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Teillegalisierung von CannabisKabinett berät über Gesetzentwurf

Die Cannabis-Legalisierung könnte noch in diesem Jahr Realität werden. Doch kurz vor der Abstimmung im Kabinett gibt es an dem Vorhaben auch Kritik.

Hanfpflanze auf einem Feld Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Berlin taz | Ein Ende der Cannabis-Prohibition ist in Sicht – doch wie genau die Gesetzeslage in Zukunft aussehen wird, ist in vielen Detailfragen noch offen. Klarheit kommt womöglich an diesem Mittwoch, wenn das Bundeskabinett über den Gesetzentwurf zur Legalisierung verhandelt, der aus dem Gesundheitsministerium von Karl Lauterbach (SPD) kommt.

Der Entwurf sieht vor, dass der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenbedarf straffrei werden soll. Der Eigenanbau von Cannabis soll in Zukunft begrenzt erlaubt sein. Privatpersonen dürften zu diesem Zweck maximal drei Cannabis-Pflanzen besitzen.

Ein freier Verkauf von Cannabis soll nicht erlaubt sein. In einigen Landkreisen sollen aber Modellregionen entstehen. Dort wären Verkaufsstellen erlaubt, die kommerziell Cannabis anbieten dürften. Einkaufen könnten dort allerdings nur Be­woh­ne­r*in­nen aus dem Einzugsgebiet der Verkaufsstellen.

In ganz Deutschland sollen Kon­su­men­t*in­nen ab 18 Jahren aber gemeinnützigen Cannabis-Anbauvereinen beitreten dürfen. Bis zu 500 Menschen pro Verein könnten dann gemeinschaftlich Cannabis anbauen. Mitglieder, die mindestens 21 Jahre alt sind, dürften monatlich 50 Gramm Cannabis abnehmen, in täglichen Maximalmengen von 25 Gramm. Für unter 21-Jährige wäre die monatliche Maximalmenge auf 30 Gramm beschränkt.

Die Anbauvereine sollen strengen Regeln unterliegen. Ihr Gelände soll eingezäunt werden, die Anbauflächen müssten gesichert werden. Die Vereine müssten mindestens 250 Meter von Schulen, Kindergärten oder Kitas entfernt sein. In den Clubräumen soll der Konsum verboten sein. Das Cannabis soll regelmäßigen Qualitätskontrollen unterliegen. Die Vereine müssten Jugendschutz-, Sucht- und Präven­tions­beauftragte benennen und dürften keine Werbung machen.

Kritik von unterschiedlichen Seiten

Lauterbach betonte immer wieder, dass Legalisierung gleichzeitig mit mehr Gesundheitsschutz umgesetzt werden müsse. Besonders junge Menschen unter 25 Jahren könnten durch regelmäßigen Cannabis-Konsum Schaden nehmen, da die psychoaktiven Substanzen der Pflanze die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigen könnten. Der Minister kündigte eine Informationskampagne zu den Risiken von Cannabis-Konsum an.

Es gibt auch deutliche Kritik am Vorhaben. Der Geschäftsführer des Deutschen Richterbunds, Sven Rebehn, bezweifelte, dass das geplante Gesetz den Schwarzmarkt austrocknen könnte. In der jetzigen Fassung sei das Gesetz zu „kleinteilig“ und damit keine Entlastung von Justiz und Polizei, da die vielen Regeln zu Cannabis-Clubs wieder kontrolliert und geahndet werden müssten.

Auf der anderen Seite lehnte auch der Dachverband deutscher Cannabis Social Clubs, der die Interessen von Cannabis-Anbauvereinen vertritt, den Entwurf „als verfassungswidrig, überstreng und vermeidbar kompliziert“ ab.

Die Vorlage aus dem Gesundheitsministerium könnte sich im Kabinett noch ändern. Sollten sich die Mi­nis­te­r*in­nen am Mittwoch einig werden, müsste der Bundestag dem Gesetz noch zustimmen. Ende 2023 könnte es in Kraft treten.

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9 Kommentare

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  • Wenn es nur um Entkriminalisierung geht wäre eine kontrollierte Abgabe wohl der innovativste Weg. Aber wer soll das machen?



    Das es auch mit einer Legalisierung mehr als genügend Probleme gibt dürfte wohl niemand bestreiten. Und das schlaue Gequatsche von "Wir haben das im Griff" hilft betroffenen Konsument'innen, egal ob untergebracht oder in "Freiwilliger" Therapie wenig. Ich bin eher dafür eine Nulltoleranz auch für Alkohol durchzusetzen. Was garantiert vielen nicht schmecken würde.

  • "Privatpersonen dürften zu diesem Zweck maximal drei Cannabis-Pflanzen besitzen."

    Es war in den ersten Entwürfen von 6 die Rede. Bei 3 Pflanzen hat man eine Wahrscheinlichkeit von immerhin noch rund 25%, dass es allesamt Männchen sind, die man eben *nicht* in der Pfeife rauchen kann.

