Technik im Körper: Werden wir alle Cyborgs?
Menschen mit technisch erweiterten Fähigkeiten waren lange Science Fiction. Jetzt sind die ersten auf dem Weg in die Zukunft
Das Jahr 2014 dürfte das Jahr werden, in dem der Abstand zwischen dem menschlichen Körper und den Maschinen bis fast zur Unkenntlichkeit schrumpft. Aller Voraussicht nach kommt dann Google Glass auf den Markt: Eine Brille, die das Wirtschaftsmagazin Forbes jetzt schon zu den wichtigsten sieben Technologietrends des kommenden Jahres zählt.
Man kann mit dieser Brille und ihrer Kamera durch die Stadt laufen und Fotos machen, indem man ihr Befehle zuruft. Man kann sich die Route quasi vor dem inneren Auge anzeigen lassen, braucht keinen Bildschirm mehr, nicht mal ein Handy, um E-Mails zu empfangen. Mit Google Glass sind die Menschen auf dem besten Weg, mit der Technik zu verschmelzen. Man könnte sagen, sie werden fast zu einer Art Teilzeit-Robotern.
Was früher als Science Fiction galt – den Körper mit Technik upzudaten wie einen Computer – ist auf dem besten Weg, für viele Menschen Realität zu werden. Während die Google-Brille noch vor den Augen sitzt, gehen einige Menschen schon einen Schritt weiter: Sie lassen sich Computerchips oder Magneten in ihren Körper pflanzen. Man nennt diese Leute Cyborgs, Mischwesen aus Mensch und Maschine. In Berlin gründet sich an diesem Wochenende der erste Cyborg-Verein.
Für ihre Titelgeschichte in der taz.am wochenende haben die taz-Redakteurinnen Johannes Gernert, Meike Laaff und Daniel Schulz Cyborgs, Cyborg-Forscher und erste Google-Glass-Nutzer getroffen, um der Frage nachzugehen, was diese ersten Schritte auf dem Weg zum Cyborg bedeuten – und wohin dieser Trend letztlich führen könnte. Manche der neuen Cyborgs haben sich Magneten in ihre Finger implantieren lassen, um vielleicht einmal Himmelsrichtungen erspüren zu können.
Computer werden immer kleiner und verschmelzen mit uns. Warum lassen wir sie nicht gleich in unsere Körper einbauen? Die Titelgeschichte „Bessere Menschen“ über Cyborgs und ganz gewöhnliche Menschmaschinen lesen Sie in der taz.am wochenende vom 14./15. Dezember 2013 . Darin außerdem: Der Generationen verbindende Fernsehabend am Samstag ist tot. Das wird auch Markus Lanz nicht ändern. Warum das gut so ist. Und: Ein Gespräch mit dem Direktor des Zirkus Roncalli über Heimat, Glühbirnen und den Duft der Manege. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.
Selbst Günther Beckstein, der ehemalige bayerische Ministerpräsident, könnte als Cyborg durchgehen: Wie etwa 150.000 Menschen weltweit trägt er ein Cochlea-Implantat. Das Implantat ist ein Gerät, das Menschen hören lässt, die das vorher nicht konnten. Es wird in den Kopf eingesetzt.
Cyborgs können mit technischer Hilfe auch menschliche Fähigkeiten überschreiten: Tim Cannon hat Mitte des Jahres für Aufsehen gesorgt. Der Amerikaner hat sich einen Chip von der Größe einer Zigarettenpackung unter die Haut implantieren lassen, um seine Körpertemperatur überwachen zu können (siehe Video).
Der Künstler Neil Harbisson wiederum hat vor seiner Stirn einen Mini-Sensor angebracht, der den farbenblind geborenen Briten Farben hören lässt – präziser, als es das menschliche Auge könnte. Er hört sogar Infrarot. Harbisson ist nur einer von mehreren Pionieren weltweit, die in der Titelgeschichte „Bessere Menschen“ der taz.am wochenende vorgestellt werden.
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Die Frage ist: Was steht hinter dieser Entwicklung, wohin wollen ihre Vertreter? Der Transhumanismus ist eine schon ältere Denkrichtung, die einen Fluchtpunkt vorgibt für die Cyborg-Bewegung – denn nun gibt es die ersten Praxisvertreter. Transhumanisten wollen es dem Menschen ermöglichen, seine Evolution selbst zu bestimmen, bis hin zum Übermenschen. Körper mit übernatürlicher Intelligenz, Menschen, die von Prozessoren abhängig sind: Das ist inzwischen näher als viele Science-Fiction-Fans das vor zwanzig Jahren wohl gedacht hätten.
Einer, der in diese Richtung forscht, sitzt als „Director of Engineering“ bei Google. Ray Kurzweil glaubt, Rechner könnten irgendwann schlauer werden als Menschen. Den Zeitpunkt nennt er Singularität.
Schrecklich, könnte man nun sagen: Ist das nicht eher eine Dystopie, eine Horrorvorstellung? Wird irgendwann ein Zwang entstehen, sich bessere Gliedmaßen implantieren zu lassen, mehr Sinne technisch auszubilden? Oder ist das nur eine folgerichtige Reaktion: Die Prozessoren werden immer schneller, immer mehr Informationen prasseln auf uns ein: Warum sollten wir nicht besser werden, um mehr aufnehmen zu können? Die beste Reaktion auf diese Informationsflut ist immer noch, das Smartphone öfter einfach in der Schublade liegen zu lassen, sagen Sie?
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Die Ganze Geschichte „Bessere Menschen“ lesen Sie in der taz.am wochenende vom 14./15. Dezember 2013.
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