piwik no script img

Tadeusz Mazowiecki gestorbenDer Vater der Freiheit Polens

Er gehörte zu den Gesichtern des polnischen Freiheitskampfs: Tadeusz Mazowiecki setzte sich jahrzehntelang für demokratischen Wandel ein.

Tadeusz Mazowiecki: der erste demokratisch gewählte Ministerpräsident Polens. Bild: dpa

WARSCHAU dpa | Tadeusz Mazowiecki, der erste demokratisch gewählte Ministerpräsident Polens nach dem Zusammenbruch des Kommunismus, ist tot. Der tief gläubige Katholik starb am Montag nach längerer Krankheit im Alter von 86 Jahren. Außenminister Radosław Sikorski nannte Mazowiecki, der zu den führenden Bürgerrechtlern in Polen gehörte, „einen der Väter unserer Freiheit und Unabhängigkeit.“

Während des Streiks auf der Danziger Leninwerft im Sommer 1980 gehörte Mazowiecki zu den Beratern des späteren Präsidenten Lech Wałęsa. 1989 nahm er an den Gesprächen am Runden Tisch teil, um den friedlichen Übergang vom Kommunismus zur Demokratie zu verhandeln. Staatspräsident Bronisław Komorowski würdigte Mazowiecki am Montag als Menschen, „der in den für Polen entscheidenden Momenten den Mut hatte, weise zu sein“.

Als Ministerpräsident (1989–90) hatte Mazowiecki einen „dicken Strich“ unter die Vergangenheit ziehen wollen. Politische Gegner im Lager der Gewerkschaft „Solidarność“ warfen ihm damals vor, mit seinem Versöhnungskurs verhindere er eine Abrechnung mit der kommunistischen Vergangenheit Polens.

Anders als die meisten Oppositionellen war Mazowiecki zu Zeiten des Kommunismus Mitglied des Parlaments – in den 1960er Jahren gehörte er der kleinen katholischen Abgeordnetengruppe „Znak“ an, die sich unter anderem für eine Aussöhnung mit Deutschland einsetzte.

Zu einem Symbol des Brückenschlags zum westlichen Nachbarland, unter dem Polen im Zweiten Weltkrieg so gelitten hatte, wurde die „Versöhnungsmesse“ im November 1989 in Kreisau, an der Mazowiecki und der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl teilnahmen. Mazowiecki erhielt im Jahr 2000 für seine Rolle beim friedlichen Wandel in Europa das Bundesverdienstkreuz.

Zwischen 1992 und 1995 war Mazowiecki UN-Sonderbotschafter für den Konflikt im ehemaligen Jugoslawien. Nach dem Massaker von Srebrenica, bei dem bosnisch-serbische Truppen im Juli 1995 rund 8000 Männer und Jungen ermordeten, trat er von diesem Amt zurück.

General Wojciech Jaruzelski, unter dessen Militärrat Mazowiecki im Dezember 1981 während des Kriegsrechts interniert worden war, hob am Montag „Mut und Augenmaß“ des Politikers und Publizisten hervor.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • L
    lowandorder

    Fürwahr - in tiefem Respekt.

     

    ------//////----

     

    "General Wojciech Jaruzelski, unter dessen Militärrat Mazowiecki im Dezember 1981 während des Kriegsrechts interniert worden war, hob am Montag „Mut und Augenmaß“ des Politikers und Publizisten hervor."

     

    Das find ich ganz prima; wobei ich mich - wie bei seinem habituellen Neffen Gauch auch -

    bei Jaruzelski, dem General, Namensgeber einer Undergroundband

    - und Moskau-Büttel, doch frage,

    wie er das alles so im Halbdunkel

    seiner Gläser erkennen konnte.