piwik no script img

TV-Show „Glow up“Schminke ist Selbstverteidigung

In der neuen Show des ZDF „Glow up“ sucht Deutschland den Make-Up-Star. Die Sendung schafft einen neuen Blick auf die politische Seite der Schminke.

Glow up: Make-up-Look zum Thema „Musikvideo“ Foto: Malorie Shmyr/ZDF

Foundation, Contouring und Fake Lashes – für viele ist Make-up noch immer reine „Frauensache“. Dass das längst nicht mehr zeitgemäß ist, zeigt eine neue Fernsehshow: „Glow up – Deutschlands nächster Make-up-Star!“ läuft seit Ende September bei ZDF Neo.

Bei dem aus Großbritannien importierten Format kämpfen zehn Make-up-Artists um 20.000 Euro und einen Vertrag mit einer renommierten Agentur. Unter ihnen ist zum Beispiel Albert, der in Ghana geboren ist und dort aufgrund seiner sexuellen Orientierung diskriminiert wurde. Oder Elli, eine Transfrau, die als Jugendliche am liebsten Theater gespielt hat, weil sie dabei Make-up tragen durfte. Alle ­Kan­di­da­t:in­nen vereint, dass sie sich über Make-up ausdrücken wollen: künstlerisch und politisch.

Jede Woche gibt es zwei neue Challenges, bei denen sie ihr Können unter Beweis stellen müssen: Seien es optische Täuschungen oder Graphic Eyeliner – perfekt beherrschen müssen sie am besten alles. Moderiert wird die Show von LGBTQ-Aktivist Riccardo Simonetti, dem es mit bohrender Warmherzigkeit gelingt, die eine oder andere Emotion aus den Kan­di­da­t:in­nen herauszukitzeln. Für ein nie dagewesenes Wohlfühlformat fehlen eigentlich nur noch Duftkerzen.

Wäre da nicht die Jury. Die Schikanen von Fotograf Armin Morbach und Star-Make-up-Artist Loni Baur sind nämlich nichts für schwache Nerven. Während der Challenges schleichen sie mit Lupe und verstohlenem Geflüster um die arbeitenden Kan­di­da­t:in­nen herum. Dabei flüstern sie einander ab und an miese Kommentare zu, die aber deutlich hörbar sind. Wenn sie dann am Schluss die Kritikpunkte laut vortragen, kann man als Zu­shaue­r:in fast hören, wie die Herzen der Künst­le­r:in­nen brechen.

Zugegebenermaßen würde der Show vielleicht an Spannung fehlen ohne Brutalo-Jury. Und vielleicht ist es das wert, wenn das Publikum auf diese Weise eine neue Sicht auf Make-up kennenlernt.

Die Show ist Teil einer größeren Bewegung. Auch auf Social Media wird Make-up längst nicht mehr als Hilfsmittel von Frauen gesehen, die Männer gewinnen wollen. Für viele ging es darum sowieso nie. Heute bieten Männer Contouring-Tutorials für Männer an. Andere Use­r:in­nen setzen mithilfe von Schminke politische Statements. Die Teil­neh­me­r:in­nen von „Glow up“ vertreten Menschen, für die Make-up mehr ist als Schminke: Kunst, Selbstverwirklichung oder eine Form der Verteidigung. Make-up ist politisch.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Themen #TV
Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.