„Tatort“ aus Wien: Wenn Karikaturen scheitern
Was für ein schönes und zartes Ende dieser „Wien“-Tatort doch hat. Wenn der Weg dahin nur nicht so bekloppt und weit wäre.
![Tatort-Kommissare im Wald vor einer verbrannten Leiche Tatort-Kommissare im Wald vor einer verbrannten Leiche](https://taz.de/picture/3010102/14/Tatort-Wien.jpeg)
Manchmal ist es so, da sind die Wurststückchen im sonntäglichen „Tatort“-Eintopf größer, und manchmal sind sie auch ganz schön klein. Diese Woche sind sie eher mini, also der Anreiz, das Ding bis zum Ende zu schauen beziehungsweise die Suppe auszulöffeln – letztes Eintopf-Bild für heute, versprochen – arg klein. Wobei das Ende ein sehr zartes und sehr schönes ist, aber da muss man als Zuschauer eben erst einmal hinkommen.
Aber der Reihe nach: Zwei Männer donnern in ihrem Oldtimer einen staubigen Feldweg irgendwo im Wiener Umland entlang. Im Kofferraum haben die beiden eine Sporttasche mit sehr vielen 500-Euro-Scheinen, um die sie ihren Gangster-Chef erleichtert haben, und das wird jetzt mit 120 Sachen zwischen zwei Kornfeldern gefeiert.
Der eine der Kleinganoven hat eine gelackte Elvis-Tolle, eine Lederjacke und düstere Tattoos, die ihm den Hals hochkrabbeln. Der andere hat eine Glatze und raucht. Allerdings nur E-Zigarette, weil er gerade Vater geworden ist, er muss jetzt auf sich acht geben, „du weischt“.
Ein paar Minuten später ist der mit der Glatze tot. Ein Reifen am Auto platzt, es geht zunächst glimpflich aus, doch dann nähert sich ein Auto dem Unfallort: Ein Mann steigt aus, das Gesicht vermummt, er hebt die Pistole, will offenbar das Geld aus dem Kofferraum. Dem Glatzkopf gelingt es zunächst, ihm die Pistole aus der Hand zu schlagen – und dann?
Sieht der Zuschauer als Nächstes, wie der Elvis-Typ die Leiche seines Kompagnons im Wald in Stücke hackt und verbrennt. Was ist also passiert, in den entscheidenden Sekunden, in denen der Mord passiert sein muss? Wer war der Mann unter der Maske, und hat er den Glatzkopf erschossen?
Wien-„Tatort“: „Her mit der Marie!“, So., 20.15 Uhr, ARD
Das finden die beiden KommissarInnen, „der Moritz“ (Harald Krassnitzer) und „die Bibi“ (Adele Neuhauser), jetzt gemeinsam mit dem Zuschauer heraus, und das ist sogar ein bisschen spannend. Aber was man nicht kapiert: warum der Wien-„Tatort“ unbedingt – aber letztlich doch nur halb entschlossen – auf Komödie machen will.
Der Elvis-Typ (Christopher Schärf), der tatsächlich Pico Bello heißt, und seine Ganoven-Kollegen sind eher Karikaturen von Verbrechern. Warum die Überzeichnung sein muss, erschließt sich zu keinem Zeitpunkt. Aber vielleicht entgeht einem im fernen Deutschland da einfach irgendein Witz über das Wiener Verbrechermilieu.
Und dann kommt das Ende. Ein ernsthaftes, rührseliges und, ja, deshalb ein gutes Ende. Leider erscheint dadurch die ganze Story davor noch ein bisschen bekloppter.
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