piwik no script img

Tag der Pressefreiheit 2025Die neue Presse unter Trump

In den USA wird die Pressefreiheit weiter eingeschränkt. Zugleich bilden sich neue Kanäle und Formen der Einflussnahme: Influencer und Crowdfunding.

Donald Trump beschneidet die Pressefreiheit in den USA Foto: Alex Brandon/AP

Der US-amerikanische Mediendiskurs gleicht einer Marktschreierei. Alle brüllen wild durcheinander, oft wiederholen sie sich. Lügen, Übertreibungen und Diffamierungen sind die Norm. Der Lärm ist ohrenbetäubend, das Angebot ist spärlich. Während das Geschrei möglichst viele Leute von einer Seite überzeugen soll, haben sich die meisten längst entschieden. So wird um wenige Unentschlossene gebrüllt, gezankt, gekämpft. Und all das, während die lautesten Marktschreier den leisen die Stimme stehlen. Die Lösung? Noch lauter schreien? Nein, es müssen alternative Märkte her.

Die journalistischen Fronten in den USA sind nicht erst seit Trumps zweiter Präsidentschaft verhärtet. Während der Journalismus längst nicht nur dort bedroht ist, zeigt sich besonders in der weltweit ältesten Demokratie seine Aushöhlung. Den Nachrichtenagenturen Associated Press (AP), Bloomberg und Reuters wird der Zutritt zum Weißen Haus verwehrt. Trump verbannt jede kritische Berichterstattung zu seiner Person als „illegal“. Fox News und weitere Vertreter der erzrepublikanischen Presse wettern permanent gegen das angeblich demokratische „Establishment“. Dazu haben Trump, Vance und Co längst das Potential einer neuen Gruppe erkannt: das Influencertum.

Bereits Ende Januar ließ die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, auch Podcaster und Influencer in den Presseraum. Schon im Wahlkampf nutzte Trump den Moderator Joe Rogan und seinen gleichnamigen Podcast als mitunter wichtigstes Sprachrohr. Nun mobilisiert Pastor Franklin Graham für den Präsidenten die evangelikalen Kräfte in den sozialen Medien, während Influencer wie die Black-Lives-Matter-Gegnerin Candace Owens und Morgonn Blaire McMichael die junge Zielgruppe ansprechen. Als Gen-Z-Stimme nutzt McMichael nicht nur ihre eigenen Kanäle, sondern auch die der erzkonservativen Studierendenorganisation Turning Point USA. Mit reichlich Kalkül ließ Trump sich schon im Wahlkampf mit jungen Influencern wie Logan Paul, The Nelk Boys und Adin Ross sehen und tauchte in deren Livestreams auf.

Demokratische Antwort von In­flu­en­ce­r*in­nen

Doch der trumpsche Griff nach der Influencer-Welt bleibt nicht ohne demokratische Antwort. Künstlerinnen wie Zoe Saldana, Kerry Washington, Jojo Siwa und Yara Shahidi distanzieren sich in aller Öffentlichkeit von Trump und mobilisieren ihre millionenfache Followerschaft. Während sich in den sozialen Medien – das ehemalige Twitter einmal ausgenommen – Positionen gegen Trump noch offen kommunizieren lassen, ist die etablierte Presse im Umbruch.

Beilage Tag der Pressefreiheit 2025

Die Beilage der taz Panter Stiftung und Reporter ohne Grenzen zum Tag der Pressefreiheit 2025 finden Sie

Verkörpert wird dieser Wandel unter anderem durch die Washington Post, die seit über einem Jahrzehnt dem Multimilliardär Jeff Bezos gehört. Mit ihrem Verkauf büßte die Zeitung ihre journalistische Integrität ein, denn Bezos nutzt die Plattform, um seine eigenen wirtschaftlichen Narrative zu setzen. Auch deswegen verließ die langjährige Kolumnistin Jennifer Rubin das Blatt Anfang des Jahres und gründete ihren eigenen trumpkritischen Substack-Newsletter The Contrarian. Der Untertitel – „Not Owned By Anybody“ – macht deutlich, wie sehr Rubin auf journalistische Unabhängigkeit setzt. Nach gerade einmal vier Monaten hat sie den Zuspruch von über einer halben Million Abonnent:innen.

Dieser von der Öffentlichkeit schwarmfinanzierte Journalismus ist eine junge, aber erfolgreiche Alternative zu den üblichen Kanälen. Prodemokratische Plattformen wie MeidasTouch, The Majority Report und The Young Turks finanzieren sich zum Großteil durch Crowdfunding, beeinflussen die US-amerikanische Medienlandschaft und sind mit ihren Mo­de­ra­to­r:in­nen selbst Teil des Influencertums. Cenk Uygur, der Gründer und CEO von The Young Turks, meint: „Die Pressefreiheit in Amerika war großartig, bis Trump kam. Jetzt verklagt er die Medienunternehmen, die ihn kritisieren, und bedroht ihre Lizenz. Er ist ein klassischer autoritärer Tyrann.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Und vor diesem Hintergrund maßt sich der US-Außenminister Rubio an, deutsche Maßnahmen gegen die Faschisten als "undemokratisch" zu denunzieren.