Swift-Abkommen: Justizministerin hat Kritik eingestellt
Die Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger lässt dem Innenminister beim Swift-Abkommen freie Hand. Letztes Jahr war das noch anders.
FREIBURG taz | So lautlos kann die schwarz-gelbe Koalition regieren. Zwar steht in Brüssel der Beschluss des Swift-Abkommens mit den USA unmittelbar bevor. Doch anders als beim ersten Versuch im November 2009 gibt es diesmal in der Bundesregierung keinerlei Auseinandersetzungen, nicht einmal hörbare Diskussionen. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) tun diesmal so, als ginge sie das alles gar nichts an. Die Justizministerin hat jede Kritik eingestellt.
Das Abkommen ermöglicht den USA den Zugriff auf Informationen über europäische Auslandsüberweisungen (siehe taz vom 23. 6.). Nach wie vor erlaubt es den USA auch eine Vorratsdatenspeicherung von europäischen Bankdaten. Die übermittelten Daten (zum Beispiel alle Überweisungen, die von Deutschland in den letzten zwei Monaten Richtung Jemen gingen) werden in den USA bis zu fünf Jahre aufbewahrt.
Am Montag oder Dienstag wird das Abkommen vom EU-Ministerrat beschlossen. Dann muss das Europäische Parlament zustimmen, das noch im Februar blockierte. Doch Ende letzter Woche haben auch die großen Fraktionen des EP ihre Zustimmung signalisiert, unter anderem weil die EU bald ein eigenes Programm zur Kontrolle der Finanzströme aufbauen will.
Wie aus Brüsseler Ratskreisen zu hören ist, wird Deutschland im Ministerrat zustimmen. Trotz mehrerer taz-Anfragen wollte das Bundesinnenministerium sein Abstimmungsverhalten nicht mitteilen.
Auch das Justizministerium wollte nicht Stellung nehmen, obwohl oder weil Leutheusser-Schnarrenberger sich offensichtlich erneut nicht durchsetzen konnte.
Im April beschloss der FDP-Parteitag in Köln, dass im Swift-Abkommen die Datenübermittlung "in Paketen" ausgeschlossen werden soll. "Die FDP lehnt einen präventiven Datenaustausch ab." Den Antrag hatte Leutheusser-Schnarrenberger vorbereitet. Nun geht sie auf Tauchstation.
Das war im November letzten Jahres noch anders. Tagelang hatte die Justizministerin mit dem Innenminister öffentlich gerungen. Am Ende enthielt sich de Maizière im EU-Ministerrat statt wie von ihr gewünscht mit Nein zu stimmen.
Per Presseerklärung kommentierte sie damals: "Die heutige Entscheidung ist gegen den Widerstand der Bundesministerin für Justiz zustande gekommen." Diesmal versuchte sie es erst gar nicht. Zugleich verkündete sie am Wochenende, die FDP müsse ihr Profil bei den Bürgerrechten schärfen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!