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Superreiche fliegen CO2-intensiver„Wie iPhone-Manie mit Privatjets“

Die Nachfrage nach Jets steigt. Superreiche wie Bill Gates verursachen mit einem Flug bis zu 40-mal so viel CO2 wie ein Reisender beim Linienflug.

Ein Privatjet mit US-Rapper A$AP Rocky an Bord verlässt den Flughafen Arlanda in Richtung der USA Foto: Fredrik Persson/dpa

Berlin taz | Etwa 7.600 neue Privatjets werden im nächsten Jahrzehnt gekauft. Das schreibt das Luftfahrt-Unternehmen Honeywell Aerospace in einem aktuellen Bericht. Vor allem internationale Unternehmen und Superreiche interessieren sich für eigene Flugzeuge, um sie für geschäftliche oder private Reisen zu nutzen. Damit tragen sie überproportional zum CO2-Ausstoß bei: Denn sie verursachen laut Bericht pro Passagier:in ungefähr 40-mal so viel Kohlendioxid wie bei einem kommerziellen Linienflug. Andere Expert:innen gehen davon aus, dass sich die Zahl dem Zehnfachen nähert.

Allen Klimadebatten zum Trotz ist dabei ein Aufwärtstrend zu beobachten: 2019 fliegen voraussichtlich 690 neue Business-Jets. Neun Prozent mehr als im Vorjahr. Und die Nachfrage soll weiter steigen. Kosten der 7.600 neuen Jets: circa 224 Milliarden Euro.

Zur Zeit sind etwa mehr als 4.600 Privatjets im Einsatz. Ein Fünftel der Jets werden von Prominenten und anderen Reichen bestellt. Aber auch Unternehmen kaufen Jets, damit Führungskräfte sie nutzen.

„Es liegt an der Einführung vieler neuer Flugzeugmodelle mit neuen, geradlinigen Designs, die die Nachfrage steigen lassen“, sagt Gaetan Handfield, Autor des Berichts. „Die Leute möchten die neusten und besten Jets haben.“ Käufer:innen seien vor allem begeistert von der größeren Reichweite, die die aktuellen Modelle haben. Man könne so ohne Unterbrechung von New York bis nach Peking fliegen.

Vier bis fünf Kabinen – wie eine Wohnung in der Luft

Die Inneneinrichtung sei luxuriös: „Sie haben große Kabinen mit vier bis fünf Zonen. Sie haben ein Schlafzimmer, einen Ort, an dem sich die Besatzung ausruhen kann, eine Arbeitskabine, eine zum Essen sowie einen Platz für Unterhaltung“, sagt Handfield.

Der Luftfahrtanalyst Brian Foley sagt: „Die Nachfrage nach Jets wird von Leuten befördert, die immer das neuste und beste Modell haben wollen. Es ist wie die iPhone-Manie, nur für Jets.“ Die Superreichen hätten einen Anteil von 15 bis 25 Prozent am Markt der Privatjets. Ein Viertel werde von Timesharing-Diensten gekauft. NetJets etwa funktioniert wie Carsharing für Privatjets plus ein Angebot fürs Leasing.

Laut Bericht werden 19 Prozent der Jets in Europa gekauft. Etwa zwei Drittel entfalle auf die USA und China. In Schweden allerdings, so Foley, sei der Greta Thunberg-Effekt zu spüren: „Insbesondere in Schweden ist der Flugreisemarkt aufgrund von Greta um etwa fünf Prozent zurückgegangen“, sagt er. „Von dort ist es nach Europa gezogen. Aber bis nach Nordamerika und Asien kommt die Klimakrise nicht. Oder die Menschen sind nicht so laut und ergreifen keine Maßnahmen.“

„Den meisten Prominenten ist die Klimakrise egal“

Vielflieger Bill Gates zeigt sich mit Tuntiak Katan, der die indigenen Völker in New York vertritt Foto: Jason Decrow/dpa

Untersuchungen aus Schweden zeigen, dass viele Prominente, die sich für Klimaschutz einsetzen, zu einer Gruppe von „Superemittent:innen“ gehören, die Privatjets besonders oft nutzen. Bill Gates flog im Jahr 2017 einer Studie von Wissenschaftler:innen der Universität Lund zufolge 59-mal – insgesamt über 200.000 Meilen. Geschätzt sorge das für etwa 1.600 Tonnen Kohlendioxid. Gates nennt das Fliegen im Jet seine „guilty pleasure“.

Andere Prominente, die laut der schwedischen Untersuchung als „Superemittent:innen“ gelten, sind Paris Hilton, Jennifer Lopez und Oprah Winfrey. Für ihre Daten haben die Forscher:innen Berichte in klassischen Medien und Beiträge auf Social Media durchsucht.

Einer der Forscher, Stefan Gossling, sagt: „Ich wollte herausfinden, welche Personen am meisten Kohlendioxid produzieren. Wir reden immer über Länder, die versuchen, Emissionen zu reduzieren.“ Dabei gebe es große Unterschiede zwischen den Menschen eines Landes. „Ich denke, den meisten Prominenten ist die Klimakrise egal oder wenn sie sich interessieren, kümmern sie sich nicht genug, um es zu ändern.“

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13 Kommentare

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  • Ja, richtig, es ist ein Unding daß Superreiche durch den maßlosen Konsum die Erde mit den Füßen treten und rumheucheln, wenn sie sich Sorgen um Klima, Umwelt und Soziales machen.



    Die Versuchung liegt nahe mit dem moralischen Zeigefiger auf sie zu zeigen, sie schuldig zu erklären.



    Doch machen es die meisten Konsumenten in reichen Ländern wie Deutschland es nicht genauso, einkommensbezogen auf sicher niedrigerem Niveau.



    Mit der Urlaubsfliegerei in der stinknormalen Standartklasse in ferne Länder pustet der Ottonormalbürger pro Hin- und Rückflug innereuropäisch bis 3 to, nach Übersee bis zu 10 to CO2 in die Luft ( pro Flug ! )



    Da kommen beim Ottonormalflieger im Jahr schnell 10-30 to Co2 Gesamtjahresausstoß CO2 zusammen. 2 to Gesamt(!!!) jahresausstoß ( Gesamtkonsum ) ist klimaneutral !!!!!



    Trotz berechtigter Schelte über die Superreichen ist es doch auch durchaus ratsam das eigene Konsumverhalten zu beleuchten.



    Und nicht zu vergessen sind die Klimakiller Autofahren, Fleisch- und Kuhbabymilchkonsum, Billigklamotten usw. Sind wir da moralisch den Superreichen voraus ?

    • @Traverso:

      Wer hat denn hier irgendwo geleugnet, dass das eigene Verhalten nicht hinterfragt werden muss? Ich find da nix. Unbestritten ist, dass wir Vorbilder brauchen. Wenn die Reichen nicht vorangehen sollen, wenn schlagen sie vor. Den HartzIV -Empfänger? Die Billigklamotten wären keine Billigklamotten wenn die Reichen nicht soviel für sich einstreichen würden. Schon mal drüben nachgedacht? Dann könnte der Hartz-IV -Empfänger sich auch teurere Klamotten leisten. So wird ein Schuh draus.

      • @APO Pluto:

        Ach ja, Sie glauben also, daß erst mal die Reichen vorangehen sollen als Vorbild.



        Dann warten Sie auf den Sankt Nimmerleinstag.



        Unter den Reichen gibt es tatsächlich auch Vorbilder. Die sind nicht alle schlecht. Und was nutzt es ?



        Selber Vorbild sein ist dagegen einfacher und gut für den Charakter.



        Bei sich selber anfangen geht von heute auf morgen. Wenn man will und seine Bequemlichkeit ablegt.



        Und kommen Sie mir jetzt nicht mit der HartzIV- Enpfänger- Totschlagkeule.



        Billigklamotten, Billigessen, Urlaubsbilligfliegerei, usw. werden vorwiegend von Wohlhabenden konsumiert. Schauen Sie sich mal den Fuhrpark vor Aldi und anderen Billigdiscountern an. Der SUV- Fahrer ist garantiert kein HartzIV- Empfänger.



        Und warum streiten Sie ab daß HartzIV - Empfänger nicht umweltschonend konsumieren können? Das ist auch eine Art von Diffamierung.

        • @Traverso:

          Sie sind ja ein Meister darin, einem das Wort im Munde zu drehen. Lesen sie bitte nochmal was ich geschrieben habe und versuchen sie es mit einer neuen Antwort.