    Keine Ahnung, wer das wieder verbockt hat. Den durchschnittlichen Wirkstoffgehalt kriegt man jedenfalls nicht dadurch gesenkt, dass man es selbst im Homegrowing vorteilhaft macht, Samen vom stärksten Sinsemilla den man kriegen kann einzusetzen, damit die 3 Pflanzen auch alle garantiert Ertrag liefern.

    Zumal bei 3 Individuen einer Hochzucht-Hybridsorte das Risiko hoch ist, die legalen Besitzmengen zu überschreiten, und damit ein sehr kleinteiliger Schwarzmarkt gefördert wird.

    Eine näher an den biologischen Realitäten liegende Regelung wie "10 Pflanzen insgesamt, davon bis zu 3 weibliche/zwittrige" oder "6 Pflanzen beliebigen Geschlechts" hätte hier wesentlich mehr genutzt, und negative gesellschaftliche Auswirkungen verhindert, da man für den Privatkonsum dann mit jeder billigen Landsorte - mit niedrigem Wirkstoffgehalt, niedrigem Ertrag, sowie ausdifferenziertem Aroma und Wirkstoffprofil - auskommen würde, statt regelrecht gedrängt zu werden, selbst im Hobbyanbau zu Powergras mit 20% Wirkstoffgehalt und Preisen von 40 Euro pro Samen zu greifen, nur weil das mit jedem Körnchen ein garantiertes Weibchen liefert.

    Vermutlich stecken dahinter wieder die Christenparteien; von Biologie keinen blassen Schimmer zu haben, ist bei denen ja eine Auszeichnung.

    (Funfact: Hopfen ist der nächste Verwandte von Hanf, und die Genetik zur Cannabinoid-Produktion ist auch bei Hopfen vorhanden, nur nahezu inaktiv.



    Ein paar Freaks haben vor einigen Jahren begonnen, etwas zu züchten, das sie als "Medizinalhopfen" bezeichnen: Selektion auf maximale Cannabinoidproduktion. Mittlerweile reicht das Ergebnis schon für einen anständigen Rausch, aber es schmeckt halt wie schales Bier...)

    • @Ajuga:

      Wo ist das Problem die männlichen Pflanzen zu entsorgen und neu zu sähen?



      Ist eine interessierte Frage, ich habe bisher nur Tomaten und Erdbeeren gezogen, die haben keine Geschlechtsdifferenzen.



      Klar ist es nervig, die Pflänzchen erstmal großzuziehen, dann festzustellen, sind die falschen und wieder von vorne anzufangen.



      Andererseits dürfte das Sämlingsalter doch in so kurzer Zeit überstanden sein, dass es nicht auffallen würde, wenn man mehr aussäht und überzählige Pflanzen entsorgt. Macht man mit überzähligen Tomatensämlingen ja auch so.

  • Diese geplanten Regelungen sind ein Bürokratiemonster nach dem Motto: "Warum einfach, wenn es auch umständlich geht".

    Man sollte sich entscheiden: Wie gefährlich ist Cannabis? und je nach Antwort entweder Cannabis weiter wie harte Drogen behandeln oder einfach Cannabis denselben Regeln unterwerfen, wie sie bereits für andere gesellschaftlich akzeptierte Drogen, also für Alkohol und Tabak gelten.

  • Drei Pflanzen bei erlaubten 25g Eigenbedarf ? Das gibt juristischen Stress.

  • Ich bin wirklich für die Legalisierung aber was ich so über den Inhalt dieses Entwurfes lese finde ganz schrecklich. Wenn zB. 25 Gramm Cannabis zum Eigenbedarf straffrei sein sollen, dann sollte bei einer Kontrolle auch eine Quittung über den Erwerb vorgelegt, oder die bestehenden Mitgliedschaft in einem Cannabisverein belegt, werden können. Denn ansonsten freut es nur das organisierte Verbrechen!



    Die Cannabis Vereinen kann es ja geben aber es sollte trotzdem zertifizierte Verkaufsstellen mit Suchtberatung geben. Und unter 25 jährige bekommen halt nur Sorten mit max. 11% THC. Wenn das denen nicht reicht können sie ja zum Dealer gehen aber dann auch mit allen Konsequenzen.

    11% THC reichen wirklich und im Zweifelsfalle halt, frei nach Missy Elliott, one for cover!

    • @Roland Lokison:

      Und wo bekomme ich dann eine Quittung für selbst gezogenes Cannabis?

      • @Andreas J:

        Ich wäre ja in alter guter deutscher Tradition für die Einrichtung einer Cannabisbehörde, wo sich jeder, der Eigenanbau betreibt, registrieren muß und welche durch entsprechendes Personal den Erntevorgang überwacht und entsprechende Bescheinigungen ausstellt. Dann kann von dieser Behörde auch gleich das überschüßige Erntegut (über der Grenze von 50 Gramm pro Monat) eingezogen und vernichtet werden. Auch bestände dann die Möglichkeit, die Datenbank der Cannabisbehörde mit anderen Behörden abzugleichen, um eventuelle Straftaten durch den Eigenanbauer gleich im Vorfeld auszuschließen.



        Klingt doch gut, oder?!

        • @Wurstfinger Joe:

          Voll gut. Hat was von "Memoiren, gefunden in der Badewanne" von Stanislaw Lem für Kiffer.