Syriens Diktator zu Besuch in China: Xi macht Assad wieder salonfähig
Jahrelang musste er fernbleiben, nun hat Syriens Präsident Assad wieder China besucht. Das Treffen zeigt Pekings wachsenden Einfluss in Nahost.
Am Freitag ist Assad mit Staatschef Xi Jinping zu Gesprächen zusammengekommen. Auch hier waren ausschließlich positive Signale zu vernehmen. Xi sprach laut Angaben der Nachrichtenagentur Xinhua von einer „stärker gewordenen“ Freundschaft zwischen den zwei Ländern. China sei zudem weiterhin bereit, Syrien dabei zu unterstützen, „Einmischung von außen“ abzuwehren. Nicht zuletzt haben die zwei Staatsoberhäupter eine gemeinsame „strategische Partnerschaft“ beschlossen, ohne jedoch konkrete Inhalte der Abmachung bekannt zu geben.
Für den syrischen Präsidenten ist es der erste China-Besuch seit fast zwanzig Jahren. Aus Sicht Assads ist offensichtlich, warum es überaus gewinnbringend ist, sich mit einem solch politisch mächtigen und wirtschaftlich potenten Staat wie China gut zu stellen. So dürfte China eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau des zerrütteten Landes spielen und auch dabei helfen, dessen Isolation zu durchbrechen.
Mehr noch: Assad, der vom Westen weitgehend als Paria behandelt wird, dürfte durch Chinas Avancen wieder salonfähig auf dem internationalen Parkett werden. Im Mai wurde Syrien bereits wieder in den Reihen der Arabischen Liga begrüßt, nachdem diese das Land 2011 wegen der Niederschlagung von Protesten suspendiert hatte.
Warum jedoch Peking „den Schlächter aus Damaskus“ derart hofiert, liegt weniger auf der Hand. Rein wirtschaftlich ist die Volksrepublik zwar mittlerweile mit jährlichen Exporten von über 420 Millionen US-Dollar der wichtigste Handelspartner Syriens, doch für chinesische Verhältnisse sind das eher Peanuts. Und bislang agieren auch die Unternehmen eher zurückhaltend: Ein zwei Milliarden Dollar teurer Industriepark, den man in Syrien errichten wollte, hat sich bislang als leeres Versprechen herausgestellt. Die Angst, gegen westliche Sanktionen zu verstoßen, ist größer als kurzfristige Renditen.
Was Syrien aus chinesischer Sicht dennoch wirtschaftlich attraktiv macht, ist die geografische Lage des Landes: Syrien hat Zugang zum Mittelmeer und könnte für den chinesischen Warenverkehr eine zunehmend wichtige Transitrolle spielen.
Bedrohung durch ehemalige IS-Kämpfer
Vor allem jedoch ist es China wichtig, eine Regierung zu unterstützen, die Pekings Bemühungen zur Terrorismus-Bekämpfung teilt. Denn laut Pekings Angaben haben sich in den letzten Jahren tausende Uiguren – die muslimische Minderheit aus der nordwestchinesischen Region Xinjiang – radikalisiert und auf Seiten des sogenannten „Islamischen Staats“ (IS) in Syrien gekämpft. Dass die Islamisten nun möglicherweise als Unabhängigkeitskämpfer zurück nach Xinjiang kommen könnten, wertet die Parteiführung in Peking als elementare Bedrohung.
Nur in diesem Kontext ist zu verstehen, warum China nach Kriegsbeginn in Syrien und trotz der fürchterlichen Verbrechen der Assad-Regierung stets zu Damaskus gehalten hat. Im UN-Sicherheitsrat etwa stimmte Peking konsequent gegen wirtschaftliche Sanktionen.
Mit seiner pragmatischen, langfristigen, aber auch moralisch indifferenten Perspektive ist die Volksrepublik China längst zum wichtigen Player in der arabischen Welt geworden. Am eindrücklichsten hat Peking dies demonstriert, als es im März die Normalisierung diplomatischer Beziehungen zwischen Iran und Saudi-Arabien vermittelte – sehr zum Ärger der Vereinigten Staaten, deren Einfluss in der Region abnimmt. China hingegen ist es gelungen, zu allen Staaten der Region vergleichsweise gute Beziehungen zu unterhalten, vor allem aufgrund seiner wirtschaftlichen Macht als Investor und Käufer von Öl.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten