TV-Auftritt von Donald Trump bei CNN: Ein Debakel
Bei einem Townhall-Meeting des Senders CNN trifft Donald Trump auf ein ihm freundlich gesinntes Publikum – und wiederholt alle von ihm bekannten Lügen.
Übertragen wurde die Veranstaltung vom US-Nachrichtensender CNN, den Trump gerne als „Fake News“ bezeichnet. Im Publikum saßen allerdings nur republikanische sowie unentschlossene Wähler. Das Ergebnis war ein pro-Trump-Publikum und eine Fortsetzung von dem, was der Ex-Präsident im Januar 2021 bei seinem Auszug aus dem Weißen Haus angefangen hatte.
„Es war eine manipulierte Wahl und es ist schade, dass unser Land dies durchmachen musste“, sagte Trump gleich zu Beginn der Veranstaltung am Mittwochabend Ortszeit und wiederholte damit seine oft zierte Lüge einer gestohlenen Wahl. Er war die erste von vielen haltlosen Behauptungen, die Trump an diesem Abend von sich gab.
Er bestritt nicht nur weiterhin, die US-Präsidentschaftswahl im Jahr 2020 verloren zu haben – die Fakten beweisen das klare Gegenteil – auch beim Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 ist er sich keiner Schuld bewusst. Vielmehr würde er bei einer Wiederwahl einen Großteil derjenigen, die wegen ihrer Teilnahme am 6. Januar verurteilt wurden, begnadigen. Auf die Frage, ob er auch Mitglieder der rechtsextremen Proud Boys begnadigen würde, antwortete er ausweichend: „Ich müsste mir ihren Fall ansehen.“
Ocasio-Cortez: CNN sollte sich schämen!
Zum Ukrainekrieg befragt, behauptete Trump, unter seiner Präsidentschaft wäre es dazu erst gar nicht gekommen. „Wenn ich wieder Präsident bin, dann brauche ich nur einen Tag – 24 Stunden – um den Krieg zu beenden“, sagte Trump, ohne auf weitere Details einzugehen. Auch die Frage, wer seiner Meinung nach den Krieg gewinnen solle, wich er aus. „Ich will, dass alle aufhören zu sterben. Russen und Ukrainer“.
Auf den sozialen Netzwerken feierten Trump-Anhänger den in manchen Stellen aufbrausenden und aggressiven Auftritt des Ex-Präsidenten. Besonders ein Moment erfreute sich großen Zuspruchs, und zwar als Trump die CNN-Moderatorin Kaitlan Collins als „nasty person“ bezeichnete, was in diesem Zusammenhang so viel wie „böse oder fiese Person“ bedeutete. Die Entgleisung erfolgte während eines hitzigen Schlagabtauschs zu Trumps Umgang mit Geheimdokumenten.
Sonderermittler untersuchen sowohl Trump als auch den amtierenden US-Präsidenten und Demokraten Joe Biden wegen deren Handhabung von US-Geheimakten.
Unter Demokraten hagelte es jedoch vor allem Kritik an CNN selbst. Viele politisch liberale Menschen beschwerten sich darüber, dass der Nachrichtensender jemandem wie Trump überhaupt eine Plattform zur Verfügung stellt, damit dieser seine Lügen und Behauptungen verbreiten kann. „CNN sollte sich schämen“, schrieb die demokratische Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez auf Twitter.
Mit Hinblick auf die nächste Wahl im November 2024 dürfte der Auftritt als Erfolg für Trump gewertet werden. Trump war, wie er immer ist. Dies dürfte zwar seine treuen Anhänger freuen, doch es wird schwierig werden, mit dieser Wahlkampfstrategie andere unentschlossene US-Amerikaner:innen für sich zu gewinnen.
Bei kontroversen Themen wie Abtreibung oder Waffengesetzen hielt sich Trump bedeckt, und auf die Frage einer jungen Wählerin, wie er die steigende Inflation bekämpfen würde, sagte er: „Drill baby, drill!“ Gemeint ist damit eine Ausweitung von Öl- und Gasbohrungen und damit mehr fossile Brennstoffe und weniger Klimaschutz.
Ob sich Präsident Biden die Performance seines möglichen Konkurrenten anschaute, ist nicht bekannt. Doch wie eine Korrespondentin berichtete, zeigten die Fernseher an Bord von Air Force One am gestrigen Abend nicht wie üblich CNN, sondern MSNBC.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!