abends sind hier viele Menschen auf dem Weg von der Arbeit nach Hause.
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