TV-Epos auf Sat.1: Das Göttliche in uns allen
Melodramatische Schmonzette in Kinoqualität: Sat.1. hat Ken Folletts Kirchenbaustellenroman "Die Säulen der Erde" als Vierteiler verfilmt. Doch clevere Erzählstränge fehlen.
Es wird gesoffen, gevögelt, gemordet und geklotzt. So sieht es zumindest aus, wenn Sat.1 im zwölften Jahrhundert eine Kathedrale bauen lässt, und das in der Rekordzeit von acht Stunden: im Vierteiler "Die Säulen der Erde", der von heute an immer montags um 20.15 Uhr ausgestrahlt wird.
Mittelaltergerecht kostümiert wuselt dabei ein internationales Starensemble um die Pfeiler des Gotteshauses herum: Der Steinmetz Tom Builder (Rufus Sewell) ist mit seinen Kindern auf der Suche nach Arbeit. Im Schlepptau haben die Builders die Einsiedlerin Ellen (Natalia Wörner) und ihren wortkargen, aber hochbegabten Sohn Jack. Die Patchworkfamilie landet im mittelenglischen Kaff Kingsbridge, das über ein baufälliges Kloster mit einer maroden Kirche verfügt, die auch - ganz zufällig - zeitnah in Flammen aufgeht.
Während Builder mit dem Prior des Mönchsordens Philipp (Matthew MacFayden) an den Plänen für eine neue Kathedrale tüftelt, tobt in England ein blutiger Erbfolgekrieg um den vakanten Thron König Heinrichs. Drahtzieher ist der diabolische Bischofsvertreter Waleran Bigod (Ian McShane), der auch die kommenden Jahrzehnte dafür sorgt, dass das Land nicht zur Ruhe kommt.
Ausgedacht hat sich die Geschichte vom Kathedralenbau vor 20 Jahren der englische Schriftsteller Ken Follett. Der internationale Bestseller galt lange als unverfilmbar; mit der Adaption von Sat.1 ist der Autor anscheinend zufrieden: "Ich habe es mir erträumt, und jetzt ist es real." Das Format ist in 172 Länder verkauft worden, die bisherigen Quoten in den USA und den meisten europäischen Ländern sind ordentlich.
Dennoch leidet der Vierteiler an allerhand klischeeverwurstenden Unstimmigkeiten. Drehbuchautor John Pielmeier, der, ebenso wie Follett, auch in einer Nebenrolle zu sehen ist, hat am ursprünglichen Stoff gehörig rumgeschraubt. Da mal eine überflüssige Inzestgeschichte, hier mal ein als Gnadenmahl getarnter Schierlingsbecher und Mordopfer, die eigentlich keine sind.
Fraglos kommt keine Literaturverfilmung ohne dramaturgische Brüche aus, aber Folletts Roman funktioniert - gerade in puncto Spannung und Logik - über clevere Erzählstränge, die dem Film völlig fehlen. Das Historienepos tendiert öfter in Richtung melodramatische Schmonzette. Dennoch, das Bühnenbild, die Schlachtszenen und die Kinoqualität der TV-Produktion sind beeindruckend, bei einem Etat von 40 Millionen US-Dollar aber auch erwartbar. Die Leistungen der Schauspieler sind durch die Bank solide, allen voran die Ian McShanes, dem die Bösartigkeit aus jeder Pore tropft.
Der Weihnachtsvierteiler ist eigentlich Hoheitsgebiet des ZDF. Von 1964 bis 1983 liefen dort regelmäßig große Abenteuerfilme wie "Der Seewolf" oder "Die Schatzinsel". Bei den Kollegen in Mainz habe man nicht abgeguckt, versichert man bei Sat.1. In den USA wurden "Die Säulen der Erde" im Spätsommer als Miniserie ausgestrahlt. Die Idee mit den Follett-Filmen wiederum kommt allerdings vom ZDF, das die Rechte an sechs Romanen des Briten hält. Zuletzt scheiterte man Anfang 2010 mit dem Versuch, "Das Eisfieber" fernsehgerecht zu inszenieren, und ließ die eigentlich spannende Geschichte um ein tödliches Virus pilchermäßig verwässern.
Da waren die Mehrteiler von einst zum Fest der Liebe deutlich besser. Und weihnachtliche Besinnlichkeit hat Drehbuchschreiber Pielmeier dann doch noch subtil ins Skript gebetet: "Die Kirche ist eine Metapher auf das Göttliche in uns allen." Bei Sat.1 ist man da bescheidener, man spricht nur vom "TV-Event des Jahres".
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