piwik no script img

Terror in NigeriaDer Staat muss da sein

Kommentar von Katrin Gänsler

Die Bluttat in Borno zeigt, dass der Terror alles andere als besiegt ist. Vor allem in entlegenen Gebieten Nigerias zeigt der Staat zu wenig Präsenz.

Dutzende Tote bei Massaker in Borno, Nigeria Foto: Ahmed Kingimi/reuters

N igerias Extremisten haben wieder zugeschlagen. Bisher hat sich offenbar weder Boko Haram noch der Islamische Staat in der Westafrikanischen Provinz (ISWAP), der sich 2016 abgespalten hat, zu dem Massaker in Borno bekannt. Der Angriff auf die ReisfarmerInnen zeigt jedoch, dass die Terrorbewegungen alles andere als besiegt sind.

Dafür fehlt es bis heute an langfristigen und nachhaltigen Strategien. Obwohl Präsident Muhammadu Buhari schon 2015 den Terrorkampf angekündigt hatte, ist in der Region rund um den Tschadsee alles andere als Normalität eingekehrt. Zwar ist Bornos Hauptstadt Maiduguri heute gesichert. In den entlegenen Gebieten haben sich die Terrorbewegungen aber etabliert und eigene Strukturen entwickelt. Das ist möglich, weil die Sicherheitskräfte weiterhin abwesend sind. Damit haben nicht nur Extremisten ein leichtes Spiel. Den Bewohner*innen wird zudem vermittelt, dass die Zentralregierung die Region längst aufgegeben hat.

Um das zu ändern, braucht es als erstes flächendeckende und dauerhafte Präsenz sowie eine gute Ausrüstung und Ausbildung der Streitkräfte. Das ist nur möglich, wenn endlich etwas gegen die Korruption innerhalb der Armee unternommen wird. Sie hat über Jahre einen nachhaltigen Antiterrorkampf verhindert, obwohl die Ressourcen durchaus zur Verfügung standen. Parallel dazu ist es wichtig, nach und nach Straßen, Krankenhäusern und Schulen aufzubauen, wenn die Sicherheitslage das zulässt. Nur so können Landes- und Bundesregierung deutlich machen, dass sie sich auch um entlegene Gebiete kümmern.

Letztendlich braucht es dringend ein funktionierendes Rechtssystem. Zwar spricht die Armee immer wieder von getöteten mutmaßlichen Terroristen. Doch es gibt zahlreiche willkürliche Verhaftungen von Männern, die eher Angst machen, als ein Sicherheitsgefühl hervorzurufen.

Zügig und einfach lassen sich diese Ansätze keinesfalls umsetzen. Will man den Nordosten Nigerias aber nicht aufgeben, braucht es langfristige, komplexe und gut durchdachte Strategien.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Westafrika-Korrespondentin
Nach dem Abitur im Münsterland bereiste sie zum ersten Mal Südafrika und studierte anschließend in Leipzig, Helsinki und Kopenhagen Journalistik und Afrikanistik. Nach mehreren Jahren im beschaulichen Schleswig-Holstein ging sie 2010 nach Nigeria und Benin. Seitdem berichtet sie aus ganz Westafrika – besonders gerne über gesellschaftliche Entwicklungen und all das, was im weitesten Sinne mit Religion zu tun hat.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Vor Jahren habe ich mal ein Interview eines nigerianischen Feldwebels gelesen. Sein Sold wird von den Vorgesetzten unterschlagen, der Treibstoff und selbst die Munition verkauft. Kein schwarzafrikanisches Land hat aus genau diesen Gründen eine schlagkräftige Armee. Die BIR in Kamerun wird von den USA unterstützt und von einem Israeli geführt. Die Soldaten kriegen ihren Sold, die Fahrzeuge sind einsatzbereit und die Waffen geladen.