          Ich habe nichts geschrieben worauf ihre Antwort auch nur annähernd passt.

          • @APO Pluto:

            Nu denn, bin es gewöhnt angegriffen zu werden wenn man den Konsumenten in seiner Verantwortung anspricht.



            Ist eben unangenehm.



            Politiker-, Wirtschafts- und hier Prominentenschelte ist angenehmer und populär.



            Sie haben mich doch gefragt wer Vorbild sein soll. Meine Antwort ist der Konsument. Warum passt die Antwort Ihnen nicht ?

            • @Traverso:

              Weil der Konsument in der Gesamtheit kein Vorbild sein kann.



              Ich bleibe dabei, dass wir kein Umdenken in Sachen Klima- und Umweltschutz hinbekommen, wenn die, die als Personen 100- oder 1000fach mehr die Umwelt belasten als Otto Normalverbraucher, sich nicht bescheiden und den anderen ein Zeichen geben, dass sie bereit sind sich sehr stark einzuschränken. Und damit sind sie wegen ihrer Bekanntheit Vorbild für mehr Menschen als es ein HartzIV- Empfänger je sein kann. Die Wirkung ist ungleich größer.



              Zudem sollte die Frage nicht uninteressant sein, warum der eine die Umwelt unverhältnismäßig mehr verschmutzen und mehr Ressourcen verbrauchen darf als der andere. Gibt es darauf ein Recht wenn der Planet vor dem Kollaps steht?

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Kann man von J-Lo erwarten, dass sie sich in einen First-Class-Sitz quetscht, dem Blick der normalen Menschen ausgesetzt?

    Eben.

    Keiner jedoch kann John Travolta toppen:

    www.welt.de/icon/u...a-Florida-USA.html

    Die Boeing 707 direkt vor der Haustür.

  • Die dürfen das! Was sollen die denn sonst mit ihrem vielen Geld machen? Den Armen geben?



    Ich hab auch noch nichts darüber gehört, dass irgendeine unserer linken Parteien auf die Idee gekommen wäre, die Klimakrise zum Anlass zu nehmen, eine Beschränkung privaten Einkommens und Vermögens auf die Tagesordnung zu setzen, um mal Nägel mit Köpfen zu machen. So eine Chance kommt die nächsten 500 Jahre nicht mehr. Das sind alles Weicheier, Warmduscher und Milchbrötchen.

  • Überraschung: Superreiche schlecht fürs Klima!

    Jetzt fehlt noch ein Meinungsartikel darüber, dass es keine Schande sei, superreich zu sein. Des Ausgleichs wegen.

  • Kleiner Tipp für Kaufinteressenten, den zukünftigen Privatjet über die Isle of Man einführen, spart nahezu die gesamte Mehrwertsteuer. Von Lewis Hamilton lernen, heißt sprichwörtlich siegen lernen!



    Man muss seinen Erfolg ja nicht immer mit dem Pöbel teilen, gell?

  • Zitat aus dem Munde eines sehr reichen Bekannten (gut geheiratet): "Das schaffen wir sowieso nicht." Privatjet und Kinder vorhanden. Wo die überleben sollen ist nicht klar. Man fährt Panamera.

  • Ab einer gewissen Toleranzschwelle koennte ich einer progressiven Ressourcen- Verbrauchsbestuerung eigenlich mehr abgewinnen als einer hoch progressiven Einkommensteuer.



    Oder man faengt damit an, Klimaneutralitaet als erstes eben bei diesen Privatjets sowie bei ebenfalls besonders leicht zu ersetzenden Fluegen (z.B. innerdeutsch) einzufordern.

  • Der Faktor zehn gegenueber normalen Fluegen mag bei voll besetzten relativ kleinen Privatjets passen, wenn man auch die Mitreisenden in der "Holzklasse" fuer die Durchschnittsbildung mitzaehlt (Assistenten, Security usw).



    Im uebrigen hat man auch bei Linirnfluegen einen annaehernd zum Flugpreis proportionalen Fussabdruck. Wer Business oder First fliegt, braucht ja nicht nur mehr Platz, sondern traegt ueberproportional zur Finanzierung der Flugzeuge und der Fluege bei.