piwik no script img

Tarifabschluss für HafenbeschäftigteArbeitskampf wirkt

Kommentar von Lotta Drügemöller

Die Ha­fen­beschäftigten haben in den Tarifverhandlungen hohe Lohnsteigerungen erreicht. Ohne Arbeitskampf und Streik wäre das nicht möglich gewesen.

Man muss es laut sagen: Der Streik der Hafenarbeiter hat sich gelohnt Foto: Marcus Brandt /dpa

H a­fen­ar­bei­te­r*in­nen bekommen mehr Lohn? Hurra! Aber seien wir genau: Sie erkämpfen sich mehr Lohn. Zwischen 7,9 und 9,6 Prozent mehr gibt es dieses Jahr, ab Mitte 2023 folgen noch mal 4,4 Prozent – bei höherer Inflation sind noch größere Summen drin.

Argumentativ beruht das gute Ergebnis auf der hohen Auslastung der Häfen – und auf der allgemeinen Preissteigerung. Der höhere Lohn der Ha­fen­beschäftigten gleicht schließlich gerade mal die Inflation aus. Doch die gute Begründung allein ist nicht Grund für den Verhandlungserfolg. Nur weil etwas fair ist, zahlt kein Arbeitgeber mehr.

Er beruht stattdessen vor allem auf einer alten, aber starken Erkenntnis: Arbeitgeber können nicht ohne uns. Der momentane Mangel an Arbeitskräften führt das zwar ohnehin allerorten vor Augen. In dauerhaft verbesserte Arbeitsbedingungen lässt sich diese Stärke aber nur umwandeln, wenn man gemeinsam dafür kämpft.

Zehn Verhandlungsrunden waren im Arbeitskampf der Ha­fen­ar­bei­te­r*in­nen nötig. Zuletzt wurde im Juli der ganze Hamburger Hafen für 48 Stunden bestreikt. Container konnten nicht verladen werden, Schiffe nicht an- und ablegen. Ohne Einigung wäre jetzt ein weiterer Streik gefolgt. Vor allem deshalb haben die Arbeitgeber eingelenkt.

Wer sich nicht wehrt, steigt ab

Für viele Ar­beit­neh­me­r*in­nen wird die Inflation in diesem Jahr nicht auf diese Art ausgeglichen, sie werden finanziell absteigen. Nur Gewerkschaften haben die Stärke – und das formale Recht –, einen Streik zu organisieren, der die Arbeitgeber zu Zugeständnissen zwingt. Doch nur noch 13 Prozent der Beschäftigten sind gewerkschaftlich organisiert. Und nur noch etwa die Hälfte der Betriebe ist an Tarifverträge gebunden. Vor 30 Jahren waren es noch über 90 Prozent.

Jede erfolgreiche Verhandlung, jeder gelungene Tarifvertrag muss daher gefeiert werden, so öffentlichkeitswirksam wie möglich. Seht her: Arbeitskampf, und zwar gemeinsamer Arbeitskampf, ist weiterhin der Weg.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ich habe dieses Jahr 1,8 Prozent mehr bekommen.

    Daher freue ich mich sehr über dieses Ergebnis, was ein Status-Quo-Ergebnis ist.



    Die Arbeiter haben sich durchgesetzt, nicht einen Reallohnverlust zu verzeichnen.



    Das ist hart, aber besser als bei mir zum Beispiel.

    Gewerkschaften sind nicht immer toll und gerade DGB-Gewerkschaften sind auch nicht besonders sexy oder attraktiv, aber sie sind eine Notwendigkeit. Das ist der Punkt, wenn keiner mehr Geld fordert und das garantiert, dann wird kein Arbeitgeber mehr zahlen. Ich möchte mal anonym einen Arbeitgeber zitieren, der keine Lohnerhöhung geben wolle: "Sie leisten doch nicht mehr." (Dieser Arbeitnehmer hat drei Jahre lang keine Erhöhung erhalten)

    Wer so einen zynischen Mist nicht hören will, der sollte einfach in eine DGB-Gewerkschaft eintreten und sich einreihen. Auch wenn's schwer fällt und Geld kostet. Aber mir fällt dazu nichts ein. Natürlich kann man auch zu einer Arbeitnehmerelite aufsteigen und einen individuellen Verhandlungsspielraum haben. Ich glaube nur, dass viele Arbeitgeber einem das trotzdem versalzen werden. Es ist immerhin auch ihr Job, Arbeitnehmer unten zu halten.