TTIP und Lobbyeinfluss: Frühwarnsystem für Gesetze
In dieser Woche diskutieren die TTIP-Unterhändler über ein neues Gremium. Es soll Interessensvertretern Einfluss auf Regulierungen und Gesetze sichern.
BERLIN taz | In dieser Woche verhandeln die Chefunterhändler der EU und der USA in Brüssel weiter über das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP. Vermutlich werden sie dieses Mal nicht über das umstrittene Kapitel diskutieren, das es Investoren erlaubt, Staaten vor einem Schiedsgericht zu verklagen. Aber das Thema, das einem kürzlich geleakten EU-Papier zufolge die aktuell laufende Runde bestimmen soll, birgt genauso viel Streitpotenzial: die sogenannte regulatorische Zusammenarbeit.
Dabei geht es darum zu verhindern, dass Standards oder Gesetze, die den Handel behindern könnten, überhaupt erst entstehen. Ziel der Kommission sei es, ein „effektives, wettbewerbsfreundliches, regulatorisches Umfeld zu schaffen, das transparent und berechenbar für Bürger und Unternehmen ist“, heißt es im Artikel 1 des geleakten Papiers.
Im Klartext bedeutet das: Europäer, die in den USA investiert haben, sollen von der Gesetzgebung aus den USA nicht negativ überrascht werden – und andersherum auch nicht.
Deswegen sollen alle an TTIP beteiligten Staaten einmal im Jahr eine Liste der geplanten Gesetzesvorhaben vorlegen, geht es in Artikel 5 weiter. So könnten im Rahmen des Freihandels bedenkliche Vorhaben frühzeitig erkannt und Beratungen mit dem Partner bei einer zentralen Anlaufstelle beantragt werden.
"Behörde, die Lobbyeinfluss institutionalisiert"
Herzstück dieser Zusammenarbeit soll ein „Regulatory Cooperation Body“ sein, ein Gremium zur regulatorischen Zusammenarbeit. Dieses solle sich mindestens einmal im Jahr auch mit Interessenvertretern austauschen, heißt es in Artikel 15. Dazu zählen theoretisch auch Gewerkschaften und Verbraucherschutzverbände.
Aber zwei Drittel aller Lobbyisten in Brüssel verträten die Interessen von Unternehmen, warnt Max Bank von der Organisation Lobbycontrol. Er sieht in dem geplanten Gremium eine „Behörde, die Lobbyeinfluss institutionalisiert“. Zudem greife sie weit in die demokratischen Rechte der Mitgliedstaaten ein, „wenn Gesetze, bevor sie erlassen werden, daraufhin geprüft werden, ob sie handelsfreundlich sind oder nicht“.
Der EU-Kommission gehe es nur darum, „eine Struktur zu schaffen, über die man sich transatlantisch über Regulierung austauscht“, sagte ihr Berliner Sprecher Reinhard Hönighaus. Die jeweiligen Gesetzgeber blieben frei darin, ob sie nach den Beratungsgesprächen die Bedenken der Handelspartner berücksichtigten.
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