Tarifabschluss für Hafenbeschäftigte: Arbeitskampf wirkt
Die Hafenbeschäftigten haben in den Tarifverhandlungen hohe Lohnsteigerungen erreicht. Ohne Arbeitskampf und Streik wäre das nicht möglich gewesen.
H afenarbeiter*innen bekommen mehr Lohn? Hurra! Aber seien wir genau: Sie erkämpfen sich mehr Lohn. Zwischen 7,9 und 9,6 Prozent mehr gibt es dieses Jahr, ab Mitte 2023 folgen noch mal 4,4 Prozent – bei höherer Inflation sind noch größere Summen drin.
Argumentativ beruht das gute Ergebnis auf der hohen Auslastung der Häfen – und auf der allgemeinen Preissteigerung. Der höhere Lohn der Hafenbeschäftigten gleicht schließlich gerade mal die Inflation aus. Doch die gute Begründung allein ist nicht Grund für den Verhandlungserfolg. Nur weil etwas fair ist, zahlt kein Arbeitgeber mehr.
Er beruht stattdessen vor allem auf einer alten, aber starken Erkenntnis: Arbeitgeber können nicht ohne uns. Der momentane Mangel an Arbeitskräften führt das zwar ohnehin allerorten vor Augen. In dauerhaft verbesserte Arbeitsbedingungen lässt sich diese Stärke aber nur umwandeln, wenn man gemeinsam dafür kämpft.
Zehn Verhandlungsrunden waren im Arbeitskampf der Hafenarbeiter*innen nötig. Zuletzt wurde im Juli der ganze Hamburger Hafen für 48 Stunden bestreikt. Container konnten nicht verladen werden, Schiffe nicht an- und ablegen. Ohne Einigung wäre jetzt ein weiterer Streik gefolgt. Vor allem deshalb haben die Arbeitgeber eingelenkt.
Wer sich nicht wehrt, steigt ab
Für viele Arbeitnehmer*innen wird die Inflation in diesem Jahr nicht auf diese Art ausgeglichen, sie werden finanziell absteigen. Nur Gewerkschaften haben die Stärke – und das formale Recht –, einen Streik zu organisieren, der die Arbeitgeber zu Zugeständnissen zwingt. Doch nur noch 13 Prozent der Beschäftigten sind gewerkschaftlich organisiert. Und nur noch etwa die Hälfte der Betriebe ist an Tarifverträge gebunden. Vor 30 Jahren waren es noch über 90 Prozent.
Jede erfolgreiche Verhandlung, jeder gelungene Tarifvertrag muss daher gefeiert werden, so öffentlichkeitswirksam wie möglich. Seht her: Arbeitskampf, und zwar gemeinsamer Arbeitskampf, ist weiterhin der Weg.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
James Bond
Schluss mit Empfindsamkeit und Selbstzweifeln!
Nachtcafé für Obdachlose
Störende Armut