Täuschung von Anlegern: Verurteilung von Ex-IKB-Chef
Stefan Ortseifen, der Ex-Chef der Krisenbank IKB bekommt zehn Monate Haft auf Bewährung - wegen einer geschönten Pressemitteilung.
HAMBURG taz | Erstmals ist ein Topbanker in Deutschland im Zusammenhang mit der Finanzkrise verurteilt worden. Das Landgericht Düsseldorf hat den ehemaligen Chef der Mittelstandsbank IKB, Stefan Ortseifen, wegen Börsenmanipulation zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Zudem muss der Exmanager 100.000 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen. Ortseifen kündigte bereits vor dem Urteilsspruch an, in Revision zu gehen.
Das Gericht sah als erwiesen an, dass Ortseifen im Juli 2007 die Lage der IKB in einer Pressemitteilung geschönt und so die Anleger getäuscht habe. Eine Woche nach der Mitteilung stand die Bank vor dem Zusammenbruch, der nur mit staatlicher Hilfe von über 10 Milliarden Euro verhindert werden konnte.
Licht in die weltweite Banken- und Finanzkrise bringt das Urteil kaum. Ob Ortseifen die Risiken grotesk falsch einschätzte, wie seine Anwälte argumentieren, oder ob er die unschöne Wahrheit schöngeredet hat, wie Richterin Brigitte Koppenhöfer urteilte, bleibt zunächst offen.
Schuld am IKB-Debakel ist für Ortseifen die Deutsche Bank. Sie habe die Kreditlinie für die IKB eine Woche nach der missratenen Mitteilung geschlossen - was auf den Finanzmärkten als "Fanal" gewertet wurde. Die Gerügte wies die Vorwürfe zurück.
Die IKB Deutsche Industriebank AG war im Sommer 2007 nach der Landesbank Sachsen der zweite deutsche Geldverleiher am Abgrund. Eigentlich hatte das Kreditinstitut von grundsoliden Darlehen an Handwerk und Gewerbe gelebt. "Grundsolide" bedeutet aber auch kleine Gewinne. Um ihre Eigenkapitalrenditen aufzupeppen, gingen viele ein höheres Risiko ein. So auch die Nummer 27 unter Deutschlands Geldverleihern.
Ortseifen setzte den rasanten Expansionskurs seiner Vorgänger und nutzte wie viele seiner Kollegen in Frankfurt, London und New York Regulierungslücken. Im Ausland wurden Zweckgesellschaften gegründet, an Bilanz und Eigenkapitalvorschriften vorbei wettete die Bank auf wackelige Hypotheken von finanzschwachen Häuslebauern in den USA. Als 2007 die US-Immobilienblase platzte, platzten auch die Anlagevehikel der IKB.
Indirekt getroffen wurden die staatliche KfW-Bank als Haupteigentümerin der Pleitebank und andere Aktionäre. Der IKB-Fall ist nicht der einzige Fall, der vor Gericht geklärt werden soll. Ermittlungen laufen auch gegen zahlreiche weitere Manager.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren