piwik no script img

Batterieindustrie in der EUSterbehilfe für die Autobranche

Susanne Schwarz
Kommentar von Susanne Schwarz

Um fit für das Elektrozeitalter zu werden, muss sich die Autobranche Know-how für die Batterieherstellung aneignen. Das passiert in der EU zu wenig.

Eine der viel zu wenigen Ladestationen für E-Autos Foto: Elmar Gubisch/IMAGO

D ie Rettung der Autoindustrie ist in Europa in aller Munde: So viel Tradition gibt’s da, so viele Arbeitsplätze hängen dran, so wichtig ist das für die Volkswirtschaften – besonders natürlich im Autoland Deutschland. Die Angst ist groß vor der chinesischen Konkurrenz und auch begründet. Schließlich bringen BYD, Nio, MG und Aiways längst E-Autos auf den Markt, die so günstig sind, dass sie für viele Ver­brau­che­r*in­nen tatsächlich infrage kommen. Der billige E-Volkswagen lässt hingegen weiter auf sich warten, soll erst 2027 kommen.

Und offenbar setzt das Unternehmen VW auch nicht sonderlich darauf, das Wissen für eine effiziente Batterieherstellung zu sich zu holen: Zwar kooperiert der größte deutsche Autobauer mit dem chinesischen Hightech-Konzern Gotion, an dem es mehr als ein Viertel der Anteile hält. Seit Herbst 2023 läuft die gemeinsame Produktion von Batterien in Göttingen. Nur gibt es kaum Wissenstransfer zwischen den Unternehmen, zeigt eine Untersuchung der Brüsseler NGO Transport & Environment.

Die Zusammenarbeit bringt also kurzfristig Lithium-Eisenphosphat-Batterien, gut so. Aber sie hilft kaum dabei, die deutsche Autoindustrie auch im Elektro-Zeitalter auf eigene Beine zu stellen. Sie ist damit der Studie nach immerhin nicht allein: Chinesisch-europäische Kooperationen in anderen Ländern wie Spanien sehen ähnlich aus. Viele europäische Autokonzerne wehren sich seit Jahrzehnten mit Händen und Füßen dagegen, sich eine Zukunft aufzubauen.

Dass die Klimakrise den Verbrenner eher früher als später zum Auslaufmodell macht, ist schließlich schon lange offensichtlich, der klimaschädliche Effekt des Verbrennens von Benzin und Diesel hinlänglich bekannt. In dieser Lage will etwa die konservative EVP, die größte Fraktion im Europaparlament, der auch die deutsche Union angehört, das 2023 endlich vereinbarte Verbrenner-Aus zurücknehmen. Ein unwürdiges Hin-und-Her, eine Gefahr für den Planeten – und eher eine Sterbehilfe für die Branche als die Stabilität, die ihr langfristig helfen würde.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Susanne Schwarz
Leiterin wirtschaft+umwelt
Jahrgang 1991, leitet das Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.
Mehr zum Thema

18 Kommentare

 / 
  • Wenn man sich mal die CO2 Emmissionen weltweit anschaut kann man feststellen, das rund 75% aller Länder teilweise eine deutliche Steigerung der Emmissionen zu verzeichnen haben. Deutschland hat bisher eine ca. 40 prozentige Reduktion geschafft. Der kleine Nebeneffekt dabei ist eine zunehmende Deindustralisierung und immer höhere CO2-Abgaben. Man sollte sich vielleicht langsam mal fragen, ob der deutsche Weg sinnvoll ist, wenn 75% der Länder sich einen Dreck darum kümmern. Unsere produzierende Wirtschaft ist der Motor dieses Landes. Langsam kommen wir in einen Bereich wo deutsche Erzeugnisse nicht mehr konkurrenzfähig beim Preis sind. Da stellt sich die Frage - was macht Deutschland dann?

  • Entwicklung von Batterien und Patentsicherung sollte in Europa und Deutschland vorangetrieben werden. Die Produktion muß allerdings in geeigneten Ländern erfolgen. Da bei der Batterieproduktion viel Strom benötigt wird, muß der Strommix entscheidend sein.

    In den letzen Monaten kam regelmäßig in Deutschland über 50 Prozent des täglich erzeugten Stroms aus Kohle- und Gaskraftwerken. Es wurden sogar mehrfach 70 Prozent überschritten. Kohlekraftwerke können noch durch Gaskraftwerke ersetzt werden. CCS ist nicht vorgesehen oder soll nicht wirtschaftlich sein. Damit sind die Möglichkeiten CO2 einzusparen begrenzt.

    Es war z.B. geplant, daß Northvolt überwiegend mit Windstrom Batterien erzeugt. Das war eine Milchmädchenrechung, denn dieser Strom würde dann anderer Stelle nicht zur Verfügung stehen und dort den fossilen Anteil erhöhen.

    In anderen Ländern - auch in Europa - liegen die Anteile fossiler Stromquellen deutlich niedriger als in Deutschland. Zumindest Deutschland muß aus Umweltschutzgründen Batterien importieren. Wichtig ist nur, daß es weltweit mehrere Lieferanten gibt.

  • Zum Bildtitel "Eine der viel zu wenigen Ladestationen...":



    Das stimmt so pauschal schon lange nicht mehr. Da, wo ich wohne hat fast jeder Supermarkt und jede zweite Tankstelle mehrere Schnelllader. Und diese sind meist frei.

  • Wertschöpfung für Wohlstand findet statt, wenn man Produkte hat, die sonst keiner hat und daher für diese Produkte gutes Geld bezahlt wird. Für diese Produkte benötigt man die Patente. Wie Hans Dampf bereits geschrieben hat, hat sich das bezüglich der Lithium-Zellen weitgehend für Deutschland erledigt. Nun klingt an der Stelle auch Häme und Spott für die deutsche Autoindustrie durch. Dann möge sie halt absterben, wenn die Chinesen das besser können. Aber halt, wer so denkt, der denkt zu kurz. Mit einer sterbenden dt. Autoindustrie schwindet spürbar der Wohlstand in Deutschland und dann ist es beim Wähler ruckzuck vorbei mit dem Bemühen um CO2-Neutralität. Wer CO2-Neutralität will, muss wirtschaftlich erfolgreich sein! Das wird leider häufig übersehen, nicht zuletzt bei der gegenwärtigen Bundesregierung. Das ist nicht nur Schade, sondern einfach zum wütend werden.

  • Ja, stimmt natürlich, aber ich finde das Problem geht noch weiter. Fest verbaute Batterien bedeuten, dass beim Versagen der Batterienach einer gewissen Zeit, das komplette Auto nicht mehr zu gebrauchen ist. So wäre man gezwungen alle paar Jahre ein neues Auto zu kaufen. Für die Industrie ein lohnendes Geschäft. Für die Verbraucher eigentlich Abzocke und wir die Umwelt eine überflüssige Verschwendung von Ressourcen.

    • @shitstormcowboy:

      Deswegen vermisse ich eine simple Regelung durch die EU, dass solche Batterien zB innerhalb von 3-4 Stunden Arbeitszeit tauschbar sein müssen - Stichwort "Wartbarkeit". Bei popeligen Leuchtmitteln für Scheinwerfer gibt es ebenfalls eine solche Regelung. Ein Auto kann dann durchaus mehrere Batterielebenszyklen genutzt werden. Auch eine Standardisierung der Bauformen der Batterien kann sinnvoll sein. Soll mir keiner erzählen, das wäre technisch nicht möglich. Früher oder später wird und muss das kommen. Ist industriepolitisch natürlich ein äußerst heißes Eisen.

      • @Nachtsonne:

        Man tauscht Zellen. In Berlin hat nun ùbrigens die Spezialwerkstatt für eAutos eröffnet. Markengebubnen gibt's noch 2 oder 3. Ist nötig, weil bei dt. Werkstätten wenig zu erwarten ist, man ruht sich weiter aus und irgendwer wird das alles ganz bestimmt stoppen, Deindustrialisierung und so.

        • @Momo33:

          Eine gute Nachricht. Klar, einzelne Zellen tauschen kann man immer, wenn man bereit ist, den Aufwand zu bezahlen. Es geht mir darum, das Tauschen schon vom technischen Design des Fahrzeugs her kostengünstig zu ermöglichen. Das muss frühzeitig in der Entwurfsphase eines Fahrzeug berücksichtigt werden. Der Kaufpreis kann sich dadurch leicht erhöhen, die Lebenswegkosten sinken dann aber deutlich. Wir benötigen hier schnelles Wechseln und die Möglichkeit komplette Batterien von konkurrierenden Drittanbietern einbauen zu können.

    • @shitstormcowboy:

      Nein.

  • Der Lithium-Zug ist abgefahren



    1) Weil Asien derart viele Patente hat, dass aktuell nur Batterien unter Patentlizenz gebaut werden könnten.



    2) Weil wir wegen fehlender Rohstoffe und Lohnstückkosten gar nicht preislich mithalten können, die Autos würde noch teurer.



    3) Weil Umweltauflagen es enorm verteuern. Ich sage nicht, dass sie falsch sind, aber sie verteuern unsere Produkte erheblich.



    4) Extremer Spezialisten- und Facharbeitermangel. Wir fördern keine Hochbegabten, wir lassen sie in unseren Schulen verkümmern. Irgendwie hat Deutschland ein Problem im Umgang mit Spitzenkräften, die gehen lieber gleich ins Ausland. Hat wohl was mit sozialem Neid zu tun.



    Alleine diese 4 Punkte zeigen, dass Batterieproduktion in Deutschland zu noch teureren E-Autos führen würden. Und wo sich keine Produktion rechnet, wird man keinen teuren Skill aufbauen.



    Wo jedoch eine Chance besteht: Die nächste Generation der Feststoff-Akkus entwickeln und patentieren, damit man in 5-10 Jahren wieder die Nase vorn hat.



    Der Lithium-Zug ist abgefahren.

    • @Hans Dampf:

      Das wäre doch der ideale Zeitpunkt, den ÖPNV auszubauen, sowie Radwege, anstatt E-Bikes und E-Autos für jede Kartoffel.

      • @Troll Eulenspiegel:

        Öffis yay. Bitte auch die Bürgersteige überall so breit machen, dass die Einkaufstasche nicht in die Fahrbahn ragt.

      • @Troll Eulenspiegel:

        Dann versuchen Sie mal, den ÖPNV auszubauen. Optimistisch geplant, sind das mindestens 10 Jahre Vorlaufzeit, eher noch länger, für einige Kilometer (Straßen-)Bahn. Und bei dem derzeitigen Fachkräftemangel haben Sie dann eine Strecke, Fahrzeuge aber zu wenig Lokführer oder Personal für Stellwerke, Werkstatt etc. Allein bei der Bahn AG fehlen doch momentan schon 400 Fahrdienstleiter, was auch etwa so vielen nicht besetzten Stellwerken entspricht. Und ohne Fahrdienstleiter fährt kein Zug. Ist nun mal so.



        Ihren letzten Satz kann man in die Tonne kloppen. Wollen Sie wirklich den Leuten vorschreiben, wie diese sich zu bewegen haben?

      • @Troll Eulenspiegel:

        Ein fast leerer Bus (auf dem Land ziemlich oft) ist 100x schlimmer als jedes e-Auto.

    • @Hans Dampf:

      Es gibt noch weitere Chancen. Batterien aus Natrium, Calcium und Aluminium. stecken alle noch in den Kinderschuhen.

      • @Jörg Schubert:

        Auch bei anderen Batterietypen haben die Asiaten und die USA schon viele grundlegende Patente veröffentlicht, so dass die Europäer ganz weit hintenliegen.

        Die EU fördert sehr immens die Batterieforschung, aber wir liegen ganz weit zurück. Jetzt macht sich die schlechte Bildungspolitik in der EU immer mehr bemerkbar. Ich bin selber Chemiker (älteren Semesters) und habe gelegentlich Einsicht in Batterieprojekte, das Niveau immer mehr ab. Zuletzt hatte ein Postdoc aus Bangladesh hiesigen Teilnehmern eines Projektes Grundlagen der Elektrochemie erklären müssen - und das ist kein Einzelfall. Vielen Leuten ist nicht bewußt, wie sehr wir mittlerweile in der Forschung zurückliegen.

        • @Helium60:

          "Vielen Leuten ist nicht bewußt, wie sehr wir mittlerweile in der Forschung zurückliegen."



          Leider auch in der Bildung. Es ist eben die Schattenseite einer Gesamtschule, dass die schlausten darin verkümmern, aber es ist von rot/grün wohl so gewollt.

      • @Jörg Schubert:

        Stimmt, Danke. So meinte ich es auch.