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Tagung des NachhaltigkeitsratsGemeinsam gegen viele Krisen

Die Bewältigung der aktuellen Probleme darf nicht von der Transformation ablenken. Sie müssen schnell angegangen werden, so das Beratergremium.

Sarah Ryglewski und Hendrik Wüst auf der 21. Jahreskonferenz des RNE Foto: André Wagenzik/Florian Bolk/RNE

Berlin taz | Auf Krisen schnell und flexibel reagieren – das sei nötig, um die kommenden Jahre zu meistern, hieß es am Montag auf der Jahrestagung des deutschen Rats für nachhaltige Entwicklung (RNE) in Berlin. Und die Konferenzleitung konnte gleich zeigen, wie das geht: Als Hauptredner war Bundeskanzler Olaf Scholz geplant, der über die deutsche Verantwortung für die globalen Nachhaltigkeitsziele, die SDG, reden sollte. Ihm kam aber Ziel Nummer 3 in die Quere: globale Gesundheit. Mit einem positiven Coronatest nach seiner Reise an den persischen Golf sagte der Kanzler kurzfristig ab.

RNE-Vorsitzender Werner Schnappauf machte „aus der Krise eine Chance“ – und lud Sarah Ryglewski aufs Podium, die seit Mitte August als Staatsministerin im Kanzleramt das Thema Nachhaltigkeit verantwortet.

Ryglewski sagte der Konferenz dann zu, dass trotz Ukrainekrieg, Pandemie, Hunger und Schuldenkrise „wir von unseren internationalen Verpflichtungen zur Nachhaltigkeit nicht abweichen werden“. National hob sie zusammen mit dem Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz, NRW-Regierungschef Hendrik Wüst, das „Gemeinschaftswerk Nachhaltigkeit“ aus der Taufe.

Neben einer Webseite, auf der bundesweit gute Idee, Vorbilder, Aktionen und Kontakte gesammelt werden, wird es Veranstaltungen geben. Das Projekt soll Unternehmen, Behörden, Gemeinden, Parlamente, Verbände in der Nachhaltigkeitsarbeit vernetzen. Die Koordination hat der RNE. Der Werbeslogan dazu heißt: „Und jetzt alle“.

Soziale Ängste nicht vergessen

Schnappauf forderte ein „neues Feuer“ der Begeisterung“ im Land für die Ziele der Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit entscheide sich nicht in der Regierung, sondern in den Kommunen, den Unternehmen und bei den Menschen. Für den RNE-Vorsitzenden „beschleunigen die Krisen die Transformation“. Stimmen, dass „in der Krise erst mal Krisenbewältigung gemacht wird“ und Transformation dann später kommen könne, widersprach er.

„Nachhaltigkeit ist der Generalschlüssel für eine gute Zukunft“, so Schnappauf. Den müsse man jetzt dringend nutzen – und dabei die Menschen mitnehmen, auch bei sozialen Ängsten. Konkret heiße das: Bei allen derzeit nötigen Entscheidungen in der Energiepolitik wie mehr LNG-Gas und Kohle: Es dürfe „keine neuen langfristigen Lock-in-Effekte geben“, wie sie etwa durch Gas-Terminals entstehen könne. „An den beschlossenen Zielen wird nicht gerüttelt. Klimaneutralität bis 2045 gilt.“

Der RNE besteht aus Ver­tre­te­r:in­nen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik und berät die Bundesregierung seit 2001.

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5 Kommentare

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  • "Nachhaltig" an diesem Rat ist offensichtlich nur deren Existenz. Wenn man die Entwicklung von Nachhaltigkeit der vergangenen 21 Jahre seit der Berufung durch die "Schröder/Fischer" Regierung betrachtet, war dieser "Rat" schon seinerzeit Teil des Umwelt- und Klimamarketings. Blendwerk, als Gegengewicht zu den Erkenntnissen und Vorschlägen u.a. des Umweltbundesamtes, die schon damals nicht mit den neoliberalen rot/grünen Wachstumsfantasien kompatibel waren.



    Mit der Auflösung des RNE und der Abschaltung der Webseiten ließe sich nachhaltig Energie sparen.

  • "Soziale Ängste nicht vergessen"



    Sind ja nur Ängste, nicht etwa Probleme.



    Spachgebrauch der Gutverdienenden.



    "Für den RNE-Vorsitzenden „beschleunigen die Krisen die Transformation“."



    Prima. Dann fangen wir am besten gleich noch einen Wirtschaftskrieg mit China an. Dann geht die "Transformation" doch gleich viel schneller, wenn von dort keine Solarmodule mehr kommen.

  • Leider vergeht kaum ein Tag ohne neue Studien, dass Klimaziele nicht gehalten werden, der Klimawandel schneller und stärker kommt als gehofft oder unumkehrbare Kettenreaktionen drohen.

    Doch auch in dieser verheerenden Situation gelingt es der Menschheit und vor allem den hauptverantwortlichen wohlhabenden Staaten nicht, den Kurs zu ändern.

    "Der Krieg gegen die Natur" (UN Generalsekretär) wird vielmehr weiter verschärft.

    Wir leben in einem Wirtschaftssystem, was nur an heute und morgen denkt, aber kein übermorgen kennt.

    Damit wir unsere Wohnungen weiter überheizen und Fleisch in uns hineinstopfen können, nehmen wir als Mehrheit die künftige Katastrophe in Kauf.

    In welchem rasanten Tempo ein einziger Krieg jeden Versuch, den Klimawandel zu begrenzen, zerstörte, ist erschütternd. Genau genommen ist es nicht der Krieg, sondern ist es die durch den Krieg erneut zutage tretende absolute Weigerung der Gesellschaft zum notwendigen Verzicht.

    Dabei macht die große Mehrheit der Wirtschaftsgüter in unserer Gesellschaft nicht glücklich. Es sind konditionierte Bedürfnisse, die das als lebensnotwendig erscheinen lassen, was tatsächlich verzichtbar ist.

    90 % der Inhalte der Supermarktregale sind unnötig und schädlich. Aber die Leute glauben - ähnlich wie in der Covid-Krise - dass der Zugriff auf diesen Müll ein Menschenrecht ist, wodurch letztlich die Rechte aller Menschen zerstört werden.

    Vielleicht könnte noch eine starke Zunahme eines auf zivilen Widerstand auf allen Ebenen setzenden Protestes etwas bewirken. Hoffen wir, dass es dafür nicht zu spät ist.

    • @PolitDiscussion:

      Guter und leider absolut richtiger Kommentar

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Wenn Wachstumgläubige "Nachhaltigkeit" definieren ...



    Es kann im Kapitalismus keine Nachhaltrigkeit geben.



    Wie anders, danach will man nicht wirklich suchen, denn die Befunde sind ungemütlich.