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Sturmopfer und Hilfe in den USADie Ungleichheit vor dem Sturm

Texas und Florida erhielten bei den Hurrikans umgehend Unterstützung und Zuspruch. Das Außengebiet Puerto Rico nicht.

Zwei Monate nach „Maria“ hat ein Fünftel der Bewohner Puerto Ricos immer noch kein fließendes Wasser Foto: reuters

„Hurricane Party“, stand auf der Einladung. Prosecco und Häppchen sollte es geben bei den Feier­lichkeiten in Washington. Dazu freie Sicht aus dem 7. Stock auf die zu erwartenden Zerstörungen am Boden durch „Irene“. 2011 war das. Ich räumte, wie es die Hausverwaltung bei Stürmen verlangt, meinen eigenen Balkon leer und ging zu dem frivolen Abend.

Schon bei „Irene“ gab es eigentlich nichts zu feiern, und bei den großen Hurrikans in diesem Spätsommer im Süden der USA ebenso wenig. „Harvey“ im August in Texas, „Irma“ Anfang September in Florida und „Maria“ Mitte September in Puerto Rico richteten Sturmschäden an, wie die USA sie lange nicht erlebt hatten. Houston, viertgrößte Stadt des Landes, stand tagelang unter Wasser, zigtausende Bewohner mussten ihre Wohnungen verlassen, später schwappten Giftstoffe aus petrochemischen Anlagen in den Golf. In Florida verließen fast alle Bewohner die Inseln, auf dem Festland verrammelten Millionen ihre Häuser und in einem Altersheim, in dem die Klimaanlage versagte, starben Menschen.

Doch nichts war annähernd vergleichbar mit Puerto Rico, wo die komplette Infrastruktur zerstört wurde. Die 3,4 Millionen Einwohner hatten nach „Maria“ keinen Strom, kein Trinkwasser kein Telefon mehr. Fast Krankenhäuser und Schulen waren so beschädigt, dass sie schließen mussten.

In Texas und Florida waren der Katastrophenschutz Fema, das Militär, die Einwanderungspolizei, die Drogenfahndung und andere uniformierte Helfer schon vor Ort, bevor die Stürme anfingen. Sie evakuierten Menschen, brachten dann Hauskatzen und Kanarienvögel in Sicherheit und begannen mit der Wiederherstellung der Infrastruktur. Auch Donald Trump beeilte sich, an die Katastrophenorte zu kommen. In Texas flog er zwei Tage nach dem Sturm zu einem ersten Besuch ein, in Florida vier Tage danach. Vor Ort versicherte er den Opfern, sie würden gestärkt aus den Stürmen hervorgehen. „Wir sind bei euch – heute, morgen und jeden einzelnen Tag danach“, schrieb er per Tweet nach Texas und Florida – zwei Bundesstaaten, wo er ein Jahr zuvor die Mehrheit der Stimmen bekommen hatte.

Ohne Strom und Wasser

Bis Trump nach Puerto Rico reis­te, vergingen geschlagene drei Wochen. In einer Ausgabestelle von Hilfsgütern warf er Rollen von weißem Haushaltspapier in eine Menschenmenge hinein. Eine Woche später teilte er den Puertorikanern auf Twitter mit, der Katastrophenschutz und das Militär könnten ihnen nicht ewig helfen. Er beleidigte Inselpoliti­ker wie die Bürger­meisterin von San Juan: Sie sei „führungsschwach“ und nicht en­gagiert ge­nug.

In Puerto Rico hat die Hälfte der Insulaner zwei Monate nach „Maria“ immer noch keinen Strom und ein Fünftel hat immer noch kein fließendes Wasser. Seit dem Sturm haben 140.000 Menschen die Insel in Richtung Festland verlassen. Vermutlich werden ihnen bis zu 300.000 weitere Inselflüchtlinge folgen. Um sich selbst Mut zu machen, haben die Zurückbleibenden den Hashtag #YoNoMeQuito (etwa: „Ich gehe nicht weg“) kreiert.

Puerto Rico bei Nacht vor (links) und nach dem Sturm (rechts) Foto: NASA/reuters

Puerto Rico ist zwar Teil der USA, aber kein Bundesstaat, sondern nur ein Territorium mit eingeschränkten Rechten, dessen Bewohner bei nationalen Wahlen nicht mitstimmen dürfen. Schon vor „Maria“ steckte Puer­to Rico tief im Schlamassel. 44 Prozent der Insulaner lebten unterhalb der Armutsgrenze, ihre Infrastruktur war völlig veraltet und ihr Schuldenberg von 73 Milliarden Dollar so gigantisch, dass Puer­to Rico im vergangenen Jahr Konkurs anmelden musste. Es war die größte Pleite eines Gemeinwesens in den USA. Der Kongress setzte Konkursverwalter ein, die heute die Mächtigen auf der Insel sind. Sie entscheiden über Reparaturarbeiten – nicht die Inselgouverneure.

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Texas und Florida haben nach ihren Hurrikans Hilfe von Elektrizitätswerken anderer Bundesstaaten erhalten. Das Elek­tri­zi­täts­monopol von Puerto Rico, Pre­pa, kam hingegen mit einem winzigen Start-up in der Heimatstadt von US-Innenminister Ryan Zinke in Montana ins Geschäft. Für den maßlos überhöhten Preis von 300 Millionen Dollar sollte „Whitefish“ das zerstörte Elektrizitätsnetz reparieren. Inzwischen hat der Gouverneur von Puerto Rico das windige Geschäft zwar gecancelt, aber die Konkursverwalter hoffen weiterhin darauf, dass Hurrikan „Maria“ auch die Widerstände gegen die Privatisierung der Insel gebrochen hat. Ihr Vorbild ist New Orleans, wo nach „Katrina“ selbst die Mehrheit der Schulen privatisiert worden ist.

Eine Gleichheit vor dem Sturm hat es auch während der „Hurricane Party“ in Washington nicht gegeben. Während wir unbehelligt von dem Sturm in einem Wohnblock mit unterirdisch verlegten Elektroleitungen feierten, ging um uns herum in der Stadt das Licht aus. Tausende Haushalte blieben tagelang im Dunkeln. Einstürzende Bäume, starke Windböen und der Regen hatten die oberirdischen Stromleitungen zu Fall gebracht.

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3 Kommentare

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  • 4G
    41069 (Profil gelöscht)

    Kolonien wurden immer ausgebeutet und schlecht behandelt, ob Kuba oder Puerto Rico. Jetzt haben die USA nur noch eine.

  • So geht man eben mit Kolonien um. Hauptsache die Militärbasis funktioniert noch.

  • yo no me quito heißt soviel wie "ich verpisse mich nicht (in die USA)".

     

    Scheint mir eher ein frommer Wunsch zu sein, denn es macht eigentlich keinen Sinn dazubleiben. Der Flug nach Miami kostet nur ein paar Dollar und Jobs gibt es auf der Insel auch nicht.